Manuskript Fr. Schlegels von 1806 mit arabischen und indischen Schriftzeichen (Hier klicken für eine größere Bildansicht)
„Das ganz vollendete und vollkommene Verstehen selbst aber“, so endet abrupt, mitten im Satz, schon auf S. 7 das Manuskript zu „Philosophie der Sprache und des Wortes“. Es sind dies die letzten Worte, die der berühmte Philosoph, Historiker und Universalwissenschaftler Friedrich Schlegel damals in Dresden im Rahmen seiner letzten Vorlesung eigenhändig zu Papier brachte; kurz vor seinem Tod am 12. Januar 1829.
Schlegel, 1772 in Hannover als Sohn eines lutherischen Pastors geboren, gilt, neben seinem Bruder August Wilhelm (Literaturprofessor in Bonn), als einer der wichtigsten Vertreter der Jenaer Frühromantik und Mitbegründer der modernen Geisteswissenschaften, zusammen u.a. mit Schelling, Görres, Schleiermacher und Hegel. Das Historische Archiv verwahrt seit 2008 im Auftrag der Görres-Gesellschaft einen beachtlichen Teil seines Nachlasses, fast 70 Manuskripthefte. Bezogen nur auf die Manuskripte besitzt offensichtlich weltweit keine Institution mehr an Schlegelobjekten.
Schlegel, der in Jena Herder und Goethe näher kennengelernt hatte, ging 1802 nach Paris. Von dieser Zeit an beschäftigte er sich auch mit dem Studium des Indischen und Persischen. Bekannt ist seine Schrift „Über die Sprache und Weisheit der Inder“, die sich ebenfalls als Original im Archiv befindet. Schlegels Einfühlung in die Kultur des Orients wird eindrucksvoll sichtbar auf dem Titelblatt des Manuskriptes „Zur Philosophie, 1806 I“. Darauf hat er mit seiner Feder Schreibübungen in arabischen und indischen Schriftzeichen gemacht.
1804 begab er sich auf Anregung Boisserées nach Köln, wo er z.B. Beobachtungen zur „Köllnischen“ Mundart auflistete, etwa: „Mösch - Sperling; Butz/Buß/Bützchen - Kuß; drießen - cacare“; usw. In Köln wurde aber auch sein Interesse für den Katholizismus stark. 1808 konvertierte Schlegel, den seinerzeit die freiheitlichen, Gesellschaft verändernden Ideen der französischen Revolution begeistert hatten, zur katholischen Kirche. Die Domschatzkammer verwahrt bis heute einen Kelch, den die Witwe Schlegels, Dorothea geb. Mendelssohn, 1829 in Erinnerung an die Konversion der Eheleute dem Kölner Dom stiftete. Dorothea – selbst Schriftstellerin –, die 1798 ihren jüdischen Ehemann verließ, um mit Schlegel zusammenzuleben, konvertierte mit dem Protestanten Schlegel in Köln, nachdem Sie ihn 1804 in Paris geheiratet hatte und zuvor evangelisch getauft worden war.
Ulrich Helbach