Mit Festa paschalia greifen der figuralchor koeln und die Künstler Union Köln die Kölner Tradition der Konzerte zum Osterfest auf. Besondere inhaltliche und räumliche Akzente lassen die Musik über das Konzert hinaus zum umfassenden Kunsterlebnis werden.
Zum Osterfest 2008 startet die Reihe Festa paschalia mit zwei Konzerten.
BORDESHOLMER MARIENKLAGE 1476 „Kölner Version 2008“
Karsamstag 22. März 2008 16:00 Uhr Trauerhalle Melatenfriedhof
Ars Choralis Coeln; Ltg. Maria Jonas
Die berühmte „Bordesholmer Marienklage“ ist den Mariengestalten am Fuß des Kreuzes gewidmet. Ergreifend singen die drei Marien von ihrem Schmerz. Das Johannesevangelium beschreibt die Szene: Bei dem Kreuz Jesu standen seine Mutter und die Schwester seiner Mutter, Maria, die Frau des Klopas, und Maria von Magdala (Joh 19, 15). Die Szene wurde in der kleinen norddeutschen Stadt Bordesholm in eine ergreifende Musik umgesetzt. Diese norddeutsche Marienklage ist das erste liturgische Passionsspiel in deutscher Sprache, das die Gefühle der Frauen expressiv musikalisch charakterisiert. Aus der bis heute erhaltenen Beschreibung der Uraufführung ist bekannt, dass zwischen den Liedern Texte in einem mittelalterlichen Plattdeutsch rezitiert wurden. Die Fassung der „Kölner Version 2008“ ersetzt diese Texte durch musikalische Meditationen des 15. Jahrhunderts. Die Aufführung entstand auf Einladung der „Styriarte“ und ihres Osterfestspiels „Psalm“. Ars Choralis eröffnet mit der „Kölner Version 2008“ der Bordesholmer Marienklage die Konzerte zur diesjährigen Festa paschalia.
DER MESSIAS G. F. HÄNDEL
Ostermontag 24. März 2008 15/18/21 Uhr Müllverbrennungsanlage Niehl – Oberlandesgericht Köln – St. Ursula Köln
figuralchor köln, Orchester Harmonia Parnassia unter Leitung von Wolfgang von Kessinger, Ingrid Schmithüsen, Henning Voss, Max Ciolek und Thilo Dahlmann
Gesamtleitung Richard Mailänder.
Ostermontag 2008 wird das Oratorium Messias von Georg Friedrich Händel im Rahmen der Festa paschalia aufgeführt. Die musikalische Aufführung erfährt durch ein besonderes räumliches Konzept eine ungewohnte Intensität. Die Einheit von sakraler Musik und gewohntem Aufführungsort, ob Kirche oder Konzertsaal, wird aufgebrochen. Die drei Teile des „Messias“ kommen an drei verschiedenen Orten zur Aufführung. Der Zuhörer ist aufgefordert, sich durch diese Aufführungspraxis auf den Weg zu machen. Er muss sich an jedem neuen Ort einfinden und wird zur Auseinandersetzung mit Ort und Musik angeregt.
Im Dunkel ein Licht
15:00 Uhr Müllverbrennungsanlage Köln Niehl (AVG Köln Niehl, Geestemünder Str. 23)
Der erste Teil des Oratoriums mit dem Titel „Im Dunkel ein Licht gerät in ein Umfeld, das die schmerzhafte Spannung von Dunkelheit und Licht zum Ausdruck bringt.Vor dem Konzert konfrontieren Bildprojektionen mit der Problematik, die der Aufführungsort der Müllverbrennungsanlage auslöst. Die Musik und ihre Botschaft verlassen den kirchlichen Raum und stellen sich einer verdichteten Problemzone der Gesellschaft. Das Weggeworfene, der Ausschuss thematisieren die Schattenseite der Wirklichkeit: Krankheit, die die Gesundheit bedroht, Arbeitslosigkeit, die als Tribut des ökonomischen Zwangs herhalten muss, das Gefälle von Wohlstandszonen und Armutsstaaten. An diesem verstörenden Ort erfährt die Botschaft von der Geburt Jesu Christi neue Dringlichkeit. Sie ist das große Hoffnungszeichen in der individuellen und gesellschaftlichen Leidensgeschichte.
Schau hin und sieh.
