Die Motivation für Verzicht fällt oft schwer. Inwiefern kann uns die Lebenshaltung der Schöpfungsspiritualität darin bestärken und motivieren christliche Tugenden zu leben? Für die Theologin Judith Göd beginnt auch die Entscheidung für ein nachhaltigeres Leben im Alltag mit der eigenen Lebenshaltung.
Judith Göd: Ein gutes Beispiel für gelebten Verzicht ist auch die Fastenzeit vor Ostern. Dieser Verzicht hat jedoch eine Motivation. Es geht nicht um Freiheit von etwas, sondern Freiheit für etwas. Ich könnte mir also überlegen, was habe ich selbst vom Verzicht oder von der Bescheidenheit.
Ich selbst lebe zum Beispiel in einer Zweizimmer-Wohnung. Ich brauche nicht mehr Räume putzen und spare Zeit. Diese Zeit investiere ich gerne darin, mit Freunden zusammen zu sein oder mir zu überlegen, wie unser Gemeindefest möglichst schöpfungssensibel gestaltet werden kann.
Das ist eine meiner Lösungen. Die passt nicht für jeden. Es geht nicht darum, dass meine Lösung die richtige Lösung für alle Menschen ist. Es geht mir darum, dass ich ermutigen möchte, zu reflektieren, was es sein kann, worauf ich verzichte und wie ich dieser Bescheidenheit etwas Positives im Sinne einer schöpfungsspirituellen Haltung abgewinnen kann.
Göd weiß jedoch auch, dass die Erwartung an das eigene Handeln schnell zu Überforderung und Frust führen kann. Wichtig sei in diesem Falle ein passender Vergleich: „Bei den Handlungen geht es nicht um Perfektion. Der Vergleich braucht nicht das Einmachglas mit dem Jahresmüll sein, das die Influencerin lächelnd in die Kamera hält. Der Vergleich bin ich selber. Was kann ich diesen Monat anders machen als letzten Monat.“
In der Gemeinde Schöpfungsspiritualität ins Glaubensleben integrieren
Nicht nur die beiden großen Kirchen, auch Pfarrgemeinden setzen sich im Kleinen mit ihren Möglichkeiten auseinander stärker für die Bewahrung der Schöpfung einzutreten. Dabei komme es nicht darauf an bereits zu wissen, was am besten für die Umwelt ist, sagt Judith Göd: „Organisieren Sie doch einen Info-Abend und lernen gemeinsam.“
Auch für schöpfungssensible Gemeindefeste gebe es zahlreiche Möglichkeiten gemeinsam zu überlegen: Wie wäre ein plastikfreies Gemeindefest? Muss es wirklich ein neues weißes Kommunionkleid oder ein Anzug sein oder reicht nicht auch ein Second-Hand-Kleid/Second-Hand-Anzug, oder eine Albe für alle Kinder und darunter bunte Kinderkleidung? Viele Gemeinden praktizieren bereits Feste wie Erntedank oder eine Tiersegnung, um das Thema Schöpfungsverantwortung stärker zu thematisieren.
Dranbleiben – auch nach Erfahrungen des Scheiterns - sei das Wichtigste, so Judith Göd. „Es lohnt sich nach jedem Scheitern zu reflektieren und wieder aufzustehen. Bleiben Sie verbunden mit sich, Gott und der Mitwelt, dann haben sie den ersten Schritt in Sachen Schöpfungsspiritualität schon geschafft.“