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Köln – Todestag am 17. Dezember 1978 :Kardinal Frings vor 40 Jahren gestorben

Datum:
17. Dez. 2018
Von:
Newsdesk/mth
Köln – Todestag am 17. Dezember 1978

"Liebe Erzdiözesanen" - so sprach Joseph Kardinal Frings bevorzugt die Gläubigen in seinem Erzbistum Köln an. Der 1887 in Neuss geborene Frings starb vor 40 Jahren, am 17. Dezember 1978, im Alter von 91 Jahren in Köln.

Der beliebte Geistliche leitete die Erzdiözese Köln von 1942 bis 1969 als Erzbischof und Kardinal. Eine besondere Bekanntheit hat ihn seine Silvesterpredigt 1946 eingebracht, in der er den Kohlenklau im Nachkriegswinter quasi legitimierte. Das Wort „fringsen“ ist in den deutschen Sprachgebrauch eingegangen und steht für „Mundraub begehen“. In den 50er Jahren gründete Frings außerdem die katholischen Hilfswerke Misereor und Adveniat und baute eine noch heute lebendige Partnerschaft zwischen dem Erzbistum Köln und dem Erzbistum Tokio auf.

 

Im Interview von DOMRADIO.DE blickt Prälat Norbert Feldhoff, der von Kardinal Frings 1965 zum Priester geweiht wurde, auf das Leben des Kardinals zurück.

 

DOMRADIO.DE: Wenn Sie zurückschauen auf die Zeit von Joseph Kardinal Frings, was kommt Ihnen als erste Erinnerung in den Kopf?

Dompropst em. Norbert Feldhoff: Er war für uns junge Studenten und Priester doch ein sehr alter Bischof. Und bei allem Respekt - auch vor dem, was er auf dem Konzil geleistet hatte - war bei uns doch der Wunsch deutlich: Hoffentlich kommt bald ein Wechsel. Also bei allem Respekt, er war über 80 und konnte ja kaum noch sehen. Er war kein hervorragender Prediger, da haben wir uns sehr lustig gemacht über ihn. Junge Leute haben ja eine gewisse Respektlosigkeit, auch gegenüber Bischöfen.

Aber gerade aus dem Abstand heraus, muss ich sagen, dass seine Leistung auf dem Konzil herausragend war. Ebenso das, was er als junger Bischof für die Bevölkerung getan hat. In der Silvesterpredigt 1946 machte er seine berühmte Aussage über das "fringsen" (Anm. d. Red.: eine etwas eigenwillige Interpretation der katholischen Soziallehre, dass das Klauen von Kohle und Essen in Notzeiten gut sei). Er hatte lange mit sich gerungen, ob er das machen sollte.

Dann kam sein mutiger Einsatz in der Nachkriegszeit gegenüber den Alliierten. Da war er ein mutiger Vertreter für die Rechte der Deutschen. Er hat sich für die Rückkehr der Gefangenen eingesetzt. Eine wichtige Tat für Deutschland war auch das Domjubiläum 1948. Es war die erste große Veranstaltung in Deutschland, an der prominente Vertreter der Kriegsgegner nach Deutschland kamen: Kardinäle aus Frankreich, aus England, aus Belgien aus Holland. Das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen. Drei Jahre nach Kriegsende war dies die erste weltweit beachtete Veranstaltung, an der prominente Vertreter der Kriegsgegner friedlich nach Deutschland kamen und mit uns feierten. Das hat er bewusst inszeniert, das war eine ganz große Tat.

DOMRADIO.DE: Was war er persönlich für ein Mensch?

Feldhoff: Er war sehr humorvoll, das ist auch in der Bevölkerung hängengeblieben. Er konnte spritzig und witzig sein. In den sechziger Jahren hat er sich Sorgen gemacht, ob er alles auf dem Konzil richtig gemacht hat. Er war da sehr mutig aufgetreten. An seiner Seite hatte er exzellente Berater, das war seine Stärke. Ihn begleiteten Generalvikar Teusch, Professor Jedin, der beste Konzilskenner, und der junge damals 35-jährige Professor Ratzinger, von dem keiner ahnte, dass er mal Papst werden würde. Der aber schon verschiedene Reden gehalten hatte, die das Konzil deutlich beeinflusst haben.

