Eine Monstranz von Hanns Rheindorf in St. Maria in den Benden, Düsseldorf-Wersten
Monstranz
Silber, Bergkristall, teilvergoldet, emailliert, gegossen, getrieben, anbei Lunula mit Diamantbesatz
Hanns Rheindorf, 1961
St. Maria in den Benden, Düsseldorf
„Ins Paradies mögen dich Engel geleiten (…)
und dich in die heilige Stadt Jerusalem führen.“
(Requiem, In paradisum)
Die Monstranz aus dem Jahre 1961 des Kölner Goldschmieds Hanns Rheindorf setzt sich motivisch mit der Darstellung des Himmlischen Jerusalem auseinander, ein Motiv, das schon für die Turmmonstranzen der Gotik vorbildlich war.
Auf flachem, quadratischen Fuß erhebt sich ein konisch zulaufender, umlaufend in polychromem Rautenornament emaillierter Schaft. Seine bestimmenden Farben sind Rot sowie nuancierte Blautöne auf beige-weißem Grund. Auf dessen Ende schultern vier plastisch gebildete, kniende Engel das zylindrische Schaugefäß des Allerheiligsten. Wie vier hohe Tore umfängt in senkrecht aufsteigenden Stäben gebildetes Strebewerk das Schaugefäß mit zentralen Rundbögen. Auf diesem harfenähnlichen Aufbau ruhen kräftige, polierte Bergkristalle, kronenförmig gestaffelt und mit filigranem Schlaufenornament dekoriert. Auch der Schauzylinder wird von einer solchen Bergkristallkrone geschmückt. Die zugehörige Lunula aus Schlaufenfiligran ist mit facettierten Diamanten besetzt.
Christologische Deutungen und die Edelsteinallegorese des Mittelalters bilden früh einen Kontext in denen bestimmten Farben und Edelsteinen konkrete Bedeutung und Funktion im Bezug zu Jesus Christus und der Offenbarung der Heilsgeschichte zukommt. Mit Farbe und Ornament sollte die Kirche und ihre Ausstattung entsprechend der Schönheit und Tugenden des Hauses Jesus gestaltet werden.
Bergkristall und Diamant gelten als Symbol der Klarheit, der Reinheit, des Lichtes sowie des Sieges und stehen damit für den wiederkommenden Christus. Die Farbe Weiß verweist auf die Taufe, Ecclesia und ewiges Leben. Blau ist der Farbe des Wassers zugeschrieben und Rot der des Feuers. Hierin liegt ein Bezug zum Wasser der Taufe und den Flammen des Heiligen Geistes. Gleichzeitig aber auch zum Gericht; dem der Sintflut und dem des Feuers am Ende der Zeiten.
Die Monstranz Hanns Rheindorfs ist Mitte des 20. Jahrhunderts entstanden. Auch in ihrer Gestaltung lassen sich die verschiedenen Motive auf eine Darstellung des Himmlischen Jerusalems zurückführen: der quadratische Sockel, die Farben des Emailornamentes, die Engel, das zentrale, tempelartige Schaugefäß, das emporsteigende Strebewerk, in dem Tore, Regenbogen und Harfen aus der Offenbarung des Johannes anklingen. All diese Motive lassen in der gestalterischen Position Rheindorfs eine Umsetzung des Himmlischen Jerusalems erkennen und führen eine Motivtradition fort, die durch alle Epochen, die ersehnte Himmelsstadt, die Vision vom Paradies, die Stadt in deren Mitte Gott mit den Menschen wohnt, eine Vorschau auf die erlöste Welt, bildhaft in Szene setzt.
Silke Ingenhorst