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Fragen und Antworten - mediale Berichterstattung - neue Untersuchung und weiteres Vorgehen:Informationen zum aktuellen Stand der Unabhängigen Untersuchung

Datum:
4. Nov. 2020
Von:
(pek201104)
Fragen und Antworten - mediale Berichterstattung - neue Untersuchung und weiteres Vorgehen

Köln. Am Freitag, den 30.10.2020 hat sich das Erzbistum Köln in einer gemein­samen Erklärung mit dem Betroffenen­beirat zum Fortgang der unab­hängigen Unter­suchung geäußert:

“Das Erzbistum Köln wird den Bericht der unab­hängigen Unter­suchung zum Umgang mit sexuali­sierter Gewalt bis zum 18. März 2021 fertig­stellen lassen und veröffent­lichen. Eine voll­ständige Neu­fassung der Unter­suchung verant­wortet ab sofort der Kölner Straf­rechts­experte Prof. Dr. Björn Gercke. Die Zusammen­arbeit mit der Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl wird beendet. Das Gutachten der Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl wird nicht veröffentlicht.”  Gemeinsame Erklärung, 30.10.2020

Wie erwartet war die mediale Resonanz daraufhin groß. Daher standen im Nachgang am Montag, den 02.11.2020 Prof. Dr. Matthias Jahn und Prof. Dr. Björn Gercke in einer Video­kon­ferenz den Nach­fragen der Journa­list­innen und Journalisten in einem Experten­gespräch zur Verfügung.

In den vergangenen Tagen erreichte das Erzbistum Köln eine Viel­zahl an Anfragen zur Begrün­dung dieser gemein­samen Entschei­dung und des weiteren Vorgehens. Die Fragen­kataloge und resul­tierenden Artikel waren dabei von unter­schied­lichen Auf­fassungen geprägt. Das Erz­bistum Köln möchte mithilfe einer Auf­stellung der häufigsten Fragen für eine trans­parente Erklärung des aktuellen Stands und des Fort­gangs der unab­hängigen Unter­suchung sorgen. Diese Fragen und Antworten werden nach jeweils vor­liegenden Infor­mationen laufend aktualisiert.

Diese Aufbereitung der Presse­anfragen und Ant­worten soll die komplexen Vorgänge und Geschehnisse der letzten Tage für alle Interessierten nachvoll­ziehbar machen.

Einsichtnahme in Gutachten der Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl

Es besteht die Möglichkeit, vor Ort das Kölner Gutachten der Münchener Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl einzusehen. Jede und jeder Interessierte kann sich für eine Einsicht anmelden.

Bitte wenden Sie sich hierzu an die Stabsstelle Aufarbeitung (Fr. Seidel) unter 0221 1642 1680 oder per E-Mail an aufarbeitung@erzbistum-koeln.de.

> Informationen, warum das Gutachten nicht als Download zur Verfügung steht

FAQ "Unabhängige Untersuchung"

Stand: 14. Januar 2022

Beauftragung von Westpfahl Spilker Wastl

Nach eigener Angabe bilden die Bereiche Compliance und interne Ermittlungen einen Schwerpunkt der Tätigkeiten der Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl. Zudem haben Westpfahl pp. in den vergangenen Jahren wiederholt Untersuchungen zu den systemischen Ursachen für Missbrauchstaten sowie im Hinblick auf Mängel des kirchlichen Finanzwesens und der Vermögensverwaltung durchgeführt.

Eine wissenschaftliche Studie stand zur Diskussion. Mit der Veröffentlichung der MHG-Studie gab es im Herbst 2018 eine wissenschaftliche Studie, die erstmals systematisch Fälle von sexualisierter Gewalt in der katholischen Kirche untersucht hat.

Das Erzbistum hat sich jedoch bewusst für ein rechtliches Gutachten entschieden, auf dessen Grundlage individuelle und systemische Konsequenzen im Sinne einer rechtssicheren Aufklärung gezogen werden können. Dies wäre mit einer rein wissenschaftlichen Studie so nicht möglich gewesen.

Die Klärung zum Mandatsvertrag und Untersuchungsauftrag wurde in gemeinsamer Beratung zwischen dem Generalvikar, der Stabsstelle Intervention und dem Justiziariat vorgenommen. Kardinal Woelki kennt den Wortlaut des Vertrags und hat dem Auftrag zugestimmt.

Ja. In Ziffer 2 der Anlage 1 zum Mandatsvertrag vom 13. Dezember 2018 ist die Vorgehensweise eindeutig geregelt.  Die Gutachter werden „sich im Hinblick auf die ihnen obliegende Pflicht zur Berufsverschwiegenheit ausschließlich wenn und soweit diese von der Mandantin [EBK] gewünscht wird, an der Vorstellung der (wesentlichen) Ergebnisse der Untersuchung in der Öffentlichkeit sowie gegebenenfalls gegenüber diözesanen oder überdiözesanen Gremien beteiligen.“ Außerdem entspricht dies der berufsrechtlichen Verpflichtung von Rechtsanwälten.