Kardinal Frings hat sich Sorgen gemacht. Er hatte Gewissensnöte, ob er vielleicht mit seinem mutigen Auftreten die Unruhe in der Kirche und in der Gesellschaft der sechziger Jahren mitverursacht hat. Da hat er auch öfter mit seinem Nachfolger Kardinal Höffner darüber gesprochen.

DOMRADIO.DE: Wenn Sie heute mit dem Abstand auf ihn schauen oder die Kirche auf ihn schaut: Was bleibt von ihm? Was ist sein wichtigstes Erbe, das er hinterlassen hat?

Feldhoff: Ich würde erst einmal pauschal sagen: Er war zweifellos einer der bedeutendsten deutschen Bischöfe im 20. Jahrhundert. Da gibt es auch andere bedeutende, aber er gehört zweifellos zu den bedeutendsten Bischöfen. Ich glaube, sein mutiges Auftreten auf dem Konzil und vor allem in der Kriegs-und Nachkriegszeit, das wird hängen bleiben.

DOMRADIO.DE: Er war maßgeblich dafür verantwortlich, dass Misereor und Adveniat gegründet wurden. War er tatsächlich ein Bischof der Menschen?

Feldhoff: Er hatte ja als Wahlspruch "Pro hominibus constitutus - Für die Menschen bestellt". Das hat er auch so gelebt. Ich habe neulich noch einmal nachgelesen: Bei der Beerdigung ging man mit dem Leichnam zum Rathaus. Der damalige Oberbürgermeister Franz Ziegler hat das meines Erachtens zu Recht herausgestellt. Er war ein Volksbischof. Auch sein rheinisch-humorvolles Wesen, neben den inhaltlichen Dingen, die ich erwähnt habe, hat ihn wirklich zu einem Volksbischof gemacht. Er war außerordentlich beliebt.

DOMRADIO.DE: Es gibt ja auch viele lustige Anekdoten von ihm. An welche erinnern Sie sich persönlich?

Feldhoff: Ich kenne nicht so viele der Anekdoten. Eine lustige Sache habe ich aber selbst mit ihm erlebt. Er war ja ein sehr kulturell gebildeter Mann, auch musikalisch. Er gehörte der Shakespeare-Gesellschaft an und er hörte jeden Abend Schallplatten auf einem ganz alten Plattenspieler. Ich war einmal die Woche sein Konzelebrant - sein Sekretär hatte einen Schulgottesdienst und konnte nicht und er konnte allein nicht mehr zelebrieren, weil er blind war. Nach dem Gottesdienst ging ich dann zu ihm frühstücken. So bestand über viele Jahre ein sehr enger Kontakt.

Einmal habe ich den Mut gehabt, ihm zu sagen: "Herr Kardinal, ich hab jetzt eine neue Stereoanlage. Kommen Sie doch mal zu mir ins Zimmer und dann führe ich Sie Ihnen vor." Da antwortete er: "Ja, da komme ich gerne, Herr Feldhoff, gut." Ich habe ein Beethoven-Stück aufgelegt, wegen der Stereo-Wirkung. Da kamen Kanonen drin vor, die knallten so schön rechts und links. Er hat ganz still gesessen und sich das angehört. Als es vorbei war, hat er gesagt: "Wissen Sie, auch wenn Mozart 60 Jahre alt geworden wäre, so etwas hätte er nie komponiert." Damit war der Fall erledigt. Er hat sich nie eine Stereoanlage angeschafft. Das werde ich nie vergessen, das war eine Dummheit von mir.

DOMRADIO.DE: Wie würde er heute auf den Zustand seiner Kirche blicken?

Feldhoff: Es ist gut, dass er tot ist und dass er das nicht erleben muss. Das wäre furchtbar für ihn. Schon in den 68er-Unruhen, die ihn sehr beunruhigt haben, wurden von jüngeren Priestern Glaubensfragen in Frage gestellt. Aber im Vergleich zum negativen Ansehen der Kirche heute, war das etwas weniger schlimm. Es ist gut, dass er jetzt nicht mehr lebt.

DOMRADIO.DE: Inweiweit ist Karidnal Frings ein Beispiel für die Menschen, für die Priester und Bischöfe heute?

