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Licht und viel Schatten:Ehemalige Abtei Brauweiler feiert 1000. Gründungstag

Innenhof der Abtei Brauweiler
Datum:
13. Juni 2024
Von:
Newsdesk/boe
2024 wird als Jubiläumsjahr der Abtei mit vielen begleitenden Veranstaltungen gefeiert - jedoch auch die wechselhafte Geschichte in den Fokus genommen.

„Dem Gedenken der Opfer von Unrecht und Gewalt“ – das ist in großen Buchstaben aus einem beeindruckenden quadratischen Basaltblock gemeißelt. Eine in die Erde gelassene Bronzetafel vor dem Mahnmal gibt erläuternde Informationen: „Auf diesem Gelände befand sich bis 1968 die Arbeitsanstalt Brauweiler. In den Jahren des Nationalsozialismus war sie zeitweise auch Konzentrationslager und Gestapogefängnis. Hier wurden Menschen eingesperrt, gefoltert, zwangssterilisiert und der Tötungsmaschinerie ausgeliefert. Den Opfern zum Gedächtnis.“

Prof. Jürgen Rüttgers am Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus.

Die Gedenkstätte an die Opfer des NS-Terrors auf dem Areal der 1024 gegründeten und 1802 aufgehobenen Abtei wirkt ein bisschen versteckt. Mit Sicher-heit hätte es zentralere Stellen auf dem weitläufigen Gelände gegeben, um diesen steinernen Hinweis auf die schrecklichen Ereignisse während der Nazizeit stärker in das Bewusstsein der Passanten und Besucher zu heben. In diesen Tagen öffnet die Gedenkstätte Brauweiler nach einer umfangreichen Neugestaltung wieder ihre Türen. Im Keller des 1868 errichteten Frauenhauses, auf dessen Rückseite sich das Mahnmal befindet, ist im ehemaligen Zellentrakt eine neue Dauerausstellung zum Schicksal hier zwischen 1933 und 1945 inhaftierter Menschen zusammengestellt worden.

Gefangener Adenauer

Die beiden Historiker Josef Wißkirchen und Hermann Daners haben mit ihren Forschungen und der 2006 erfolgten Publikation „Was in Brauweiler geschah“ die wissenschaftlichen Grundlagen für die 2008 eröffnete Ausstellung geliefert. Zu den prominentesten Häftlingen der Nazis gehört der frühere Kölner Oberbürgermeister Konrad Adenauer.

Darstellung von Konrad Adenauer als Daniel in der Löwengrube, geschaffen vom Künstler Franz Pauli (1927-1970).

Nach dem gescheiterten Hitlerattentat steht auch er auf der Fahndungsliste der Gestapo. Die Schergen schrecken nicht davor zurück, Adenauers Frau so zu bedrohen, dass sie den Aufenthaltsort ihres untergetauchten Gatten verrät. Adenauer wird verhaftet und nach Brauweiler gebracht. Seine Ehefrau erleidet das gleiche Schicksal. Sie wird ebenfalls in Brauweiler inhaftiert. Aus Verzweiflung versucht sie, sich das Leben zu nehmen, kann aber in letzter Minute gerettet werden. Nach dem Krieg stiftet Adenauer für die Abteikirche ein Fenster. Es zeigt den deutschen Bundeskanzler als Daniel in der Löwengrube, umgeben von Raubtieren und beobachtet von einer Person, die die Gesichtszüge Adolf Hitlers trägt.

Von all dem können die sieben Benediktiner nichts ahnen, die am 14. April 1024 im Auftrag des Abtes Poppo von Stablo und auf Vermittlung des Kölner Erzbischofs Pilgrim in Brauweiler ein Kloster gründen. Zu dieser Zeit gibt es am höchsten Punkt des Ortes bereits eine kleine Kapelle, die von den Mönchen in den Neubau integriert wird. Warum ein in der damaligen Zeit bedeutender Abt sieben seiner Mitbrüder ausgerechnet an einen Ort unweit des „heiligen Kölns“ schickt, um hier ein neues Kloster zu gründen, hängt mit den Eigentümern der Ländereien zusammen.

Fensterdarstellung der Benediktiner.

Einige Jahre zuvor hat sich der Pfalzgraf Ehrenfried, genannt Ezzo, auf seinem Hofgut in Brauweiler mit Mathilde vermählt. Viele Zeitgenossen murren über diese Eheschließung, die als nicht standesgemäß angesehen wird. Mathilde ist schließlich die Tochter von Kaiser Otto II. und Theophanu, der Nichte des oströmischen Kaisers. Fakt ist, dass das Ansehen des Pfalzgrafen durch diese Heirat mächtig steigt. Durch eine Klostergründung und eine damit einhergehende großzügige Ausstattung soll diesem Bedeutungszuwachs sichtbarer Ausdruck verliehen werden.

