Hin und zurück. Der jüngere Schrein des hl. Hippolyt in St. Margareta in Düsseldorf-Gerresheim
Hein Wimmer, Köln, 1959
Schrein: Silber getrieben, Holzkern, Email, Amethyste
Höhe 35 cm, Breite 50,5 cm, Tiefe 30,5 cm
Tragekonstruktion: Holz, Messing
Höhe 7,5 cm, Breite 54,5 cm, Tiefe 39 cm
Reliquien waren nicht nur im Mittelalter des Öfteren auf Reisen. Dafür steht beispielhaft die Geschichte der sterblichen Überreste des um 235 verstorbenen heiligen Hippolyt(us), dessen Name aus dem Griechischen stammt und „Pferdeführer“, „-ausspanner“ oder „-bändiger“ bedeutet. Unter diesem Namen werden in der Überlieferung verschiedene Personen zusammengefasst: ein Schüler des Theologen Novatian (um 200–um 258), ein Priester, ein Bischof von Porto, ein Märtyrer von Antiochia und schließlich ein römischer Soldat und Kerkermeister des heiligen Laurentius.
Hippolytreliquien finden sich heute an mehreren Orten in Europa; zwischen Köln und Düsseldorf wurden sie im Lauf der Geschichte hin und her bewegt. Im ehemaligen Damenstift im heutigen Düsseldorfer Stadtteil Gerresheim sind sie – von Rom kommend – urkundlich seit dem 10. Jahrhundert belegt. Möglicherweise hatte der Gründer des Gerresheimer Damenstifts, der fränkische Edelherr Gerrich (lat. Gerricus), sie um 870 erworben und damit seine Stiftung ausgestattet. Es handelte sich dabei wahrscheinlich um die Gebeine, die erst bei der zweiten oder dritten Übertragung innerhalb Roms in der Öffentlichkeit Interesse geweckt hatten.
Von Gerresheim wurden die Reliquien im Jahr 919 vor den kriegerischen Einfällen der Ungarn von den vorübergehend nach Köln geflohenen Stiftsdamen mitgenommen und in der Kirche der Heiligen Jungfrauen – heute besser bekannt als St. Ursula – in Sicherheit gebracht, wo sie dann einige Jahrhunderte verblieben.
Erst im Jahr 1953 gelangten die Reliquien des heiligen Hippolyt wieder nach Gerresheim zurück und wurden dort am 7. Juli 1959 durch den damaligen Kölner Erzbischof Joseph Kardinal Frings in einen neuen Schrein gelegt. Diesen fertigte der aus Leverkusen-Küppersteg stammende und in Köln wirkende Bildhauer und Goldschmied Hein Wimmer (1902–1986) eigens zu diesem Anlass an.
Der qualitätvolle Schrein hat die Form eines Quaders mit einem leicht gewölbten Deckel und umlaufenden, rauten- und parabelförmigen Eintiefungen. Die vier Seiten sind mit ovalen, zum Teil mit Schrift versehenen Emailtafeln (in Zellenschmelz-technik) geschmückt. Eine der Längsseiten zeigt die Übertragung der Gebeine des heiligen Hippolyt von Rom über Aachen nach Gerresheim: Zwei Ritter stehen vor dem Oktogon des Aachener Domes (links), einer nicht näher zu identifizierenden Kirche und St. Margareta (rechts). Auf der anderen Längsseite ist die Rückübertragung von Köln nach Gerresheim dargestellt: Im Hintergrund ist St. Ursula zu sehen, rechts St. Margareta, davor findet eine Schreinsprozession statt. Auf den Schmalseiten sind ganzfigurige Darstellungen angebracht. Eine zeigt den in ein weißes Gewand gehüllten heiligen Hippolyt als Kirchenlehrer auf einem Lehrstuhl sitzend, mit einem Buch (Bibel?) in seiner linken Hand und einem scheibenartigen Nimbus über seinem Haupt. Auf der anderen Schmalseite sieht man Jesus als den Guten Hirten, mit einem Lamm auf seinen Schultern. Jede Seite ist zusätzlich noch mit vier Cabochons aus Amethyst besetzt. Der Schrein steht auf einer Konstruktion mit vier Ösen, durch die man zwei Stangen schieben kann, um ihn bei einer Prozession zu tragen.
Im März 2006 zogen die Reliquien des heiligen Hippolyt dann erneut um; diesmal jedoch nur innerhalb der Kirche: Sie wurden vom Kölner Weihbischof Dr. Klaus Dick in den 1871 von den Brüdern Heinrich und Johann Bong gefertigten neugotischen Schrein gelegt, in dem sie bis zum heutigen Tag ruhen.
Der seither ungenutzte, leere Schrein von Hein Wimmer aber lagert zurzeit (2022) im Verborgenen. Er hätte es verdient, in den Innenraum oder die Schatzkammer von St. Margareta zurückzukehren.
Carsten Schmalstieg