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Verfahren wegen eines Ligamen

Verfahren wegen eines Ligamen

Voraussetzungen


Nach katholischem Glauben ist die Ehe an sich unwiderruflich und insofern für die Partner lebenslang bindend. Auch wenn die Lebensgemeinschaft aufgegeben und die Ehe staatlich geschieden wurde, besteht die Bindung einer gültigen Ehe für die Kirche weiter, falls nicht einer der beiden Partner verstorben ist.

 

Eine gültige Ehe bildet daher für die Rechtsordnung der Kirche ein Ehehindernis, das dem gültigen Abschluss und der Anerkennung einer nachfolgenden Ehe entgegensteht, selbst wenn es eine kirchliche Trauung gäbe. Das Hindernis des bestehenden Ehebandes wird fachsprachlich bezeichnet mit dem lateinischen Begriff ligamen (= Binde, Verband). Nach katholischem Verständnis ergibt sich das Hindernis aus dem natürlichen Wesen der Ehe; und es betrifft insofern auch die Ehen der Nichtkatholiken.

 

Wegen bestehenden Ehebandes bleibt eine Eheschließung ungültig für die katholische Kirche, wenn folgende Voraus­setzungen zugleich vorliegen:

  • Abschluss einer Ehe durch (nicht formpflichtige) Personen,
    von denen zumindest eine bereits verheiratet war.

  • Abschluss dieser Ehe zu Lebzeiten beider Partner der Vorehe
    (d.h. der andere Partner war zu diesem Zeitpunkt nicht verstorben);

  • kein ernstzunehmender Zweifel an einer Gültigkeit der Vorehe
    (d.h. ein beeinträchtigtes Eheversprechen, ein Ehehindernis oder ein Formmangel
    läßt sich nicht behaupten).

Beispiele


Eine evangelische und bislang ledige Frau F. hat einen evangelischen Herrn H. geheiratet, für den diese Heirat die zweite war. Falls bei dieser Heirat die frühere Ehefrau des Herrn H. nicht verstorben war, und soweit die frühere Ehe in ihrer Gültigkeit nicht bezweifelt werden kann, erscheint die Ehe F.-H. als ungültig wegen bestehenden Ehebandes.

 

Gleiches ergibt sich, wenn die ledige Frau F. katholisch ist, den geschiedenen Herrn H. geheiratet hat nach dem Inkraft­treten des aktuellen Gesetzbuchs (27.11.1983) und zuvor ihren Austritt aus der katholischen Kirche erklärt hatte; d.h. insofern ihre Pflicht zur Einhaltung der katholischen Eheschließungsform gesetzlich wegfiel. Anderes ergibt sich, wenn Frau F. in der katholischen Kirche geblieben ist und einen Geschiedenen bloß standesamtlich geheiratet hat; dann ist die Ehe bereits ungültig wegen Formmangels.

 

Verfahren


Zur kirchenamtlichen Feststellung, dass eine Ehe ungültig geschlossen wurde wegen bestehenden Ehebandes, ist Klage einzureichen beim bischöflichen Gericht (Offizialat, Konsistorium).

 

Bei dokumentarischer Beweisbarkeit kann von einem förmlichen Ehenichtigkeitsprozess abgesehen und ein summa­rischer Prozess geführt werden.

 

Zur beklagten Ehe, die als ungültig festgestellt werden soll, sind folgende Belege beizubringen:

  • zur staatlichen Trauung;
  • zu einer etwaigen kirchlichen Trauung;
  • zum konfessionellen Status beider Partner, als die beklagte Ehe geschlossen wurde
    (Taufe und Kirchenzugehörigkeit: Austritt, Übertritt, Wiedereintritt);
  • zur Geburt etwaiger Kinder;
  • zur staatlichen Scheidung.

Zur Vorehe, deren Band die beklagte Ehe ungültig gemacht haben soll, sind folgende Belege beizubringen:

  • zur staatlichen Trauung;
  • zu einer etwaigen kirchlichen Trauung;
  • zum konfessionellen Status beider Partner, als die Vorehe geschlossen wurde
    (Taufe und Kirchenzugehörigkeit: Austritt, Übertritt, Wiedereintritt);
  • dass beim Abschluss der beklagten Ehe auch der andere Partner der Vorehe noch lebte.

Das bischöfliche Gericht wird amtlich ermitteln, dass eine Gültigkeit der Vorehe nicht ernsthaft zu bezweifeln ist. Es wird bei möglicherweise beiden Partnern der Vorehe schriftlich anfragen, ob Gründe für eine kirchenrechtliche Ungültigkeit der Vorehe angeführt werden können.