Unabhängige Untersuchung zum Umgang mit sexualisierter Gewalt im Erzbistum Köln vorgestellt:Kardinal Woelki stellt im Gutachten genannte Verantwortungsträger frei
Köln. Die Kölner Strafrechtsexperten Prof. Dr. Björn Gercke und Frau Dr. Kerstin Stirner haben in einer Pressekonferenz die vom Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki in Auftrag gegebene „Unabhängige Untersuchung zum Umgang mit sexualisierter Gewalt im Erzbistum Köln“ vorgestellt. Das Gutachten behandelt den Zeitraum von 1975 bis 2018 und untersucht 236 Aktenvorgänge im Detail mit dem Ziel, etwa bestehende Defizite und Rechtsverstöße sowie die hierfür Verantwortlichen möglichst konkret zu benennen.
Als erste Reaktion stellte Kardinal Woelki die dabei genannten Personen von ihren Aufgaben vorläufig frei: Weihbischof Dr. Dominikus Schwaderlapp und Offizial Dr. Günter Assenmacher.
Wie Kardinal Woelki im Voraus mehrfach angekündigt hatte, ging und geht es ihm bei der Aufarbeitung vor allem darum, für die Betroffenen sexuellen Missbrauchs Klarheit und – soweit das möglich ist – Gerechtigkeit zu schaffen. Im Anschluss an die Vorstellung des Gutachtens durch die Anwälte erhielt Kardinal Woelki ein Exemplar des Gutachtens. Ein weiteres übergaben die Gutachter an Peter Bringmann-Henselder vom Betroffenenbeirat des Erzbistums, der sich dazu äußerte: „Auf diesen wichtigen Schritt der Aufklärung mussten wir lange, zu lange als Betroffene warten. Aber ich bin heute froh, dass zumindest dieses erste Versprechen gehalten wurde.“
Nach der Übergabe des Gutachtens nahm Kardinal Woelki zu den präsentierten Ergebnissen wie folgt Stellung: „Die von Professor Gercke genannten Vorfälle und Vorgänge treffen mich zutiefst. Geistliche haben sich schuldig gemacht, indem sie ihnen anvertrauten Menschen Gewalt zugefügt haben. Und das in vielen Fällen ohne dafür bestraft zu werden und – umso schlimmer – ohne dass die von dieser Gewalt Betroffenen ernst genommen und geschützt wurden. Das ist Vertuschung. […] Eine erste Zusage ist damit aber endlich eingelöst: Aufzudecken was war und was ist. Vertuschung aufzuklären und die Namen der Verantwortlichen zu nennen.”
Die Freistellungen erfolgten auf Basis der von Prof. Gercke zusammengefassten Einschätzungen und Auswertungen. In den nächsten Tagen folgen Personalgespräche, um die sich aus dem Gutachten ergebenden Konsequenzen für die genannten Verantwortungsträger zu klären.
In der Pressekonferenz stellte Professor Gercke die Methodik und den Aufbau des über 800 Seiten langen Gutachtens vor. Seine Bilanz über den Umgang mit Missbrauchsfällen im Erzbistum Köln innerhalb dieses Zeitraums: „Wir sind auf ein System der Unzuständigkeit, der fehlenden Rechtsklarheit, der fehlenden Kontrollmöglichkeiten und der Intransparenz gestoßen, das Geheimhaltung jedenfalls begünstigte und an dem viele Beteiligte mitwirkten, auch außerhalb des Erzbistums Köln. Dementsprechend dürfte nicht von „systematischer Vertuschung“ durch Verantwortungsträger des Erzbistums Köln zu sprechen sein, wohl aber von „systembedingter oder systeminhärenter Vertuschung“
Die Mitglieder des Betroffenenbeirats erhielten als erste das Gutachten. Ab heute 13 Uhr wird das Gutachten dann auf der Website des Erzbistums für die Öffentlichkeit vollständig zugänglich gemacht. Am 23. März gibt es, nach der Lektüre und Auswertung des Gutachtens, eine zweite Pressekonferenz, bei der weitere Konsequenzen vorgestellt werden, vor allem in den Bereichen weitere Aufarbeitung, Intervention und Prävention. Dann wird Kardinal Woelki, der das Gutachten heute erhalten hat, gemeinsam mit seinem Generalvikar Dr. Markus Hofmann detaillierter zu den Inhalten und Konsequenzen des Gutachtens Stellung nehmen können. Diese Vorgehensweise war schon bei der Beauftragung so vereinbart, um Interessenskonflikte und eine Einflussnahme zu verhindern. Eine Einladung zur Pressekonferenz am 23. März erfolgt gesondert.
Alle weiteren Informationen finden sie unter www.erzbistum-koeln.de/gutachten-aufarbeitung.
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