Der Fußmarsch zur Hügelstadt Assisi löst noch einmal eine andere Art Pilgergefühl in mir aus. Mein Rucksack ist schwer bepackt und die Sonne scheint heiß vom Himmel, aber es fühlt sich richtig an, die letzten beiden Kilometer zu unserer Zieldestination zu Fuß zurückzulegen. Franziskus, der ein Leben in Bescheidenheit und Armut führte, hätte es bestimmt nicht anders gewollt, als das man wenigstens die letzten Kilometer mit der eigenen Muskelkraft ans Ziel gelangt.
Der Weg führt uns an Olivenbäumen vorbei. Eine Gruppe hört Musik mit einer Bluetooth-Box. Und begleitet von Popmusik und Hiphop erhebt sich vor uns hell und malerisch Assisi mit seinem beeindruckenden Kloster.
Schaut gerade jemand von der Stadt hinab ins Tal, so kann er wahrscheinlich eine ausgewachsene Prozession von Jugendlichen beobachten, die sich den Hügel hinaufbewegt. Dieser Eindruck bleibt sicher ewig. Hoffen wir also mal, dass dieses Bild nicht unbemerkt blieb.
Allgegenwärtig ist in der Stadt Assisi das Andenken an den Heiligen Franziskus, oder auch Franz von Assisi genannt. Denn hier befindet sich nicht nur sein Geburtsort, sondern auch die Grabstätte des Heiligen in einem Steinsarkophag in der Basilika di San Francesco.
Souvenirs und Denkmäler findet man an jeder Ecke. Aber auch die Ordensbrüder des Franziskanerordens – erkennbar an ihren dunklen Kutten -, prägen das Stadtbild.
Fragerunde mit einem Franziskaner
Die Minigruppe aus Neviges hat heute das Glück mit einem Franziskaner zu sprechen. Der 28-jährige Novize ist nämlich zufälligerweise Deutscher und ein Freund von Gruppenleiter Abbé Phil. Und die Gelegenheit, den jungen Mann mit Fragen zu seinen besonderen Lebensumständen zu löchern, lassen sich die Minis natürlich nicht entgehen. Zu meinem Glück, darf ich auch dabei sein.
„Was lernt man alles in der Ausbildung zum Ordensbruder?“ „Wie sieht der Tagesablauf im Kloster aus?“ „Welche Musik hört ein Mönch?“ „Und was trägt man eigentlich unter der langen Kutte?“ Dies sind nur einige der Fragen, die an diesem Nachmittag an den Novizen gerichtet werden. Welch ein Glück, dass die Jugendlichen aus Neviges an genau den richtigen Ansprechpartner für diese Fragen geraten sind, denn dieser beantwortet geduldig und mit großer Begeisterung und Witz alle Fragen.
Ein üblicher Tag im Franziskaner-Kloster besteht aus vielen Stunden Gebet, Unterricht und unterschiedlichen Gottesdiensten. Natürlich gibt es aber auch eine Siesta mit Zeit zur freien Verfügung. Die nutzt unser Gastgeber zum Sport treiben, Lesen und Schlafen. Bei ihrem täglichen Unterricht im Kloster lernen sie unter anderem etwas über die Geschichte des Ordens, die Schriften des Heiligen Franziskus und die Grundzüge des katholischen Glaubens. Nicht minder wichtig ist es aber auch zu lernen, wie man in der Gemeinschaft und in Armut lebt. Ein weiteres Lernziel ist zeitintensives Beten, was schwieriger als gedacht sei. Seit dem Einzug ins Kloster vor zwei Jahren höre er nicht mehr so oft Musik, räumt der Franziskaner ein. Aber was er schon immer gerne mochte ist Musik mit viel Bass. Und die Klamotten unter der Kutte? Die sind bequem, gibt er schmunzelnd zu. Meistens sei es Sportkleidung.
Faszination Franziskus von Assisi
Was ist nun das Besondere und Unvergessliche an dem Gespräch der Minis aus Neviges mit dem Novizen in Assisi? Natürlich ist es, spannende Antworten über eine ganz andere Lebenswelt aus erster Hand zu erhalten. Und der Novize ist sehr sympathisch und das Gespräch total nett, da sind sich sicherlich auch alle einig. Trotzdem meine ich, dass es noch etwas Anderes ist, das den Moment im Kloster zu etwas Ewigem gemacht hat: Der Novize teilt auch seine Faszination mit Franziskus mit uns, der eine radikale Ehrlichkeit vor Anderen und vor Gott gelebt hat. „Franziskus hat sich nackt vor Gott gestellt und gesagt: ich bin klein, arm und nackt und brauche deine Liebe“, erzählt der Novize den Jugendlichen. Und wie schwierig das ist verdeutlicht er mit seiner persönlichen Geschichte. Obwohl sein Bauchgefühl schon früh gesagt habe, dass Gott etwas von ihm will und nicht loslässt, habe er viele Jahre lang damit verbracht Gott zu erklären, warum er nicht Bruder werden kann. Dass der Novize diese Geschichte mit ihrem aktuellen Ausgang mit uns teilt – letztlich hat er sich Gott doch anvertraut und lebt nun in einem bedeutenden Pilgerort –, fühlt sich besonders an. Ich glaube, auch die Minis sind dankbar für diese schöne Begegnung.