Die Forschung soll anhand der vielfältigen Maßnahmen zur Prävention in den fünf NRW-(Erz-)Diözesen erfolgen. Diese arbeiten seit 2010 auf den gleichen gesetzlichen Grundlagen zur Prävention sexualisierter Gewalt in kirchlichen Einrichtungen und decken ein breites Spektrum der kirchlichen Präventionsarbeit ab.
Die Grundlage stellen die aktuelle Rahmenordnung Prävention der Deutschen Bischofskonferenz von 2019 bzw. die gemeinsam erarbeiteten und gleichlautenden diözesanen Präventionsordnungen dar. Hier werden einerseits die Verantwortlichkeiten für die Prävention sexualisierter Gewalt benannt und andererseits die Geltungsbereiche (zentrale Begriffe, Ziele etc.) geklärt:
- Sexualisierte Gewalt umfasst sowohl strafbare als auch nicht strafbare sexualbezogene Handlungen und Grenzverletzungen. Sie betrifft alle Verhaltens- und Umgangsweisen (innerhalb und außerhalb des kirchlichen Dienstes) mit sexuellem Bezug gegenüber Kindern, Jugendlichen und schutz- oder hilfebedürftigen Erwachsenen, die mit vermeintlicher Einwilligung, ohne Einwilligung oder gegen deren ausdrücklichen Willen erfolgen. Dies umfasst auch alle Handlungen zur Vorbereitung, Durchführung und Geheimhaltung sexualisierter Gewalt.
- Schutz- oder hilfebedürftige Erwachsene sind Schutzbefohlene im Sinne des § 225, Abs. 1 des StGB sowie überall dort, wo besondere Macht- und/oder Abhängigkeitsverhältnisse vorliegen.
- Prävention meint alle Maßnahmen, die vorbeugend (primär), begleitend (sekundär) und nachsorgend (tertiär) gegen sexualisierte Gewalt an Kindern, Jugendlichen und oder hilfebedürftigen Erwachsenen ergriffen werden. Sie richtet sich an Betroffene, an die Einrichtungen mit ihren Verantwortlichen, in denen mit Kindern, Jugendlichen und schutz- oder hilfebedürftigen Erwachsenen gearbeitet wird, und auch an Beschuldigte / Täter und Täterinnen.
Zudem werden in den diözesanen Ordnungen grundsätzliche und spezifische Anforderungen an die Präventionsarbeit formuliert. Kernstück – und zugleich auch Mittelpunkt dieses Forschungsprojektes – ist das Institutionelle Schutzkonzept (ISK), welches von der Personalauswahl über einen institutionellen Verhaltenskodex, einem Qualitätsmanagement und formalisierten Abläufen in Verdachtsfällen bis hin zu umfangreichen Präventionsschulungen reicht.
Seit 12 Jahren werden dementsprechend in den fünf (Erz-)Diözesen in systematischer Weise Präventionsmaßnahmen entwickelt, durch die Entwicklung einrichtungsspezifischer Schutzkonzepte implementiert und praktisch umgesetzt.
Die Haupt-Handlungsfelder sind:
- Kirchengemeinden bzw. Pfarreien
- Kindertagesstätten
- Schulen
- Einrichtungen der Alten-, Eingliederungs-/Behinderten- und der Gesundheitshilfe
Zentrale Maßnahmen umfassen:
- Information und Aufklärung von haupt- und ehrenamtlich Tätigen, z.B. durch Schulungen und Fortbildungen
- Sensibilisierung durch Sichtbarmachung des Themas und Schaffung von Sprachfähigkeit
- Risikoanalysen vor Ort (z. B. Überprüfung von baulichen Voraussetzungen, Leitungsstilen, Haltungen, Kommunikationswegen u. v. m.)
- Einführung formalisierter Abläufe und Verhaltensregeln (z. B. im Verdachtsfall) sowie rahmender Leitlinien und Handreichungen
- Schaffung zentraler Anlaufstellen
- Begleitung irritierter Systeme
- Begleitung von Tätern und Täterinnen
- Beteiligung von Betroffenen
- Beratung der kirchlichen Rechtsträger bei der Entwicklung, Umsetzung und Fortschreibung der Institutionellen Schutzkonzepte (ISK)
- Fachliche Prüfung der Schutzkonzepte der kirchlichen Rechtsträger
- Organisation von Qualifizierungsmaßnahmen
- Sicherstellung der Qualifizierung und Information der für „Präventionsfragen geschulten Person“
- Vernetzung der Präventionsarbeit inner- und außerhalb der Diözese sowie zu den Ansprechpersonen für Verdachtsfälle sexuellen Missbrauchs gemäß der Ordnung für den Umgang mit sexuellem Missbrauch Minderjähriger und schutz- oder hilfebedürftiger Erwachsener durch Kleriker und sonstige Beschäftigte im kirchlichen Dienst
- Vernetzung mit kirchlichen und nicht-kirchlichen Fachberatungsstellen gegen sexualisierte Gewalt
- Evaluation und Weiterentwicklung von verbindlichen Qualitätsstandards
- Beratung von Aus- und Weiterbildungseinrichtungen
- Fachberatung bei der Planung und Durchführung von Präventionsprojekten
- Vermittlung von Fachreferenten/-innen
- Entwicklung von und Information über Präventionsmaterialien und -projekten
- Öffentlichkeitsarbeit
Dabei ist zu beachten, dass die Entwicklung und Umsetzung der einzelnen Maßnahmen immer in der Verantwortung der jeweiligen Rechtsträger unter Einbezug der Akteure vor Ort erfolgt und diese an die spezifischen Rahmenbedingungen vor Ort angepasst werden. Dies ist in der Forschung angemessen zu berücksichtigen.