Expressionismus im Kirchenraum – Hans Zepters Gewölbemalereien in St. Peter, Köln-Mitte (1925–28)
Seit 1987 beheimatet die spätgotische Emporenbasilika (1515/1530) mit romanischem Westturm die Kunst-Station Sankt Peter - ein selten freier Ort, an dem zeitgenössische Kunst und Musik mit der Liturgie und dem Kirchenraum in einen Dialog treten dürfen. In der Fastenzeit nach Aschermittwoch ist der ohnehin bewusst reduzierte Kirchenraum durch das traditionelle Bilderfasten noch minimalistischer: Alle Kunstobjekte der Kirchenausstattung, die Gemälde und Skulpturen, selbst die bedeutenden Renaissance-Fenster, werden verhüllt. Nahezu abstrahiert, ermöglichen die Ruhe und die Leere von Sankt Peter nun eine besonders stille Einkehr und Buße.
Nicht verhüllen lassen sich jedoch die Wandmalereien im südlichen Seitenschiff. Sünde und Buße thematisierend, vergegenwärtigen sie auch die Gnade und Vergebung Gottes und begleiten die Fastenzeit im Stillen. Es sind Reste einer Ausmalung, die einst alle Gewölbe des Kirchenraumes ausfüllten. Nur drei der Gewölbejoche sind erhalten geblieben, man „liest“ sie von Ost nach West.
Analog zur Zeit der Erneuerung der Sakralkunst und der Liturgiereform nach dem Ersten Weltkrieg, gab es auch Erneuerungsbedarf in Sankt Peter: Der veraltete Ölanstrich der 1890er Jahre sollte restauriert werden. Zukunftsorientiert wendete sich Pfarrer Taepper an das von Fritz Witte zu Beginn der 1920er Jahre gegründete Kölner Institut für Religiöse Kunst, das die Erneuerung der kirchlichen Kunst förderte und Projekte zur Ausgestaltung initiierte und betreute. 1924 wurde Hans Zepter zunächst mit der versuchsweisen Ausmalung der Sakristei beauftragt, die heute jedoch ganz verloren ist. Zepters expressiver Stil fand Zuspruch, sodass er um 1926 mit der schrittweisen Ausmalung aller Kirchengewölbe beginnen konnte, zu der Pfarrer Taepper das Bildprogramm entwickelte.
Im Stile des Art Déco überlagern nun die letzten dekorativen Strukturen dieser Zeit die gotischen Netzgewölbe. Das einst kräftige Grün und Blau, heute allmählich verblassend. Vor der expressiven Musterung aus scharfkantigen Ornamenten, die wie ein Kaleidoskop wirkt, treten Symbole und Figuren hervor, begleitet von Inschriften aus dem Alten und Neuen Testament. Nicht nur stilistisch, auch ikonografisch verlässt man den traditionellen Kanon und wandelt die Beischriften zugunsten der Komposition ab.
Im östlichen Joch werden die Sieben Todsünden neu interpretiert (Traditionell: Hochmut, Geiz, Wollust, Zorn, Völlerei, Neid, Faulheit, hier: Torheit, Unverstand, Ungerechtigkeit, Verzweiflung, Unbeständigkeit, Geiz, Unglaube). Zu erheblichen Konflikten führte insbesondere der UNGLAUBE – personifiziert durch eine Figur mit verbundenen Augen, welche - unfähig, richtig zu sehen, zu erkennen und zu glauben - einen Buddha verehrt – und eine lange Diskussion und Kritik an der Intoleranz gegenüber Nicht-Gläubigen zur Folge hatte.
Stefanie Schirrmeister