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Würdevolles Sterben – nicht auf der Straße:Die Stiftung „Pace e Bene“ kümmert sich um todkranke Obdachlose

Sie bilden den Stiftungsrat (von links): Rudger von Plettenberg, Dr. Philipp Wittmann, Dr. Kirsten Lange-Wittmann und Schwester Christina Klein.
Datum:
14. Aug. 2024
Von:
Newsdesk/boe
Obdach- oder wohnungslose Menschen nicht allein auf der Straße sterben zu lassen, sondern ihnen für ihre letzten Momente ein wenig Würde zurückzugeben, ist ihre Motivation: Schwester Christina hat die Kölner Stiftung Pace e Bene mit ins Leben gerufen.

Eines Tages ist Gigi verschwunden. Monatelang hat er in unmittelbarer Nähe eines Supermarktes auf dem Kölner Eigelstein auf der Straße „gewohnt“. Die Pappe, auf der er in seinem Schlafsack schlief, schützte ihn nur wenig vor der Kälte aus dem Boden. Hin und wieder versorgten ihn Passanten mit Essen und Trinken.

Auch für Schwester Christina Klein war Gigi kein Unbekannter. Die Franziskanerin arbeitet in Köln als Obdachlosenseelsorgerin. In der Szene kennt sich die zierliche Frau aus: Sie leitet nicht nur das Obdachlosenzentrum Gubbio in der ehemaligen Franziskanerkirche, sondern verbringt einen Großteil ihrer Arbeit auf der Straße – dort, wo Menschen, die kein Zuhause haben, leben.

Ein Schicksal von zu vielen

Gigis Leiche wird einige Tage nach seinem Verschwinden in einem Gebüsch gefunden, nur wenige Meter von seinem Schlafplatz entfernt. Wie lange sein Körper dort gelegen hat? Niemand kann es mit Sicherheit sagen. Fakt ist, dass Passanten tagelang an dem Toten vorbeigegangen sind, ohne ihn zu bemerken.

Schwester Christina hat bei ihrer Arbeit auf der Straße schon viel erlebt. So schnell kann die taffe Franziskanerin nichts aus der Bahn werfen. Doch Gigis Schicksal berührt sie besonders, weil es für sie wieder einmal eine existenzielle Frage aufgeworfen hat: „Wie, wo und unter welchen Bedingungen sterben eigentlich Menschen, die auf der Straße leben?“

Schlafplatz unter einer Brücke

Das Thema hat sie gepackt. Bei jeder sich bietenden Gelegenheit erzählt sie davon – und von ihrem Traum: einem Haus oder mindestens einer Wohnung, in der obdachlose Menschen in Ruhe, Würde und Geborgenheit sterben können.

Der heilige Franziskus als Vorbild

Schwester Christina kommt mit Dr. Philipp Wittmann ins Gespräch. Der Diplom-Theologe ist im Erzbischöflichen Generalvikariat als Bereichsleiter Diakonische Pastoral mit dem Themenkomplex vertraut.

Wittmann erinnert sich noch genau an die erste Begegnung mit Schwester Christina. „Ich bin berührt nach Hause gegangen und habe meine Frau gefragt: ‚Wollen wir uns da engagieren?‘“ Kirsten Lange-Wittmann, eine promovierte Kunsthistorikerin, fängt auch sofort Feuer.

Das Ehepaar ist bereit, einen Geldbetrag für diesen Zweck zur Verfügung zu stellen. Viele Gespräche folgen. Die Idee einer Stiftung entsteht. Ein Name ist schnell gefunden: „Pace e Bene“-Stiftung soll die Initiative heißen. „Pace e Bene“ – „Frieden und Wohlergehen“ ist der Gruß des heiligen Franziskus.