Ja.

Inhalt des Gutachtens von Westpfahl Spilker Wastl

Das Erzbistum möchte vor allem die Verantwortlichkeiten noch lebender für das Erzbistum Köln und seine Untergliederungen tätigen Personen klären.

Das Erzbistum Köln hat es ausdrücklich abgelehnt, das Gutachten in vollständiger Form oder in Teilen zur Verfügung gestellt zu bekommen. Keinem Verantwortlichen des Erzbistums Köln ist der Inhalt des Gutachtens bekannt. Außerhalb des Erzbistums hatten im Zuge der Überprüfung neben Herr Prof. Dr. Dr. h.c. Streng, Herr Prof. Dr. Jahn und des Anwaltsteams von Prof. Dr. Gercke ausschließlich die äußerungsrechtlich beauftragten Rechtsanwälte Zugang zu dem Gutachten, die sich alle zuvor der Verschwiegenheitsverpflichtung gegenüber dem Erzbistum Köln unterworfen hatten.

In Ziffer 1 der Anlage 1 zum Mandatsvertrag vom 13. Dezember 2018 ist der Untersuchungsauftrag eindeutig geregelt: „Die Gutachter sollen Fälle eines möglichen sexuellen Missbrauchs im Sinne der einschlägigen Leitlinien der Deutschen Bischofskonferenz durch Kleriker oder sonstige pastorale Mitarbeitende, die im Dienst der Mandantin stehen oder in deren Auftrag tätig waren bzw. sind, die 

  • aufgrund von Meldungen beim Missbrauchsbeauftragten und/oder
  • im Rahmen der Auswertung von Personal- und sonstigen Akten vor allem im Rahmen der sogenannten MHG-Studie und/oder
  • im Rahmen der Überprüfung einer nach fachlichen Standards festgelegten, relevanten Stichprobe aus dem Bestand der Personalakten des untersuchungsgegenständlichen Personenkreises identifiziert wurden, dahingehend evaluieren, ob die Vorgehensweise der damaligen Diözesanverantwortlichen im Einklang mit den insoweit bestehenden Vorgaben des kirchlichen und des staatlichen Rechts und/oder dem kirchlichen Selbstverständnis stand, bzw. steht;
  • insoweit etwa bestehende Defizite/Rechtsverstöße und die hierfür Verantwortlichen möglichst konkret benennen;
  • basierend auf einer dahingehenden Sichtung der (Personal-)Akten im Rahmen der Aktenreorganisation durch externe Fachleute (WP-Gesellschaft [Name wird hier nicht genannt]) verifizieren, ob ab 2002 alle Hinweise auf mögliche Missbrauchsfälle, die einen strafrechtlich relevanten Anfangsverdacht begründen, den staatlichen Strafverfolgungsbehörden angezeigt wurden;
  • aus ihrer Sicht bestehende Ursachen, einschließlich solcher betreffend die bestehenden Verfahrens- und materiell-rechtlichen Regelungen, für etwa bestehende Defizite/Rechtsverstöße aufzeigen;
  • die in Anbetracht etwa festgestellter Defizite/Rechtsverstöße rechtlich gebotenen Maßnahmen der derzeitigen Diözesanverantwortlichen benennen sowie
  • Vorschläge zur Beseitigung etwa festgestellter Defizite/Rechtsverstöße unterbreiten.“

Nach Ziffer 2 der Anlage zum Mandatsvertrag wird die Kanzlei einen schriftlichen Bericht zu diesem Untersuchungsgegenstand erstellen.

Herr Prof. Björn Gercke hat denselben Auftrag erhalten wie die Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl.

Veröffentlichung des Gutachtens

Ursprünglich war geplant, dass das Erzbistum etwa eine Woche vor Veröffentlichung das Gutachten erhält und Einblick nehmen kann. Auf Empfehlung der Kanzlei Westpfahl pp. hat sich das Erzbistum entschlossen, selbst erst im Moment der Veröffentlichung Einblick zu bekommen.   

Nach wie vor bleibt sichergestellt, dass weder Kardinal Woelki, noch Generalvikar Dr. Hofmann oder anderen Verantwortungsträgern des Erzbistums, der Inhalt des Berichts vorab bekannt wird.

Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki und Generalvikar Dr. Markus Hofmann haben den Fortgang der Untersuchung gemeinsam mit dem Betroffenenbeirat des Erzbistums am Donnerstag, den 29.10.20, persönlich beraten und diese Entscheidung einvernehmlich getroffen. Die juristische und wissenschaftliche Sicht wurde den Betroffenen am Donnerstag präsentiert und von den beiden Professoren Dr. Jahn und Dr. Gercke eingeordnet. 

Auf dieser Grundlage entschieden sich die Betroffenen auf der Sitzung einstimmig dafür, Kardinal Woelki zu raten, die Zusammenarbeit mit der Kanzlei Westpfahl pp. sofort zu beenden, das Gutachten nicht zu veröffentlichen und Prof. Dr. Gercke mit der grundsätzlichen Neufassung des Gutachtens zu beauftragen.

Nein. In Ziffer 2 der Anlage zum Mandatsvertrag vom 13. Dezember 2018 ist die Vorgehensweise eindeutig geregelt. Die Kanzlei, d.h. die Gutachter werden „sich im Hinblick auf die ihnen obliegende Pflicht zur Berufsverschwiegenheit ausschließlich wenn und soweit diese von der Mandantin [EBK] gewünscht wird, an der Vorstellung der (wesentlichen) Ergebnisse der Untersuchung in der Öffentlichkeit sowie gegebenenfalls gegenüber diözesanen oder überdiözesanen Gremien beteiligen.“ Außerdem wäre eine solche Veröffentlichung gegen den Willen des Auftraggebers berufsrechtlich für Rechtsanwälte unzulässig. 

Die Kanzlei Redeker pp. hat den Teil IX „Persönliche Verantwortlichkeiten“ zur Überprüfung im August 2020 erhalten, als es aus Sicht von Westpfahl pp. ausreichend nachgebessert war. Bereits mit Schreiben vom 10.09.20 und 17.09.2020 teilte die Sozietät Redeker der Sozietät Westpfahl als Zwischenergebnis der äußerungsrechtlichen Prüfung mit, dass eine Veröffentlichung des Teils IX weiterhin großen äußerungsrechtlicher Risiken unterliege. Es zeigte sich bereits zu diesem Zeitpunkt, dass eine bloße redaktionelle Nachbesserung oder Überarbeitung aufgrund von strukturellen äußerungsrechtlichen Mängeln nicht möglich sein werde. Im Oktober wurde das gesamte Gutachten der Kanzlei Redeker pp. übergeben.

Mehrere äußerungsrechtliche Kanzleien haben in unabhängigen Gutachten festgestellt, dass das WSW- Gutachten diverse äußerungsrechtliche Mängel hat und dass die Veröffentlichung des WSW- Gutachtens im Internet daher das allgemeine Persönlichkeitsrecht zahlreicher Personen verletzten würde. 

Eine Veröffentlichung im Internet ist angesichts der entstehenden „Prangerwirkung“ der namentlich Genannten daher unzulässig, egal, ob dies auf der Webseite des Erzbistums Köln oder auf der Webseite der Kanzlei WSW geschähe.

Die äußerungsrechtlichen Mängel, die die Gutachter festgestellt haben, sind beispielsweise wie folgt begründet: 

  • Personen, denen die Kanzlei WSW Versäumnisse zuschreibt sind zu den Vorwürfen teilweise nicht oder nicht ausreichend angehört worden.
  • Entlastende Aussagen der Personen sind teilweise nicht, nicht ausreichend oder verfälscht in der Begutachtung gewürdigt werden.
  • Äußerungsrechtlich ist ein Aufarbeitungsgutachten nur dann rechtmäßig und zulässig, wenn die Betroffenen zu sämtlichen Vorgängen und Vorwürfen angehört wurden und damit die Gelegenheit hatten, die Vorwürfe zu prüfen und eine entlastende Stellungnahme abzugeben. Diese entlastenden Stellungnahmen müssen auch in den Bewertungen, die das Gutachten macht, berücksichtigt werden. Werden diese Sorgfaltspflichten nach den sogenannten Grundsätzen der Verdachtsberichterstattung nicht beachtet, dann liegt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine Persönlichkeitsverletzung vor. 

Die einzige Form, in der das Erzbistum Köln das WSW-Gutachten zugänglich machen darf, ist daher die gewählte Form einer Einsichtnahme in das Gutachten als Lesefassung vor Ort mit Einschränkungen, beispielsweise dem Verbot, Fotografien zu fertigen, die dafür Sorge tragen, dass das Gutachten nicht unzulässiger Weise im Internet veröffentlicht wird. 

