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Schwarmintelligenz in der katholischen Kirche:Synodales Arbeiten in Rom und beim DPR im Erzbistum Köln

Pater Clemens Blattert SJ berichtet über synodales Arbeiten
Datum:
8. Apr. 2025
Von:
Newsdesk/awe
Am Wochenende 28./29. März berichtete der Jesuit Pater Clemens Blattert SJ beim Diözesanpastoralrat im Kölner Priesterseminar von seinen Erfahrungen in Rom zur geistlich-synodalen Arbeitsweise. Im Interview erklärt er die Bedeutung der Synodalen Arbeit.

Die Arbeitsweise der Weltsynode, an der Pater Clemens Blattert SJ aus Frankfurt in Rom live als Facilitator (geistlicher Prozessbegleiter) teilnahm, ist für die katholische Kirche ein bedeutender Schritt. Sie zielt darauf ab, eine Haltung einzuüben, sich hörend und offen auf die Herausforderungen der heutigen Zeit einzulassen. Am vergangenen Wochenende berichtete der Jesuit beim Diözesanpastoralrat in Köln von seinen Erfahrungen in Rom und ermöglichte auch den Mitgliedern das Eintauchen in eine geistlich-synodale Arbeitsweise.  

Um eine große Vielfalt an Perspektiven in den Beratungen sicherzustellen, werden die Stimmen einer breiten Gemeinschaft integriert. Die Möglichkeit, dass unterschiedliche Stimmen Gehör finden, bereichert den Austausch und fördert das Zusammenwirken vieler Beteiligter. Ein neuer Aspekt seit 2018 ist die Einbeziehung von Laien aus unterschiedlichsten Kontexten, besonders auch von Frauen, in die Beratungen der Bischofssynode in Rom. Dies sind Impulse, die im vergangenen Jahr auch bei der Zusammenstellung des DPR aufgenommen wurden, indem dort nun mehr Frauen, junge Menschen und Personen, die nicht Angestellte des Erzbistums sind, Mitglieder geworden sind.

Größer als die Summe der Teile

Der synodale Prozess hat das Instrument „Gespräch im Heiligen Geist“ ins Blickfeld gerückt. Es schafft Raum für das Hören aufeinander, das sich mit Phasen der Stille abwechselt. Die Beteiligten werden ermutigt, aktiv zuzuhören, das Gehörte auf sich wirken zu lassen und sich gegenseitig zu unterstützen, während sie gemeinsam nach dem göttlichen Willen suchen. Diese Haltung der Offenheit und des Dialogs ist entscheidend, um eine Atmosphäre des Vertrauens und der Zusammenarbeit zu schaffen und auch, um Gottes Wirken Raum zu geben. 

Allerdings bringt dieser Wandel auch Herausforderungen mit sich. Geduld ist erforderlich, dabei konträre Ansichten auf sich wirken zu lassen, Indifferenz (innere Freiheit) zu üben und Nichtwissen auszuhalten, Veränderung – immer zuerst bei sich selbst – zuzulassen und umzusetzen. Auf diesem Weg können bestehende Polarisierungen überwunden und Gemeinsames neu entdeckt werden. 

Letztlich ist der synodale Prozess und die damit verbundene Veränderung in Haltung und Miteinander ein Weg, um herauszufinden, wie wir als Kirche auch heute dienend, einladend und missionarisch sein können.

Dazu Papst Franziskus in seiner Ansprache zum 50. Jubiläum der Bischofssynode:

„Die Welt, in der wir leben und die in all ihrer Widersprüchlichkeit zu lieben und ihr zu dienen wir berufen sind, verlangt von der Kirche eine Steigerung ihres Zusammenwirkens in allen Bereichen ihrer Sendung. Genau dieser Weg der Synodalität ist das, was Gott sich von der Kirche des dritten Jahrtausends erwartet.

Was der Herr von uns verlangt, ist in gewisser Weise schon im Wort 'Synode' enthalten. Gemeinsam voranzugehen – Laien, Hirten und der Bischof von Rom –, ist ein Konzept, das sich leicht in Worte fassen lässt, aber nicht so leicht umzusetzen ist.“

Synodales Arbeiten mit Pater Clemens Blattert, DPR März 2025

Interview mit Pater Clemens Blattert, synodaler Facilitator in Rom und Köln

Worin sehen Sie die Verbesserungspotenziale, die das Synodale Arbeiten mit sich bringt?

