Wettbewerb mit dialogischem Charakter:Start des Internationalen Kunstwettbewerbs Kölner Dom zum christlich-jüdischen Verhältnis heute
Köln. Seit einigen Jahren setzt sich das Domkapitel mit der Frage nach einem angemessenen Umgang mit den zahlreichen Artefakten im Kölner Dom auseinander, die von erschreckender Judenfeindschaft zeugen. Nach einer umfassenden Erforschung und Kontextualisierung dieser Werke in Publikationen, Themenrundgängen und einer Ausstellung soll nun ein neues Kunstwerk für den Dom geschaffen werden. Das neue Kunstwerk soll im Rahmen eines Internationalen Kunstwettbewerbs entstehen.
„Im Bewusstsein der christlich-jüdischen Geschichte soll ein neues Kunstwerk für den Kölner Dom geschaffen werden, das den Blick auf Gegenwart und Zukunft richtet“, sagte Weihbischof Rolf Steinhäuser, Domkapitular und Bischofsvikar für Ökumene und interreligiösen Dialog im Erzbistum Köln, bei der Pressekonferenz am 15. August. Initialzündung für das Projekt sei ein Aufsatz des Theologen Reinhard Hoeps im Kölner Domblatt, dessen Sichtweise, dass für die Kritik an Bildern im Kölner Dom kritische Bilder am besten geeignet seien, den entscheidenden Impuls für die Durchführung eines Kunstwettbewerbs gegeben habe. „Ich bin dankbar, dass uns die Kölnische Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit mit ihrer Initiative 2016 erneut auf das Thema aufmerksam gemacht hat“, so der Weihbischof.
Der dialogische Charakter sei das Besondere an diesem Wettbewerb, betonte Steinhäuser. Das Domkapitel setze den noch zu findenden Künstlerinnen und Künstlern bewusst keine grundsätzlichen Grenzen, was die Schaffung der Werke angehe. Das Werk solle dauerhaft sein sowie die Eigenschaft des Kölner Doms als Sakralraum und seinen Stellenwert als Bischofskirche und damit als Ort repräsentativer Verkündigung und Lehre respektieren. Dabei gelte es, das Werk mit dem Denkmalschutz und dem Status des Doms als Weltkulturerbestätte in Einklang zu bringen. „Aber das Spannende und Reizvolle am Wettbewerb wird sein, über die Aussage und die Verortung, die Beschaffenheit und den Charakter des neuen Kunstwerks sorgsam ins Gespräch zu kommen, neue Perspektiven zu suchen, Erwartungen mutig zu verwerfen und Denkhorizonte zu erweitern. Bei allem ist unser Anspruch, einen Prozess mit Vorzeigecharakter anzustoßen.“
Begleitung durch interreligiösen Arbeitskreis
„Offenheit und ein konstruktiver Diskurs haben bereits die vorbereitenden Gespräche in unserem interreligiösen Arbeitskreis geprägt – vor allem für das vertrauensvolle Miteinander mit unseren jüdischen Freunden bin ich von Herzen dankbar“, so der Weihbischof. Der Arbeitskreis setzt sich aus Vertretern des Domkapitels, der Synagogen-Gemeinde Köln, der Kölnischen Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit und der evangelischen Kirche in Köln sowie aus Fachleuten aus Kunst und Kirche zusammen.
„Der Dom ist für alle Kölner, unabhängig ihres Glaubens, ein ganz besonderer und identitätsstiftender Ort“, sagt Arbeitskreis-Mitglied Abraham Lehrer, Vorstandsmitglied der Synagogen-Gemeinde Köln und Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland. „ Ein neues Kunstwerk soll nun aufzeigen, wie sich das christlich-jüdische Verhältnis zeitgemäß und für die Zukunft inspirierend darstellen lässt.“ Das Kunstwerk zeige aber auch die Notwendigkeit auf, sich heute kritisch mit der Geschichte und den Folgen des christlichen Antijudaismus auseinanderzusetzen.“
Einladungswettbewerb in verschiedenen Phasen
Dr. Stefan Kraus, Arbeitskreis-Mitglied und Leiter des Kolumba Kunstmuseums des Erzbistums Köln, erläutert das bis Herbst 2024 angelegte, kooperative Dialogverfahren, durch das sich der Internationale Kunstwettbewerb auszeichnen soll. „Der Wettbewerb wird als Einladungswettbewerb durchgeführt und gliedert sich in zwei Phasen: eine Dialogphase und eine Vertiefungsphase“, erläutert Kraus. „Zunächst sind wir auf acht Vorschlagende zugegangen mit dem Anliegen, ihrerseits je zwei Kunstschaffende zu benennen. Maßgeblich für die Auswahl der Vorschlagenden war deren Kenntnis der internationalen Kunstszene. Ausgehend davon werden in der Dialogphase des Wettbewerbs maximal 16 Kunstschaffende aufgefordert, ihre Herangehensweise und Idee für ein dauerhaftes Werk im Kölner Dom zu unterbreiten.“
Eine Jury wähle im Anschluss vier Kunstschaffende für die Vertiefungsphase aus und fordere diese zur weiteren Ausarbeitung ihres Vorschlags auf, so Kraus. Zu den Mitgliedern der Jury zählen u.a. Rabbiner Dr. Jehoshua Ahrens, ehrenamtlicher Direktor des Centre for Jewish-Christian Understanding and Cooperation in Jerusalem, der Schweizer Jesuit und Judaist Pater Dr. Christian Rutishauser, Prof. Dr. Salomon Korn, Architekt und Vorstand der Jüdischen Gemeinden in Frankfurt am Main, und Prof. Dr. Jürgen Wilhelm, Vorsitzender der Kölnischen Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit. „Die von der Jury nach Phase zwei als 1. Preis ausgewählte Arbeit wird dem Domkapitel zur Umsetzung empfohlen. Über die Umsetzung des Wettbewerbsergebnisses entscheidet abschließend das Domkapitel als Auftraggeber.“ Begleitet wird das Wettbewerbsverfahren vom Kölner Architektenbüro „neubig hubacher Architekten“.
Kunst als weitere Facette der Aufarbeitung
Diakon Jens Freiwald, Arbeitskreis-Mitglied und stellvertretender Vorsitzender der Kölnischen Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, ordnet den Kunstwettbewerb in die Vielzahl von Maßnahmen ein, durch die man die antijüdischen Schmähplastiken im Kölner Dom in den vergangenen Jahren kontextualisiert habe. „Mit dem zu schaffenden Kunstwerk für den Kölner Dom wird dieser anhaltende Prozess um eine weitere, ganz neue Dimension bereichert. Sie erweitert den Blick auf das christlich-jüdische Verhältnis aus der Perspektive der Kunst selbst. Schon der Weg zu diesem Kunstwerk ist ein Gewinn für den Dialog zwischen unseren Glaubensgemeinschaften.“
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