Feldhoff: Ich glaube, ein wichtiges Beispiel ist seine grundsätzlich konservative, positive Haltung zur Kirche, dann aber auch sein mutiges Auftreten auf dem Konzil. Das hätte man von ihm vorher gar nicht so erwartet. Was wir heute bei den Priestern brauchen, ist, dass sie zu ihrem Bischof stehen aber ihm auch mutig ins Gesicht sagen, was sie meinen, wenn Sie nicht seiner Meinung sind. Diese Kombination aus Gehorsam und Offenheit scheint mir gerade in einer Krisenzeit ganz wichtig zu sein. Und im Grunde hat er das für mich gelebt.

Das Interview führte Ina Rottscheidt.

Joseph Kardinal Frings

Eine Predigt mit Folgen: Bedeutung des Wortes "fringsen"

Die handschriftliche Vorlage der Silvesterpredigt 1946 von Kardinal Frings

Vor 75 Jahren an Silvester 1946

Bitte: „Es gilt das gesprochene Wort“ - dieser Satz begleitet die Ansprachen hoher Persönlichkeiten, die vorab an Berichterstatter ausgeteilt werden. Von der nachfolgend betrachteten Ansprache gibt es indes kein Tonzeugnis, sondern nur ein schwer zu lesendes handschriftliches Konzept und einen nachträglich erschienenen Druck. Die Rede selbst wirkte wie ein Donnerhall. Unzählige Menschen beziehen sich noch heute auf sie. Worum geht es?

Silvester 1946 hielt der Kölner Erzbischof Josef Kardinal Frings in St. Engelbert in Köln-Riehl seine Jahresendpredigt. Seit Wochen war es eiskalt in Deutschland, ein Ende des strengen Winters nicht abzusehen. Hunderttausende Menschen lebten in den Ruinen ihrer Häuser, die Lebensmittel waren knapp, Kohlen und andere Brennstoffe für die Öfen kaum zu bekommen, die politische, moralische und allgemeine Lage miserabel. Frings predigte unter anderem über die zehn Gebote. Zum 7. Gebot (Du sollst nicht stehlen) sagte er zum Entsetzen der britischen Besatzungsmacht: „Wir leben in Zeiten, da in der Not auch der einzelne das wird nehmen dürfen, was er zur Erhaltung seines Lebens und seiner Gesundheit notwendig hat, wenn er es auf andere Weise, durch seine Arbeit oder Bitten, nicht erlangen kann“. Einige Sätze später folgte die Mahnung, den eventuellen Schadensersatz dafür nicht zu vergessen.

Die Folgen sind bekannt. Menschen, die etwa Briketts von Eisenbahnzügen oder Lebensmittel stahlen, um nicht zu erfrieren und zu verhungern, sahen sich nun moralisch bestärkt. Die Worte des Erzbischofs schienen ihnen eine Rechtfertigung für die Entwendung von Eigentum, die strafrechtlich im damals noch geltenden „Mundraub“-Paragraphen 370 StGB behandelt war. Offenbar - genau geklärt ist das nicht - nahmen die Kohlendiebstähle Anfang 1947 deutlich zu. Schnell kam für „Kohlenklau“ das Wort „fringsen“ auf, und dieses Kunstwort fand später sogar Eingang in ein „Lexikon der Umgangssprache“. Es ist bis heute gut bekannt.

Im Historischen Archiv des Erzbistums Köln existiert die handschriftliche Vorlage der Predigt. Die Blätter sind ein sehr authentisches und wahrhaft schwieriges Dokument der Zeitgeschichte! Die Handschrift ist schwer zu lesen, die Worte sind eng geschrieben und durch Streichungen und Zusätze selbst für einen Frings-Kenner kaum entzifferbar. Keine Äußerung steht näher zum Thema „fringsen“ als diese Predigtvorlage. Ganz deutlich wird, dass Frings seine Äußerungen nicht zufällig tat, sondern dass er sehr mit den Formulierungen gerungen hat.

Die gravierenden Konsequenzen, der Streit mit den Behörden, seine durch das Wort „fringsen“ angedeutete Popularität im Volk, haben Frings zeitlebens darüber nachdenken lassen, ob seine Wortwahl Silvester 1946 wohl die richtige gewesen sei.