Mathilde, die entscheidenden Einfluss genommen hat, das Kloster zu gründen, erlebt dessen Fertigstellung nicht. Sie stirbt am 4. November 1025. In der Mitte des Kreuzgangs findet sie ihre letzte Ruhestätte. Drei Jahre später, am 8. November 1028, weiht der Kölner Erzbischof Pilgrim die Kirche und die Abtei unweit seiner Bischofsstadt.

Splitter der hl. Lanze.

Verbindungen nach Polen

Nicht zuletzt Richeza, die Tochter Mathildes, ist es, die der Abtei durch großzügige Schenkungen zu Reichtum und Ansehen verhilft. Als Ehefrau des polnischen Königs Mieszko II., den sie 1025 heiratet, knüpft sie enge Bande zwischen Brauweiler und der Heimat ihres Gatten. Es sind Brauweiler-Mönche, die 1044 unweit von Krakau die Abtei Tyniec gründen. Ein reicher Reliquienschatz, darunter eine Armreliquie des heiligen Nikolaus, dessen älteste figürliche Darstellung nördlich der Alpen in der Abteikirche in Brauweiler zu finden ist, sowie ein Splitter der Heiligen Lanze, mit der der römische Soldat Jesus bei der Kreuzigung in die Seite gestochen haben soll, sind Ausdruck der Bedeutung der Abtei und Anziehungspunkte für Pilger von nah und fern.

Der Reichtum der Abtei weckt Begehrlichkeiten der Kölner Erzbischöfe. Immer wieder gibt es Streit um Macht, Einfluss und Ländereien. All dies endet abrupt nach dem Einmarsch der Franzosen 1794. Im Zuge der Säkularisation wird das Kloster aufgehoben, und die verbliebenen Mönche müssen ihre Abtei verlassen. 1809 beginnt die „Schattenzeit“ der Abtei. Anders als an vielen anderen Orten im französischen Herrschaftsgebiet bleibt sowohl der Kirche als auch den Abteigebäuden das Schicksal vergleichbarer Bauten, die auf Abriss verkauft werden, erspart.

Sieben Jahre nach der Vertreibung der Mönche wird in den leer stehenden Gebäuden eine „Maison de Correction“, eine Besserungsanstalt, eingerichtet. Als 1815 die Preußen im Rheinland die Macht übernehmen, setzen sie in Brauweiler die von den Franzosen eingeführte Nutzung der Gebäude fort.

Früher Klinik, heute Kultur

Niemand möchte aus heutiger Sicht wirklich wissen, welche Zustände hinter den hohen Abteimauern für die nächsten 170 Jahre herrschten, in denen Brauweiler als Arbeitsanstalt, Trinkerheilanstalt, Landesarmenhaus, Gefängnis, Konzentrationslager, dann bis 1969 wieder als Landesarbeitsanstalt und bis 1978 als Landeskrankenhaus dient.

Welch ein friedlicher Ort doch die ehemalige Abtei heute ist. Der Landschaftsverband Rheinland (LVR) kümmert sich mit Ausnahme der Kirche um den Erhalt der Gebäude und des Parks. Verschiedene Kultureinrichtungen haben hier ihren Sitz. Diverse Restaurierungswerkstätten des LVR sind hier ebenso beheimatet wie das Amt für Denkmalpflege.

Maulbeerbaum

Und nicht zu vergessen der Freundeskreis der Abtei Brauweiler, der mit großem Engagement dafür sorgt, dass über das Jahr zahlreiche hochklassige kulturelle Veranstaltungen – Konzerte im Marienhof, Ausstellungen oder Orgeldarbietungen in der Abteikirche – stattfinden. Mit großem Engagement kümmert sich auch der frühere NRW-Ministerpräsident Prof. Dr. Jürgen Rüttgers als Vorsitzender des Freundeskreises um das Kulturprogramm. Brauweiler ist heute ein Ort des „Lichtes“, der lohnt, besucht zu werden. Nicht nur, aber besonders im Sommer, wenn der 1000-jährige Maulbeerbaum im Osten der Kirche seine ganze Pracht entfaltet. Der Legende nach pflanzte Mathilde einen Zweig aus ihrem Hochzeitsstrauch an der Stelle, wo sich heute das Naturdenkmal befindet, aus dessen Früchten der Gelee „Mathildes Traum“ hergestellt wird.

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