Die Faszination liegt für mich in der Erfahrung, dass ein Reichtum gehoben wird. Was meine ich damit? Die synodale Vorangehensweise ermöglicht allen Beteiligten zu sprechen und fordert alle Beteiligten zum Zuhören auf. Frauen und Männer, Laien und Kleriker, Pfarrmitglied oder Diözesanleitung, aus dem Erzbistum Köln oder von der Weltebene. Jede und jeder bringt seine Perspektive ein. Niemand sieht alles, keiner hat nichts.

Die grundlegende Erkenntnis ist: Ich allein genüge nicht. Ich allein, eine Gruppe allein kann die Probleme, vor denen wir stehen, nicht lösen. Durch diesen Austausch, so habe ich das in Rom an einem der runden Tische erlebt, entsteht ein „exchange of gifts“. Und das Heben dieses Reichtums sehe ich auch hier beim DPR. Das ist die essentielle Erfahrung, die im Grunde jeder macht bei dem synodalen Lernen. 

Sie sagten, dass es kein „richtig oder falsch“ gibt und Freiraum auch Angst macht. Inwiefern?

Wie Kirche heute oder morgen geht, was da stimmt und was nicht, kann niemand mit Sicherheit sagen. Man wird Schritt für Schritt ausprobieren müssen. Das erfordert Mut, auch mal Entscheidung zu treffen, diese zu evaluieren und notfalls zu korrigieren. Dieses Vorgehen braucht von allen Beteiligten „Großzügigkeit“.

Kardinal Woelki wagt das Experiment. Das kann Durcheinander geben, es kann sein, dass manche begeistert sind, die anderen können es nicht nachvollziehen. Entscheidungen werden getroffen, die Veränderungen bringen. Das heißt, es ist ein gemeinsamer Suchweg, eben synodal – gemeinsam vorangehen.

Freiraum ist ambivalent. Zum einen eröffnet er Luft zum Atmen und Gestaltungsmöglichkeiten, gleichzeitig ist er aber eben auch unbestimmtes, ungewisses Terrain und damit kein sicherer Pfad. Das macht Menschen häufig Angst, das wollen sie vermeiden. Auch hier geht es um ein Ausprobieren, Schritt für Schritt, im und mit Vertrauen.

Kulturveränderung braucht den Willen der Leitung. Wo sehen Sie den bei der katholischen Kirche?

Franziskus hat die Bischöfe zu dieser Erfahrung regelrecht verdonnert, aber sie haben bei der Generalversammlung auch gemerkt, dass sie eine zweite Sitzung und einen Plan brauchten. Damit der riesige Aufwand nicht verpufft und das Ganze konkret gelebt werden kann, bedarf es jetzt der Struktur mit entsprechenden "milestones", die gerade geschaffen wird.

Befruchten sich Hierarchie und Synodalität gegenseitig?

Hierarchie hat die Aufgabe, zu strukturieren, während Synodalität den Reichtum hebt. Ein Beispiel: Ein evangelischer Pfarrer berichtete mir, dass die evangelische Kirche bei der Missbrauchsstudie eine große Verantwortungsdiffusion festgestellt hat. Struktur ist also ebenso wichtig wie Öffnung. Ich gebe aber auch zu, dass die Kunst des Führens und Leitens in einer synodal geprägten Kirche sicherlich noch mehr gelernt und Kompetenzen angeeignet werden müssen. Eben eine Führungskultur lernen. Die Leitungsaufgabe ist wichtig und ordentliches Leiten braucht auch „Schmackes“.  

Wenn Prioritäten gesetzt werden müssen, wo ist aus Ihrer Sicht unser Handeln am wirksamsten?

Ich würde immer danach gehen, wo Lebendigkeit entsteht, das kann von Ort zu Ort bzw. Fall zu Fall völlig unterschiedlich sein. Es hat keinen Sinn, in tote Projekte zu investieren, nur um Althergebrachtes zu erhalten. Dazu gehört aber auch, ehrlich anzuerkennen, was tot ist. Und das tut weh. Da ist man auch im synodalen Prozess in Köln noch nicht. Hier gilt es, das Vertrauen zu entwickeln und auch schmerzhafte Entscheidungen mitzutragen. Es gibt aber viel Lebendiges in unserer Kirche, vielleicht dort wo, wir es erwarten, aber auch dort, wo wir es nicht erwarten – da offener, suchender zu werden ist ein Gebot der Stunde, ganz im Sinne von Jesaja: „Siehe, nun mache ich etwas Neues. Schon sprießt es, merkt ihr es nicht?“ (Jes 43,19)

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