18:00 Uhr Treppenhaus des Oberlandesgerichts Köln (Reichenspergerplatz )
Der zweite Teil – Passion und Auferstehung Christi – mit dem Titel „Schau hin und sieh“ wird im Treppenhaus des Oberlandesgerichtes in Köln aufgeführt An diesem Ort menschlicher Gerichtsbarkeit erfährt die musikalisch erlebbare Passion eine neue Spannung. Was ist Gerechtigkeit? Wer richtet? In wessen Namen wird gerichtet? Die Musik der Passion und dieser historische Kölner Ort fordern eine Auseinandersetzung jedes einzelnen mit der Frage nach Recht und Unrecht. Rechtsstaatliche Gerichtsbarkeit ist unverzichtbar, eine Selbstverständlichkeit ist sie nicht. In vielen Ländern der Welt ist sie bedroht von Willkür und Diktatur, auch die jüngere deutsche Vergangenheit weiß von der Gefährdung der Rechtsstaatlichkeit. Jesus Christus gerät in ein zwielichtiges und undurchsichtiges Verfahren, das ihn zum Tode verurteilt. Passion und Auferstehung Christi stellen – an diesem Ort aufgeführt – eindringlich die Frage nach der Gerechtigkeit, nach der Wahrheit.
Mein Erlöser lebt.
21:00 Uhr Basilika St. Ursula Köln (Ursulaplatz)
Der dritte Teil des Oratoriums mit dem Titel „Mein Erlöser lebt“ führt nach St. Ursula. Der Sakralbau birgt in der Golden Kammer die Reliquien der hl. Ursula und ihrer Gefährtinnen. Die Überlieferung schildert sie als Menschen, die um des Glaubens willen ihr Leben gaben. Eine moderne Kammer erinnert an die Märtyrer des 20. Jahrhunderts, an Edith Stein, Nikolaus Groß und andere. In diesem sakralen Raum erklingt die zentrale Botschaft des Oratoriums: Mein Erlöser lebt. Die Besucher der Aufführung reihen sich ein in die Schar der Menschen, die sich an diesem Ort seit mehr als tausend Jahren zur Feier der Auferstehung Jesu Christi zusammenfinden. Beim Betreten des Gotteshauses werden die Teilnehmer durch eine Videoinstallation bewusst einbezogen in die Aussage des Oratoriums: Mein Erlöser lebt.
So bedeutet der Gang in den Kirchraum keinen Rückzug ins Binnenkirchliche, sondern ein neues Ankommen nach dem Weg, den die gesamte Aufführung genommen hat. Die Kirche als Symbol für das Himmlische Jerusalem steht für diesen Teil der Aufführung.
Die eintrittsfreie Aufführung spricht Menschen an, die in den vergangenen Jahren in großer Zahl die Osteraufführungen des Figuralchores Köln verfolgt und besucht haben. Der erfahrungsgemäß hohen Qualität der Aufführung verdankt der Figuralchor einen festen Platz unter den zahlreichen Vertretern historischer Aufführungspraxis in und um Köln. Außerdem möchte dieses Konzert die in der Vergangenheit sehr erfolgreichen, aber in diesem Jahr nicht verwirklichten Konzertreihen zu Ostern (feste musicali) fortsetzen. Die Aufführung ist ganz der hohen Qualität der zeitgenössischen Händel-Interpretation und Rezeption verpflichtet. Die Auswahl erstklassiger Vokalisten und Instrumentalisten gewährleistet dies.
Darüber hinaus will das Projekt Menschen erreichen, die nicht zum normalen Konzertpublikum gehören. Das populäre Werk ermöglicht einen leichten Zugang. Die unterschiedlichen und unüblichen Orte trennen das Werk jedoch von der häufig zitierten Hemmschwelle, einen Konzertsaal zu betreten. Gleichzeitig reizt die Ungewöhnlichkeit des Projekts und macht neugierig. Das gemeinsame Reisen von Ort zu Ort zeigt Parallelen zu Prozessionen und bringt Orte in Beziehung, die durch das Oratorium in eine überraschende Verbindung gebracht werden.
Der figuralchor köln wurde 1986 von Richard Mailänder, Erzdiözesankirchenmusikdirektor des Erzbistums Köln, gegründet. Der Chor will geistliche Musik erleben und erlebbar machen. Traditionell gestaltet er zu Ostern ein Konzert gemeinsam mit der Künstler-Union-Köln. So wurden bereits viele seltene oder in Köln noch nie aufgeführte Werke zu Gehör gebracht, wie La Resurrezione von Händel, das Oratorium Christus von Liszt, zahlreiche Bachkantaten, mittelalterliche Mysterienspiele u.v.m.
Weitere Informationen:
www.festa-paschalia.de
www.figuralchor-koeln.de