Damit kommt das Erzbistum Köln dem öffentlichen Informationsinteresse an den Inhalten des WSW- Gutachtens nach und hält es nicht „unter Verschluss“, wie es oft in den Mediendargestellt wird. Die Einsichtnahme ist weiterhin möglich. Für eine Terminabsprache wenden Sie sich bitte an die Stabsstelle Aufarbeitung unter der Telefonnummer 0221 1642 1680 oder per E-Mail an aufarbeitung@erzbistum-koeln.de 

(Stand: 29.12.2021)

Rolle der Kanzleien Redeker Sellner Dahs und Höcker Rechtsanwälte

Die Kanzlei Redeker pp. wurde im Februar 2020 durch das Erzbistum Köln beauftragt, die bestehenden äußerungsrechtlichen Bedenken zu prüfen. Die Kanzlei Redeker pp. führte gemeinsam mit Vertretern des Erzbistums am 19.02. und 04.03.2020 ausführliche Gespräche mit den Vertretern der Sozietät Westpfahl pp., in denen die äußerungsrechtlichen Anforderungen der öffentlichen Verdachtsäußerungen erläutert wurden. Zugleich wurden die äußerungsrechtlichen Bedenken im Hinblick auf die bisherige Vorgehensweise der Sozietät Westpfahl pp., z. B. keine ausreichende Konfrontation der Beschuldigten, geäußert, um im Versuch eines konstruktiven Dialogs eine veröffentlichungsfähige Fassung des Gutachtens sicherzustellen. Am 06.03.2020 erhielt die Sozietät Redeker pp. den ersten Entwurf des Teils IX des Gutachtens. Am 10.03.2020 teilte die Sozietät Redeker pp. anhand von mehreren Zitaten aus dem Entwurfstext mit, dass eine Veröffentlichung unzulässig sei. Dies wurde mit einem ausführlichen Schreiben von 01.04.2020 vertieft. Außerdem wurde mit einem weiteren Schreiben vom 01.04.2020 noch einmal begründet, dass die Grundsätze der Verdachtsberichterstattung auf die vorgesehene Veröffentlichung anwendbar seien und berücksichtigt werden müssten, weil die Sozietät Westpfahl pp. zuvor erneut die gegenteilige Rechtsauffassung vertreten hatte.  

Am 12.12.2019 hatte die Kanzlei Westpfahl pp. bereits versichert, dass eine Namensnennung der Verantwortlichen nach der von Ihnen gewählten Methodik rechtssicher wäre. Leider erfolgte keine ausreichende inhaltliche Reaktion durch die Münchener Kanzlei auf die Schreiben vom 10.03. und 01.04.2020.  

Die dargestellte Vorgehensweise folgte dem klaren Ziel, ein veröffentlichungsfähiges Gutachten zu erlangen, das nicht die rechtlichen Anforderungen einer zulässigen Verdachtsberichterstattung verletzt. Die äußerungsrechtliche Kritik besteht ungeachtet des Gutachtens der Professoren Jahn und Streng fort.

Die Sozietät Redeker pp. hatte ausschließlich den äußerungsrechtlichen/persönlichkeitsrechtlichen Prüfungsauftrag erhalten.

Die Kanzlei Redeker pp. erhielt den überarbeiteten (zweiten) Entwurf des Teils IX des Gutachtens der Sozietät Westpfahl pp. im August 2020. Das vollständige Gutachten wurde im Oktober 2020 an die Sozietät Redeker pp. übermittelt.

Neben den methodischen und inhaltlichen Anforderungen an das Gutachten war es auch von entscheidender Bedeutung, dass Verantwortliche belastbar identifiziert und benannt werden können. Daher muss das Gutachten den grundlegenden juristischen Anforderungen genügen, um äußerungsrechtlich nicht angreifbar zu sein.   

Das Erzbistum Köln und Kardinal Woelki werden durch verschiedene presserechtliche Kanzleien vertreten, mitunter in diesem Fall durch Rechtsanwalt Dr. Carsten Brennecke, der Partner in der Kanzlei Höcker Rechtsanwälte in Köln ist. Dr. Brennecke wurde hinzugezogen, um eine zweite Meinung neben der Kanzlei Redeker pp. einzuholen.  

Herr Dr. Brennecke wurde aufgrund seiner im Markt bekannten Expertise im Presserecht ausgewählt: Die Kanzlei Höcker Rechtsanwälte ist eine der führenden deutschen Presserechtskanzleien. Ihre Anwälte werden im Branchenmagazin JUVE regelmäßig als ausgewiesene Experten bezeichnet.

Gutachten Jahn/Streng

Das Gutachten wurde durch die Kanzlei Redeker pp. an die Professoren Jahn und Streng verschickt. Das Erzbistum selbst hatte zu keinem Zeitpunkt Einblick in das Gutachten.

