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Mittelalterlicher Rotulus - Pergamentrollen

Vom Rollen und Wälzen. Mittelalterliche Pergamentrotuli im Archiv

2,30m langer Rotulus aus St. Severin in Köln, 1331

Wer kennt nicht entsprechende Szenen aus Mittelalter-Filmen oder von Mittelaltermärkten, bei denen der Darsteller eine Rolle hervorholt und etwas daraus verkündet oder zitiert? Als typisch mittelalterlich mag dabei insbesondere die Form erscheinen, in der das Schriftgut als Rolle komponiert ist.

Tatsächlich gibt es solche mittelalterlichen Rotuli, wie sie mit dem lateinischen Fachbegriff bezeichnet werden; aber zahlenmäßig haben sie im Vergleich zu Urkunden und Amtsbüchern keine große Bedeutung. So sind in den Beständen des Historischen Archivs neben ca. 5.000 Urkunden gerade mal acht Rotuli zu finden. Diese Zahlenverhältnisse spiegeln wider, dass sich diese Kompositionsform von Schriftgut im Mittelalter eigentlich schon überlebt hatte: In der Antike entstanden und gebräuchlich, kannte seit der Spätantike man den Kodex als einen gebundenen Block von Bögen, meist aus Pergament. Solche eine Buchform war schlichtweg leichter handhabbar, und insofern stellt der Siegeszug des gebundenen Buches eine ähnlich einschneidende mediale Neuerung dar wie Jahrhunderte später zunächst der Buchdruck sowie in unserer Zeit die EDV.

Ein mittelalterlicher Rotulus wird nicht mehr – wie in der Antike – seitwärts aufgerollt, sondern von oben nach unten gelesen und besteht aus Pergamentblättern, die an den Ober- und Unterkanten aneinandergenäht wurden. Inhaltlich enthalten solche Rotuli häufig Zeugenverhöre und ähnliche Vorgänge aus der Gerichtssphäre sowie Steuerlisten wie etwa die berühmte „pipe rolls“ in England. In Begriffen wie der „Grundsteuermutterrolle“ oder dem „wälzen“ (Synonym zu „rollen“) von Büchern haben sich Spuren des Gebrauchs von Rotuli noch bis in unseren Alltag erhalten.

Unter den im Historischen Archiv des Erzbistums Köln aufbewahrten Rotuli befindet sich auch ein 1331 entstandenes Exemplar aus dem Kölner Stift St. Severin. Er ist stolze 2,30m lang, am unteren Ende besiegelt und enthält das Protokoll eines mehrjährigen Rechtsstreites zwischen dem Stift St. Severin und einem seiner Stiftsherren, bei dem es um die Frage der Patronatsrechte an der Pfarrkirche in Porz-Urbach ging.

Joachim Oepen