Einen Rückzugsort schaffen

Der Name ist Programm, das Ziel auch sehr schnell definiert: „Wir möchten in zentraler Lage in der Domstadt ein Haus oder eine Wohnung bekommen, in der wir sterbenskranken obdachlosen Menschen am Ende ihres Lebensweges einen Ort anbieten, an dem der Kampf um das Überleben in den Hintergrund tritt und Menschen sich in die Obhut Gottes begeben können“, so Philipp Wittmann.

Dass mit einem solchen Ort besondere Herausforderungen verbunden sind, ist den Initiatoren der Stiftung bewusst. „Die Menschen, die in dem Haus Gäste sein werden, bringen unter Umständen ihre Suchtproblematik mit, die sie am Ende ihres Lebens nicht bewältigt haben werden. Auch muss das Haus oder die Wohnung offen sein, dass die Gäste ihre sozialen Kontakte weiter pflegen und gegebenenfalls auch ihre Hunde mitbringen können“, sagt Kirsten Lange-Wittmann.

Verschiedene Möglichkeiten bieten

Ein weiterer Aspekt müsse in diesem Zusammenhang berücksichtigt werden, so ihr Mann: „Wer ein Leben lang unter freiem Himmel gelebt hat, der hat unter Umständen Probleme damit, in einem Zimmer zu leben. Deshalb sollte es in ,unserem Haus‘ auch die Möglichkeit geben, im Garten in einem Zelt zu schlafen.“

Zuletzt hat sich für dieses Ziel eine Perspektive aufgetan: Der Regens des Kölner Priesterseminars, Pfarrer Regamy Thillainathan, möchte mit der „Pace e Bene“-Stiftung zusammenarbeiten und bringt unter anderem die Nutzung einer Mehrzimmerwohnung im Gebäudekomplex des Priesterseminars ins Spiel. Im Rahmen dieser Zusammenarbeit könnten die Seminaristen bei der Versorgung der obdachlosen Frauen und Männer mithelfen. Denn dass eine solche Einrichtung mit einem großen Betreuungsbedarf einhergeht, ist klar.

Ein Netz der Hilfe

„Jemand muss sich um die Bewohner kümmern, sie versorgen, das kann auch heißen, ihnen Alkohol zu geben, um die Sucht zu befriedigen“, nennt Wittmann die besondere Problematik ungeschminkt beim Namen. Neben anderen hat auch der Sozialdienst Katholischer Männer (SKM) seine Unterstützung signalisiert.

Die Wittmanns und Schwester Christina überzeugen mit ihrem engagierten Vorhaben den Kölner Katholikenausschuss und den Gesamtverband der katholischen Kirchengemeinden der Stadt Köln. Rudger von Plettenberg, Geschäftsführer des Gesamtverbands, wird viertes Mitglied des Stiftungsrates. Organisatorisch ist die „Pace e Bene“-Stiftung an die CaritasStiftung angebunden, die die Verwaltungsaufgaben übernimmt. Gestartet ist die Stiftung – neben dem Beitrag der Eheleute Wittmann gab es andere Spenden – mit einem Kapital von rund 50.000 Euro.

Inzwischen hat es zahlreiche weitere Spenden und Zustiftungen gegeben, sodass jetzt ein sechsstelliger Betrag das Kapital bildet. Ein guter Beginn, aber lange nicht ausreichend, um die demnächst anfallenden Kosten aus den Erträgen decken zu können. Deswegen wird weitere Unterstützung für das deutschlandweit einzigartige Projekt benötigt.

Wie denken die Menschen, die auf der Straße leben, über die Pläne der Stiftung? „Ich habe viele positive Rückmeldungen bekommen“, sagt Schwester Christina. Fakt sei aber auch, dass das Thema „Tod und Sterben“ sehr angstbesetzt sei und gerne verdrängt werde, weiß die Seelsorgerin aus jahrelanger Erfahrung. „Wir möchten jedenfalls alles tun, damit sich ein Schicksal wie das von Gigi nicht mehr so oft in Köln wiederholt. Dafür machen wir uns stark.“ 

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