Josef van Elten

Untergang trotz Segnung: Am 10. Januar 1952 segnete Kardinal Joseph Frings die PAMIR

Kardinal Frings während der Ansprache auf der Pamir

Es war die größte Schifffahrtskatastrophe der jungen Bundesrepublik: Der Untergang der „PAMIR“ am 21. September 1957. Das tragische Ende des Großseglers war aber mehr als eine reine Seefahrtstragödie. Ebenso wie die Sturmflut in Hamburg 1962 und der Grubeneinsturz von Lengede 1963 erschütterte der Untergang der PAMIR die junge, in der Wirtschaftswunderzeit der 1950er Jahre zunehmend an Erfolgsmeldung gewöhnte Bundesrepublik in einem bisher nicht gekannten Maße. Die PAMIR, schon damals als „der Stolz der deutschen Seeschifffahrt“ bekannt, erlangte durch diese Tragödie traurige Berühmtheit. Ihre Geschichte fasziniert die Menschen bis heute – erst kürzlich zog der gleichnamige Fernseh-Zweiteiler über fünf Millionen Zuschauer vor die Bildschirme.

Dokumente über die Viermastbark vermutet der Interessierte wohl eher in norddeutschen Archiven als im Historischen Archiv des Erzbistums Köln. Doch bergen die nun erweiterten Magazine dieses Hauses unvermutete Zeugnisse aus der Geschichte des Schiffes: 1951 kaufte der Lübecker Reeder Heinz Schliewen den in Deutschland gebauten Großsegler. Schliewen war beseelt von der Idee, die durch die beiden Weltkriege verloren gegangene Tradition der Segelschulschiffe für die Ausbildung von Schiffsoffizieren in Deutschland wieder aufleben zu lassen. Der Reeder wollte ganz sicher gehen: Nachdem das Schiff zunächst mit Hilfe von Bundesmitteln modernisiert worden war, musste es sich in einer ersten Probefahrt bewähren. An Bord: Bundespräsident Theodor Heuss.

So gerüstet hätte das Schiff nach Auffassung vieler Seeleute in hohe See stechen können. Doch Schliewen wünschte sich außerdem eine Segnung des Schiffes und der Mannschaft. Erzbischof Berning von Osnabrück, als Präsident des „Apostolates des Meeres“ für die Seemannsseelsorge an der deutschen Küste zuständig, war hierzu bereit. Doch wegen der großen Bekanntheit der PAMIR war der Reeder mit seiner Bitte auch an „den höchsten Vertreter der katholischen Kirche in Deutschland“ herangetreten: an den Vorsitzenden der Fuldaer Bischofskonferenz Kardinal Joseph Frings. Als dieser auch prompt zusagte, sah es für kurze Zeit so aus, also ob zwei Erzbischöfe an der Einsegnung teilnehmen würden. Der Reeder frohlockte, doch Kardinal Frings war das zuviel des Guten: „Dass zwei Erzbischöfe … nach Hamburg kommen, scheint mir nicht tragbar.“ Um dieses Problem zu lösen, zog Erzbischof Berning seine Zusage zurück. Damit war der Weg für Frings frei: Der Kardinal reiste nach Hamburg und erteilte Schiff und Mannschaft am 10. Januar 1952 seinen Segen. Kaum hatte er das Schiff verlassen, startete der Großsegler zu seiner ersten Fahrt nach Südamerika. Heinz Schliewen und die Mannschaft der „PAMIR“ blieben während der gesamten Dauer der ersten Reise mit Kardinal Frings in Verbindung. Der Erzbischof erkundigte sich mehrfach nach ihrem Wohlbefinden.

In Erinnerung an diese Zeit schenkte der Reeder dem Kardinal eine sehr aufwendig gestaltete Dokumentation mit Fotos von der Einsegnung und Detailaufnahmen der PAMIR. Diese Erinnerungen lagern – ebenso wie der Schriftverkehr der beiden Persönlichkeiten – heute im Historischen Archiv des Erzbistums Köln. Sie verdeutlichen das große Ansehen, das Kardinal Frings weit über die Grenzen seines Erzbistums in Deutschland genoss.

Stefan Plettendorff

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