Das ist zutreffend. Nach Eingang des von Westpfahl pp. überarbeiteten Gutachtenteils IX kamen die Experten für Äußerungsrecht unabhängig voneinander zu dem Schluss, dass in dem überarbeiteten Entwurf des Teils IX keine wesentliche Nachbesserung stattgefunden hatten, insbesondere die weiterhin vorhandenen Mängel nicht heilbar waren. Dadurch hat sich bei Kardinal Woelki und Generalvikar Dr. Hofmann der Eindruck verfestigt, dass die Sozietät Westpfahl pp. kein rechtssicheres Gutachten vorgelegt hat.

Daraufhin wurde Prof. Dr. Gercke damit beauftragt, den Gutachtenteil IX “Persönliche Verantwortlichkeiten” zu prüfen. Am 16.09.2020 kam Prof. Gercke zum Ergebnis, dass der Gutachtenteil IX “Persönliche Verantwortlichkeiten”– unabhängig von den äußerungsrechtlichen Bedenken – in der ganzen Methodik, im Aufbau und der grundsätzlichen Herangehensweise den Mindestanforderungen nicht entsprach.

Kardinal Woelki und Generalvikar Dr. Hofmann haben dann beschlossen, dass so eine “Rettung” des Gutachtens und die damit einhergehende Veröffentlichung oberste Priorität haben und schnell gewährleistet werden müssen. Am 18.09.2020 wurde Prof. Dr. Gercke mit der Neufassung von Teil IX beauftragt. Am 02.10.2020 wurde das komplette Gutachten von Westpfahl an die Kanzlei Redeker pp. übermittelt und von dort aus Prof. Dr. Gercke und Prof. Dr. Jahn und Prof. Dr. Dr. H.c. Streng zur Verfügung gestellt. Daraufhin wurden Prof. Dr. Jahn und Prof. Dr. Dr. H.c. Streng mit einer wissenschaftlichen Prüfung des gesamten Gutachtens beauftragt, deren Ergebnis am 16.10.2020 vorlag. Daraufhin wurde Prof. Dr. Gercke damit beauftragt, die Erstellung eines komplett neuen Gutachtens zu vorsorglich zu beginnen.

Am 29.10.2020 wurde in einer gemeinsamen Sitzung mit dem Betroffenenbeirat des Erzbistums Köln über dieses Ergebnis, den Stand und den Fortgang der unabhängigen Untersuchung beraten.

Die Beanstandung bezieht sich auf Teil IX („Persönliche Verantwortlichkeiten“) sowie Teil III („Vorgehensweise bei der Untersuchung“), Teil IV („Die tatsächlichen Hintergründe“) und Teil VII („Bewertung der untersuchten Fälle“). Insbesondere aufgrund der methodischen Mängel des Gutachtens ist eine Teilveröffentlichung nicht möglich und würde dem Sinn eines belastbaren und rechtssicheren Gutachtens widersprechen.  Die von den Professoren Jahn und Streng festgestellten Mängel wirken sich auf das gesamte Gutachten des Sozietät Westpfahl aus.

Nein, die Darstellung von Dr. Wastl ist falsch. Aus Sicht des Erzbistums Köln bildet die juristische Aufarbeitung den Kernpunkt der Beauftragung. Das ergibt sich auch aus dem Text der Beauftragung: 

In Ziffer 1 der Anlage 1 zum Mandatsvertrag vom 13. Dezember 2018 ist der Untersuchungsauftrag eindeutig geregelt: „Die Gutachter sollen Fälle eines möglichen sexuellen Missbrauchs […] dahingehend evaluieren, ob die Vorgehensweise der damaligen Diözesanverantwortlichen im Einklang mit den […] Vorgaben des kirchlichen und des staatlichen Rechts und/oder dem kirchlichen Selbstverständnis stand, bzw. steht; […] Rechtsverstöße und hierfür Verantwortliche möglichst konkret benennen“. Nach Ziffer 2 der Anlage 1 zum Mandatsvertrag wird die Kanzlei einen schriftlichen Bericht zu diesem Untersuchungsgegenstand erstellen.   

Das Erzbistum Köln sieht in dieser ausdrücklichen Anlage zum Mandatsvertrag und seit Beginn der Untersuchung die Rechtmäßigkeitskontrolle als wesentliche Hauptleistung an. Das ergibt sich aus der Vertragsgestaltung und wurde durch das Erzbistum in seiner Kommunikation, dass auf Grundlage des Gutachtens individuelle und systemische Konsequenzen gezogen werden sollen, auch dahingehend fortlaufend bestätigt.   

Dass zudem auch eine Bewertung von Verstößen gegen das kirchliche Selbstverständnis möglich ist, ändert nichts am Bestand der Kritik durch Prof. Dr. Jahn und Prof. Dr. Dr. h.c. Streng:  

Die Gutachter Jahn/Streng bewerten die in der Hauptsache geschuldete juristische Ausarbeitung als mangelhaft. Das Gesamtergebnis lautet wie folgt:

Gesamtergebnis

1. Aus der Vorschrift in § 839a Abs. 1 Satz 1 BGB lassen sich auf Grundlage der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum gerichtlichen Sachverständigen Mindeststandards auch für die juristische Begutachtung eines Sachverhalts gewinnen.

