Kirche auf der Straße
El Salvador – Der Erlöser. Schon im Namen des kleinen Landes an der Pazifikküste Mittelamerikas wird deutlich, Glaube und Kirche in El Salvador sind etwas Besonderes.
Religion prägt das tägliche Leben der Menschen. Nicht nur in Kirchengebäuden sondern überall im finden sich religiöse Motive auf der Straße: als Autoaufkleber, auf Plakaten und Wandmalereien.
Oscar Romero – erster Heiliger El Salvadors
Einen zusätzlichen Impuls hat die Heiligsprechung Oscar Romeros am 14. Oktober 2018 gebracht. Als Erzbischof der Hauptstadt San Salvador hatte sich Romero seit Ende der siebziger Jahre für die Armen und Benachteiligten in seinem Land eingesetzt und damit das Militärregime gegen sich aufgebracht. Am 24. März 1980 wurde er während einer Messe von einem bezahlten Scharfschützen ermordet.
Als erster und bislang einziger Heiliger El Salvadors wird Romero von den Salvadorianern tief verehrt. Sein Grab in der Kathedrale ist zu einer populären Pilgerstätte geworden. Die Menschen berühren die Grabplatte, beten im Knien vor der Gedenkstätte. Viele machen Gruppenfotos mit dem Porträt Romeros, die an die Verehrung eines Popstars erinnern. „San Romero“ ist ihr Heiliger, einer von ihnen.
„Da, wo Christus im Fleisch und Blut leidet; da, wo Christus auf dem Feld übernachten muss, weil die Menschen nicht zu Hause schlafen können; Da wo Christus an Krankheiten leidet aufgrund von Unrecht und Leid: da trägt Christus sein Kreuz auf dem Rücken – nicht nur dort, wo man in der Kapelle auf dem Kreuzweg betet, sondern dort, mitten im Volk lebt er.“ – Hl. Oscar Romero
Doch auch in El Salvador steht die Kirche vor Herausforderungen. Die Konkurrenz insbesondere von evangelikalen Kirchen als Sinnanbieter steigt. Darüber hinaus ist auch in El Salvador ein Rückgang an Berufungen spürbar, sodass die Priester zunehmend Verantwortung für mehr Menschen und größere Gebiete übernehmen müssen.
Armut und Gewalt – die Kirche mischt sich ein
Gleichzeitig ist die salvadorianische Kirche noch in einem weiteren Sinne auf der Straße im Leben der Menschen gefordert. Seit vielen Jahren kämpft El Salvador mit Armut und massiver Gewalt in der Gesellschaft. Die Armutsquote liegt bei 33 Prozent, es gibt nicht genug Ausbildungsplätze und die Arbeitslosigkeit ist hoch.
Es fehlt insbesondere den jungen Menschen an Perspektiven. Rivalisierende Jugendbanden, die sogenannten „Maras“, bekämpfen sich untereinander und führen einen Krieg gegen den Staat. Im Jahr 2018 gab es bereits rund 2.500 Morde, in einem Land von der Größe Hessens. Geschätzt 95 Prozent der Taten bleiben straflos. Zum Vergleich: In der Bundesrepublik gab es laut polizeilicher Kriminalstatistik im Jahr rund 400 Mordopfer.
In der Tradition Romeros mischt sich die Kirche in dieser Situation ein. Sie organisiert und fördert insbesondere viele soziale Projekte. Unterstützt wird sie dabei auch von deutschen Hilfswerken wie etwa Misereor. Ziel ist es, insbesondere jungen Menschen, die in El Salvador rund die Hälfte der Bevölkerung ausmachen, Hoffnung und eine Perspektive zu geben.
Ein Zeichen setzen – mitten auf der Straße
Ein Beispiel ist das Projekt „Mi nuevo plan de vida“, auf Deutsch „Mein neuer Lebensplan“ der Caritas in der Diözese San Salvador. Auf der Straße und in Schulen werden dabei junge Menschen von 16 bis 29 Jahren angesprochen. Nehmen sie an dem Programm teil erarbeiten sie in einem dreimonatigen Kurs ausgehend von ihren Potenzialen und Stärken einen Plan für das eigene Leben. Darüber hinaus bekommen sie Unterstützung bei der Jobsuche.
Mit diesem und vielen weitere Projekte verfolgt die Kirche in El Salvador das Ziel, ein Zeichen gegen die allgegenwärtige Gewalt zu setzen und ein friedliches Zusammenleben zu fördern – mitten auf der Straße, bei den Menschen.
Von Christina Weyand
Übersicht: AusZeit – Online-Magazin des Erzbistums Köln
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