Sorge um die verwundete Seele:Nach der Flutkatastrophe: Zur Situation im Erzbistum Köln
Das Unwetter mit der folgenden Flutkatastrophe Mitte Juli hat viele Menschen des Erzbistums Köln stark getroffen. Auf den ersten Blick hinterlässt es zerstörte Ortschaften. Doch was vor allem bleibt, sind die traumatischen Erlebnisse der Betroffenen. Eine dringliche Aufgabe ist für Kardinal Woelki hier die Begleitung der Menschen. Seit der ersten Stunde sind Seelsorger vor Ort. Sie unterstützen und begleiten die Betroffenen, vor allem in der nun kommenden Zeit.
Entstandene Schäden in Kirchengemeinden und Einrichtungen
Vier Wochen nach der Unwetterkatastrophe lässt sich das Ausmaß der Schäden noch nicht endgültig beziffern, da die Bestandsaufnahme weiterhin im Gange ist. Bislang wurden den zuständigen Stellen im Erzbistum Köln mehr als 200 Sachschäden gemeldet, darunter Schadensmeldungen von über 40 Kindertagesstätten, 8 Schulen, der Jugendbildungsstätte Altenberg mit den anschließenden Gebäuden sowie zahlreichen Kirchen, Pfarrheimen, Pfarr- und Wohnhäusern.
Das Ausmaß der entstandenen Schäden ist immens. So beläuft sich allein am St. Angela-Gymnasium in Bad Münstereifel, wo das Wasser bis in die erste Etage stand und den Schulhof wegspülte, der Gebäudeschaden nach ersten Schätzungen auf über 6 Millionen Euro.
Die Frage nach den Gesamtkosten kann bisher noch nicht beantwortet werden. Jedoch schätzt das Erzbistum Köln die Kosten zur Behebung der Schäden in und an den Gebäuden in den betroffenen Gebieten auf einen zweistelligen Millionenbetrag. Dabei geht es nicht nur um die reine Instandsetzung der Gebäude, sondern auch um den Wiederaufbau kirchlicher und caritativer Infrastrukturen in den jeweiligen Orten.
Soforthilfe in der Notsituation
Um den Betroffenen in der akuten Notsituation unkompliziert helfen zu können, wurde der Fonds des Erzbistums für Flüchtlings- und Nachbarschaftshilfe für die Opfer der Unwetterkatastrophe geöffnet und mit Geldern aus Sondermitteln aufgestockt. Nach Bedarf kann der Fonds weiter angepasst und aufgestockt werden. Für zusätzliche erste Sofortmaßnahmen hat das Erzbistum Köln bislang 1 Million Euro zur Verfügung gestellt (Stand: 12.08.2021)
Der Flüchtlings- und Nachbarschaftshilfe Fonds ist ein erprobtes Instrument, welches in Krisenzeiten schnell, unkompliziert und konkret genau da Hilfe leisten kann, wo sie gebraucht wird. Vorrangig werden Maßnahmen vor Ort finanziert. So konnte mit den Mitteln aus dem Fonds eine erste provisorische Infrastruktur in den betroffenen Orten und Einrichtungen errichtet werden. Obdachlos gewordene Menschen, Einsatzkräfte und Helfer wurden ohne großen organisatorischen Aufwand mit dem Notwendigsten versorgt. Neben der Verpflegung der Helfergruppen, wurden - von Eimern über Schutzmaterial für die Helfenden bis hin zu Pumpen - notwendige Hilfsgeräte angeschafft und schwere Geräte angemietet.
Langfristige Hilfe durch Spenden
Die Spendenbereitschaft der Menschen in Deutschland ist enorm. Um die Spenden besser koordinieren zu können, und Sorge zu tragen, dass die Gelder dort ankommen wo sie dringend benötigt werden, hat Caritas International ein zentrales Spendenkonto eingerichtet. Bisher sind dort rund 26 Millionen Euro eingegangen. (Stand 10.08.2021)
Gleichzeitig haben der Diözesan-Caritasverband und zahlreiche Kirchengemeinden dezentral und im gesamten Erzbistum Köln Projekte und Spendenaktionen ins Leben gerufen sowie in den Sonntagskollekten Geld für die Flutopfer gesammelt. Die Koordinierung der Hilfszahlungen an die Bedürftigen liegt in der Hand der jeweiligen Einrichtungen der Caritas vor Ort.
Konkrete Hilfe für Betroffene
Neben der finanziellen Soforthilfe leistet das Erzbistum Köln zudem konkrete Hilfe in der akuten Notlage. Die Flut hat vielen Menschen ihr Haus, ihre Wohnung genommen und die Betroffenen stehen plötzlich ohne Dach über dem Kopf da. Seit dem 16. Juli stehen in den verschiedensten Einrichtungen des Erzbistums – wie dem Collegium Albertinum und den Tagungs- und Bildungshäusern – täglich 60 Zimmer für die Unterbringung von durch die Flut obdachlos gewordene Menschen zur Verfügung. Koordiniert zunächst von den Maltesern, ist nun die DEHOGA für die Verteilung auf die einzelnen Häuser zuständig. Bislang wurden 286 Übernachtungsmöglichkeiten vermittelt, wovon 78 bereits stattgefunden haben.
Weitere Übernachtungsmöglichkeiten wurden für die bis zu 80 Einsatzkräfte des THW, der Feuerwehr und der Bundespolizei geschaffen. Sie nutzten die katholische Jugendbildungsstätte Steinbachtalsperre als Basis für die Einsätze im Gebiet rund um die Talsperre.
Da sein für Menschen in der Not
Auch wenn die Flutkatastrophe große finanzielle Schäden verursacht hat, geht es in der Bewältigung der Katastrophe in erster Linie nicht um das Geld. „Viele Menschen standen vor mir mit Tränen in den Augen“, beschreibt Kardinal Woelki in einem Interview mit Domradio.de die Begegnungen mit Flutopfern während seiner Besuche in den betroffenen Gebieten.
Die sichtbaren Schäden sind mittlerweile zum großen Teil weggeräumt, die traumatischen Bilder und Erlebnisse bleiben in den Köpfen der Menschen. Sie haben durch das Hochwasser nicht nur Hab und Gut verloren, sondern zum Teil auch Angehörige, Freunde oder Nachbarn. Viele Menschen stehen vor dem Nichts.
Für Kardinal Woelki ist es derzeit besonders wichtig den Menschen in ihrer Not beizustehen. In den ersten Tagen nach der Flut besuchte er die betroffenen Orte, machte sich selber ein Bild der Lage, hörte den Menschen zu, räumte mit auf. Es sei jetzt die Zeit für Seelsorger, für Zuhörer und für Tröster, betonte er im Wort des Bischofs vom 18. Juli. Es sei aber auch die Zeit, unsere Not vor Gott zu bringen und für die Notleidenden zu beten. „Wir bitten Gott um sein Erbarmen, dass er uns und wir einander beistehen mögen in dieser schlimmen Stunde.“
Die Kirchen sind für Gebete in der Stille geöffnet. Besonders gefragt sind jetzt die pastoralen Mitarbeitenden des Erzbistums Köln. Die Seelsorger unterstützen die Menschen in ihrer akuten Notsituation und bei der Bewältigung des Erlebten. Sie sprechen mit Betroffenen und Helfern, spenden Kraft und Trost. Und so betont Kardinal Woelki in seinem Wort des Bischofs vom 1. August die Dringlichkeit der Seelsorge. „Aktuell braucht es auch die Sorge um die verwundeten Seelen.“
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