2. Ein Gutachten ist im Rechtssinne dann „unrichtig“, wenn es der objektiven Sachlage nicht entspricht, die festgestellten Tatsachen also nicht existieren oder die daraus gezogenen Schlussfolgerungen unhaltbar sind.

3. Das vorgelegte Gutachten der Rechtsanwälte Westpfahl Spilker Wastl „Sexueller Missbrauch Minderjähriger und erwachsener Schutzbefohlener durch Kleriker und sonstige pastorale Mitarbeitende im Bereich des Erzbistums Köln im Zeitraum 1975 bis 2018. Verantwortlichkeiten, systemische Ursachen, Konsequenzen und Empfehlungen“ vom 1.10.2020 verfehlt die Mindeststandards einer juristischen Begutachtung in mehrfacher Hinsicht, namentlich weil

a) unklar bleibt, aus welcher Grundgesamtheit und nach welchen inhaltlichen Kriterien die Stichprobe der in Teil IX vorgestellten 15 Fälle gezogen wurde,;

b) die Faktensammlung – bei nicht selten schon unklarer rechtlicher und tatsächlicher Faktenbasis – und deren Beurteilung in Teil IX nicht deutlich voneinander getrennt werden,

c) nicht durch formale Qualifikation unterlegte eigene Sachkunde der Rechtsanwälte ex post an die Stelle der Bewertung durch forensische Fachgutachter gesetzt wird,

d) zentrale und häufig verwendete Begriffe für die Zurechnung von Verantwortung wie „Pflichtwidrigkeit“, „mangelnde Opferfürsorge“, „sexueller Missbrauch“ oder „Beschuldigter“ nicht erläutert werden und deshalb ihr Inhalt im Kontext des Teils IX unklar bleibt und

e) die anwaltlichen Gutachter den zu fordernden objektiven Standpunkt einer wissenschaftlichen Begutachtung an zahlreichen Stellen verlassen, so dass ihre Neutralität und innere Unabhängigkeit in Frage steht.

4. Das Gutachten der Rechtsanwälte Westphal Spilker Wastl ist deshalb als Grundlage für die Benennung von Verantwortung durch Tun oder pflichtwidriges Unterlassen nach kirchlichem und staatlichem Strafrecht auf Ebene der Entscheidungsträger des Erzbistums Köln keine taugliche Grundlage.

Sie sehen an dem Gesamtergebnis von Jahn/Streng, dass diese das Gutachten von Westpfahl pp. vordergründig nicht deswegen kritisieren, weil diese eine umfassendere Bewertung vornehmen. Das Gutachten wir durch Jahn/Streng völlig unabhängig davon als mangelhaft und untauglich bewertet, weil die im Schwerpunkt geschuldete juristische Aufbereitung handwerklich mangelhaft und damit untauglich ist.

Selbst wenn man also meint, dass die Kanzlei WSW auch eine Bewertung abgeben sollte, ändert dies nichts an den grundlegenden und durchgehenden handwerklichen Mängeln, die Jahn/Streng aufzeigen. Diese machen das Gutachten unbrauchbar.

Betroffenenbeirat

Das Gutachten der Professoren Jahn und Streng wurde den Mitgliedern des Betroffenenbeirats in der Sitzung am 29.10.2020 erläutert und am Freitagmorgen auch schriftlich vorgelegt. Prof. Dr. Gercke und Prof. Dr. Jahn waren persönlich anwesend und standen für die Fragen der Betroffenen zur Verfügung. Zudem hat Prof. Dr. Gercke seinen methodischen Ansatz der Neufassung des Gutachtens dargestellt und diesbezüglich Fragen beantwortet.   

Der Betroffenenbeirat hat am 29.10.2020 auf Grundlage seiner Geschäftsordnung mit dem Erzbistum gemeinsam und in einem einstimmigen Votum die Entscheidungen getroffen. Jedes Mitglied wurde dabei einzeln um Feedback und eine Entscheidung gefragt. Deshalb kam eine gemeinsame Erklärung des Betroffenenbeirats und des Erzbistums Köln zustande, die auf ausdrücklichen Wunsch des Beirats so schnell wie möglich kommuniziert werden sollte. Die Entscheidung war, das Gutachten der Kanzlei Westpfahl pp. nicht zu veröffentlichen, den Vertrag mit der Kanzlei Westpfahl pp. zu kündigen und Prof. Dr. Gercke mit einer gründlichen Neufassung zu beauftragen.

