Am 12. Mai 1422 befahl Papst Martin V. (1417-1431) dem Abt von Groß St. Martin in Köln, er möge eventuelle Unregelmäßigkeiten bei der Verwaltung des Kirchenvermögens der Pfarrei St. Laurentius in Köln untersuchen. Am 26. Februar 1503 bestätigte Papst Julius II. (1503-1513) den Kirchmeistern derselben Pfarrei, dass sie ihren Pfarrer frei wählen dürften. Beide Texte liegen als lateinische Urkunden vor, sind auf bestem Pergament geschrieben und mit einem Bleisiegel versehen.
Die inhaltlichen Zusammenhänge werden deutlich durch eine Vielzahl weiterer Urkunden, die sich noch heute im Archiv der im Mittelalter gegründeten und um 1802 aufgehobenen Pfarrei St. Laurentius in Köln befinden. Die Pfarrkirche lag schräg gegenüber dem Rathaus am Laurenzplatz, das Pfarrgebiet umfasste gerade einmal rund zehn Straßen und wenige Häuserblocks.
Was aber macht diese Stücke eigentlich interessant? Einerseits ihr Inhalt, der noch in einem größeren Zusammenhang darzustellen wäre. Der Papst kümmerte sich auf Anfrage auch um die Angelegenheiten einer Minipfarrei und zeigt damit, dass er die Kirchenleitung im vollen Sinn und bis in die letzte Ecke der Christenheit ausübte. Dann aber ist es auch ihr kurioser Fundort. Die Stücke befanden sich bis vor kurzem in drei vollgestopften Archivkartons, die auf einer Karteikarte wie folgt verzeichnet waren: „Diverse Stiftungsurkunden, 15.-18. Jahrh[undert]. In drei Kästen.“ Diese Karte stammt etwa aus dem Jahre 1910, als der Archivar Johannes Krudewig die Urkunden und Akten des alten Domarchivs verzeichnete. Seine Verzeichnung war insgesamt gut; indes hatten er und seine Auftraggeber den Arbeitsumfang wohl falsch eingeschätzt, denn als die vereinbarten Projektmittel und -zeiten am Ende waren, lagen noch Dutzende von Stücken auf dem Tisch. Ohne Aussicht auf Verlängerung seines Vertrages griff Krudewig damals zum letzten Mittel, das ihm zur Abschluss seiner Arbeit geboten schien: zu einer unspezifizierten Sammelverzeichnung.
Jüngst kamen bei einer Neuverpackung des Bestandes neben den erwähnten Stiftungsurkunden auch unsere beiden Papsturkunden zum Vorschein, und so erleben Archivare als auch Archivbenutzer bis heute immer wieder Überraschungen in Form von unentdeckten Schätzen, die sich in längst bekannten Beständen verbergen.
Josef van Elten