„Erwischt!“ – Adam und Eva an St. Peter in Köln-Mitte
Zweiflügeliges Portal mit Türgriff
Vernietete Bronzeplatten, Kupfer, Bronzeguss
Hans Karl Burgeff, 1963
St. Peter, Köln-Mitte
Die Kirche St. Peter in Köln kann an der Nordseite – über den sogenannten Cäcilienhof – durch ein zweiflügeliges Portal betreten werden, das der Kölner Bildhauer und Medailleur Hans Karl Burgeff (1928-2005) im Jahr 1963 geschaffen hat.[1] Die beiden Türflügel sind mit vernieteten Bronzeplatten belegt. Der vertikale Mittelsteg weist ein flaches Relief aus Feigenblättern auf, die sich in unterschiedlicher Größe und Kontur überlappen, und durch ihre diagonale Anordnung wie „vom Wind bewegt“ wirken. Zwischen den Blättern befinden sich in unregelmäßigen Abständen manuell geschriebene Inschriften, die den Psalm 103, das Loblied auf den barmherzigen und gerechten Gott, zitieren.
Rechts entlang des Mittelstegs steht der Stamm eines Feigenbaums aus Bronze, der sich nach oben verjüngt und unterhalb des Türsturzes einrollt. Aus der Mitte seines Stammes entwächst zur rechten Seite ein großer ovaler Türgriff (H. 27 cm, B. 45 cm), der aus Feigenblättern gebildet ist. Im Blätterdickicht verbergen sich die nackten Figuren von Adam und Eva, zumindest weitestgehend verdeckt. Sie sind in dem Moment abgebildet, als sie erkannten, dass sie nackt waren und sich aus Furcht vor Gott versteckten, denn sie hatten ja verbotenerweise vom Baum der Erkenntnis gegessen:
6 Da sah die Frau, dass es köstlich wäre, von dem Baum zu essen, dass der Baum eine Augenweide war und begehrenswert war, um klug zu werden. Sie nahm von seinen Früchten und aß; sie gab auch ihrem Mann, der bei ihr war, und auch er aß. 7 Da gingen beiden die Augen auf und sie erkannten, dass sie nackt waren. Sie hefteten Feigenblätter zusammen und machten sich einen Schurz. 8 Als sie an den Schritten hörten, dass sich Gott, der HERR, beim Tagwind im Garten erging, versteckten sich der Mensch und seine Frau vor Gott, dem HERRN, inmitten der Bäume des Gartens. 9 Aber Gott, der HERR, rief nach dem Menschen und sprach zu ihm: Wo bist du? 10 Er antwortete: Ich habe deine Schritte gehört im Garten; da geriet ich in Furcht, weil ich nackt bin, und versteckte mich.[2]
Ihre Gestik und Mimik ist fröhlich-frech kokettierend, nahezu ansteckend. Dabei sollte man doch annehmen können, dass Adam und Eva nicht zum Scherzen zumute sein sollte? Doch die Furcht, die sie empfinden, wird durch Psalm 103 getröstet. Denn auch, wenn sie einen schwerwiegenden Fehler gemacht haben:
15 Wie Gras sind die Tage des Menschen, er blüht wie die Blume des Feldes. 16 Fährt der Wind darüber, ist sie dahin; der Ort, wo sie stand, weiß nichts mehr von ihr. 17 Doch die Huld des HERRN währt immer und ewig / für alle, die ihn fürchten. Seine Gerechtigkeit erfahren noch Kinder und Enkel, 18 alle, die seinen Bund bewahren, die seiner Befehle gedenken und danach handeln.[3]
Das Nordportal an St. Peter, das den Sündenfall thematisiert, ist ein wunderbares Beispiel für die sensible und humorvolle Kunst Hans Karl Burgeffs, der es verstand, „die ironisch gebrochene Anspielung, die Heiterkeit mit ernstem Hintergrund“[4] darzustellen. Burgeff verzichtete darauf Sehgewohnheiten oder eine „fromme Rezeption“[5] zu bestätigen und lässt religiöses Empfinden, das nicht selten widersprüchlich sein kann, nachvollziehbar, geradezu nachfühlbar werden.
Es ist anzunehmen, dass der Auftrag zum Portal auf die Initiative von Pater Alois Schuh SJ (1900–1984) zurückgeht, dessen „Predigttätigkeit […] und seine persönliche Ausstrahlung […] Sankt Peter in den 60er und 70er Jahren zu einem Zentrum intellektuell sensibler und suchender Katholiken [machte]“.[6] Der Jesuit Alois Schuh war 1960 Pfarrer an St. Peter geworden, als die Seelsorge der Pfarrei nach dem Wiederaufbau an die Jesuiten übertragen wurde. In Burgeffs kleinplastischem Werk befinden sich Portraitmedaillen von Pater Schuh, die der Künstler freischaffend, als Ehrung oder Dank für Aufträge, angefertigt hatte.
Hans Karl Burgeff (1928-2005) absolvierte 1951 bis 1956 seine Lehre an den Kölner Werkschulen in der Klasse für Bildhauerei, Steinmetz– und Friedhofskunst bei Ludwig Gies (1887–1966), 1956 als dessen Meisterschüler. Im Jahr 1957 begann Burgeff seine Selbstständigkeit mit eigenem Atelier in Köln und wurde seitdem kontinuierlich mit Aufträgen im profanen sowie sakralen Bereich beauftragt. Teilweise kooperierte er mit seiner Frau Eva Burgeff-Kerckhoff (1920–1999), die Meisterschülerin in der Metallklasse von Joseph Jaekel (1907–1985) an den Kölner Werkschulen war.[7] Neben großformatigen Auftragsarbeiten beschäftigte Karl Burgeff sich zeitlebens mit bildhauerischen Fragestellungen im kleinformatigen Bereich der Medaillen und Plaketten, für die er national wie international große Anerkennung erhielt. 1968 übernahm er die Klasse für Bildhauerei und Bauplastik an den Kölner Werkschulen von Kurt Schwippert (1903–1983), sozusagen in der Nachnachfolge seines Lehrers Ludwig Gies, 1974 erhielt Burgeff die Professur. Seit 1976 hatte er einen Zweitwohnsitz in Weibern/Eifel mit Atelier. Hans Karl Burgeff wurde vielfach ausgezeichnet und ausgestellt. Er verstarb 2005 in Lohmar und wurde in Weibern/Eifel beigesetzt.
Stefanie Schirrmeister