Es war der einstimmige Beschluss des Betroffenenbeirats, dass das Gutachten von Westpfahl pp. nicht veröffentlicht wird. Es ist mangelhaft und zur Benennung von Verantwortlichkeiten sowie zur Veröffentlichung untauglich. Das Erzbistum Köln selbst hat keinen Einblick in das Gutachten. 

Das Erzbistum Köln ist bereit, das Gutachten von Westpfahl den Mitgliedern des Betroffenenbeirats zur Kenntnis anzubieten, sobald das ordentliche und belastbare Gutachten von Prof. Dr. Gercke vorliegt. Hierzu wird sich das Erzbistum ebenfalls eng mit dem Betroffenenbeirat abstimmen.

Richtig ist, dass der Betroffenenbeirat am 29.10.2020 mit dem Erzbistum gemeinsam und in einem einstimmigen Votum die Entscheidungen getroffen hat. Jedes Mitglied wurde dabei einzeln um Feedback und eine Entscheidung gefragt. Deshalb kam eine gemeinsame Erklärung des Betroffenenbeirats und des Erzbistums Köln zustande, die auf ausdrücklichen Wunsch des Beirats so schnell wie möglich kommuniziert werden sollte. Die Entscheidung war, dass Gutachten der Kanzlei Westpfahl pp. nicht zu veröffentlichen, den Vertrag mit der Kanzlei Westpfahl pp. zu kündigen und Prof. Dr. Gercke mit einer gründlichen Neufassung zu beauftragen.  Es wurde von keinem anwesenden Mitglied gefordert, Einblick in das Gutachten von Westpfahl pp. zu bekommen.  

Für zwei Mitglieder, die nicht teilnehmen konnten, hat das Erzbistum Köln angeboten, zeitnah einen Termin mit den Prof. Dr. Gercke und Prof. Dr. Jahn zu organisieren, damit ihnen die Informationen aus erster Hand ebenfalls zugänglich werden. Zudem ist vereinbart, dass die Mitglieder des Betroffenenbeirats durch Prof. Dr. Gercke über die jeweiligen Schritte transparent informiert werden und sich über den Stand in gemeinsamen Treffen austauschen. Ein erster Termin soll im Dezember stattfinden.

Zur Zusammensetzung des Betroffenenbeirats gab es eine Ausschreibung. Der Beirat sollte möglichst paritätisch besetzt werden, daher hat der Beraterstab des Erzbischofs (Beraterstab in Fragen des Umgangs mit sexuellem Missbrauch Minderjähriger und schutz- oder hilfebedürftiger Erwachsener) aus den Rückmeldungen eine Vorschlagsliste erarbeitet, wonach der Beirat besetzt wurde. Mitglieder des Beirats wurden damit Betroffene im Erzbistum Köln unterschiedlichen Alters und aus verschiedenen Feldern des Missbrauchs. Aktuell hat der Beirat acht Mitglieder.

Neufassung des Gutachtens durch Prof. Dr. Gercke

Das Gutachten von Westpfahl pp. ist nach Einschätzung von Prof. Dr. Jahn und Prof. Dr. Dr. h.c. Streng mangelhaft und zur Untersuchung untauglich. Prof. Dr. Gercke wird daher die unabhängige Untersuchung in den kommenden Monaten von Grund auf neu fassen, um so das ausdrückliche Untersuchungsziel zu erreichen, Verantwortliche zu identifizieren und im Zuge der Veröffentlichung zu benennen.

Der Gutachtenauftrag an Prof. Dr. Gercke ist derselbe, wie der an Westpfahl Spilker Wastl.

Das Erzbistum möchte auch das Gutachten von Prof. Dr. Gercke einer Abschlussprüfung durch Prof. Dr. Jahn und Prof. Dr. Dr. h.c. Streng unterziehen. Das Erzbistum hat dieses Vorgehen gegenüber den Beteiligten bereits angesprochen. Hierzu wird sich das Erzbistum ebenfalls eng mit dem Betroffenenbeirat abstimmen.

Die Originalakten wurden bereits übermittelt und stehen Prof. Dr. Gercke zur Verfügung. Die Kanzlei Westpfahl pp. verzögert jedoch die Arbeiten an der Neufassung, da sie nach wie vor Teile der Gesprächsprotokolle nicht übermittelt hat, obwohl das Erzbistum seit einiger Zeit mit mehreren Schreiben vergeblich deren Herausgabe fordert.

Ja. Prof. Dr. Gercke und sein Team verfügen über lange Erfahrung darin, umfangreiche Aktenlagen zu bearbeiten, zu systematisieren und zu bewerten.

Kosten

Delegat Hofmann bedauert die Höhe der Gesamtsumme von gut 2,8 Millionen Euro:Erzbistum veröffentlicht Kosten der Unabhängigen Untersuchung

Der Kölner Dom auf einem 2-Euro-Geldstück
Datum:
4. Dezember 2021
Von:
pek211204
Delegat Hofmann bedauert die Höhe der Gesamtsumme von gut 2,8 Millionen Euro

Köln. Das Erzbistum Köln hat heute dem Kirchensteuer- und Wirtschaftsrat die Kosten der Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs vorgelegt. Demnach betrug der Aufwand für die Unabhängige Untersuchung zwischen 2019 und 2021 rund 2,8 Mio. Euro. Darin enthalten sind Kosten für die zwei juristischen Hauptgutachten von gut 1,27 Mio. Euro, für weitere rechtliche Beratung von 588.000 Euro sowie die Kosten für Krisenberatung von knapp 820.000 Euro. Der Kirchensteuer- und Wirtschaftsrat nahm die von Delegat Markus Hofmann präsentierten Zahlen zur Kenntnis. Der Rat ist eines der wichtigsten Gremien in der Erzdiözese, seine mehrheitlich gewählten Vertreter beraten und entscheiden über Finanz- und Vermögensfragen.

Der Delegat erinnerte daran, dass das Erzbistum mit der Unabhängigen Untersuchung juristisch und publizistisch Neuland betreten und dafür auch Lehrgeld bezahlt habe: „Das war ein schmerzhafter und teurer Prozess“, sagte Hofmann. Er erinnerte an die Schwierigkeiten mit dem ersten Gutachten, das auch nach eingeforderten Nachbesserungen nicht veröffentlichungsfähig war. Daraus habe sich eine mediale Ausnahmesituation ergeben, die ohne externe Hilfe nicht mehr zu handhaben gewesen sei.

Keine Kirchensteuermittel verwendet

Hofmann bedauerte die hohen Kosten der Aufarbeitung. Zugleich betonte er, dass diese nicht aus Kirchensteuer-Mitteln, sondern aus einem Sondervermögen der Diözese bezahlt worden sind. Dieses Sondervermögen, der „Fonds für Bedürfnisse des Bistums (BB-Fonds)“ ist im Wesentlichen durch Abgaben von Klerikern aus vergangenen Jahrzehnten gebildet worden. Auch die Leistungen zur Anerkennung des Leids für die Betroffenen sexualisierter Gewalt sind aus dem Fonds bestritten worden. Insgesamt hat das Erzbistum seit 2010 knapp 1,5 Mio. Euro an Anerkennungsleistungen ausgezahlt. Für die Sicherstellung der Ansprüche der Betroffenen hat das Erzbistum im Jahresabschluss 2020 eine Rückstellung von insgesamt 6 Mio. Euro gebildet. Außerdem wurden an drei Personen im Kontext eines dienstrechtlichen Verhältnisses Rechtsberatungskosten von 43.000 Euro erstattet.

Um aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen, sei es wichtig, transparent mit den Zahlen umzugehen, sagte Hofmann. Jetzt gehe es darum, notwendige Konsequenzen zu beraten und umzusetzen. So hat das Erzbistum Köln seine Aufarbeitungskompetenzen erheblich verstärkt und eine eigene Stabsstelle installiert. Um Konsequenzen aus den Gutachten und Maßnahmen des Erzbistums Köln kritisch zu begleiten, zu kontrollieren und eigene Vorschläge zu systemischen Veränderungen zu erarbeiten, wurde die Richterin a.D. Erika Nagel für den bestehenden Beraterstab gewonnen. Dieser stellt die Fortführung der unabhängigen Aufarbeitung gemeinsam mit der neuen Stabsstelle Aufarbeitung sicher.

Zu Kosten der laufenden Aufarbeitungen äußert sich das Erzbistum nicht.   

Es ist sichergestellt, dass die Kosten der Aufarbeitung ebenso wie die Leistungen zur Anerkennung des Leids nicht aus Kirchensteuermitteln bezahlt werden. Die Mittel stammen aus einem Sondervermögen des Erzbischöflichen Stuhls in Form eines Fonds. Der Fonds ist ein unselbständiges, zweckgebundenes Sondervermögen des Erzbischöflichen Stuhls K.d.Ö.R., Köln. Zweck des Fonds ist die ideelle und materielle Förderung besonderer kirchlicher Bedürfnisse und Anliegen im Erzbistum Köln. Dies wird verwirklicht insbesondere durch die Beschaffung und Bereitstellung von Mitteln für kirchliche Einrichtungen, Projekte und Maßnahmen deren Finanzierung im laufenden Haushalt des Erzbistums Köln in der Regel nicht vorgesehen ist.  

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