Vom 18. bis 21. Oktober 2016 fand im Kardinal-Döpfner-Haus auf dem Domberg zu Freising die 60. Tagung der deutschsprachigen Kirchengerichte statt. Die diesmal rund 170 Teilnehmer kamen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, einige sogar aus den Niederlanden, Liechtenstein und Italien/Südtirol. Die Tagung dient der Fortbildung durch Referate sowie das kollegiale Gespräch und bietet Gelegenheit zur persönlichen Begegnung der an den verschiedenen Gerichten Tätigen.
Offizialatstagung 2016
60. Tagung der Kirchengerichte 2016
Ein thematischer Schwerpunkt waren die 2015 vom Papst reformierten Normen des kirchlichen Eheprozesses. Hierzu gab es drei Referate des aus Österreich stammenden und in Rom an der Apostolischen Signatur tätigen P. Prof. Nikolaus Schöch OFM: Er schilderte zunächst die Vorgeschichte der Reform. Er erörterte sodann die Neuerungen beim ordentlichen Prozess, zu denen vor allem ein Berufungsverfahren gehört, das nicht mehr von Rechts wegen zu führen ist, sondern einzig auf Antrag einer Partei oder der Ehebandverteidigung. P. Schöch sprach schließlich über den nun ermöglichten verkürzten Eheprozess unter Vorsitz des Diözesanbischofs – der in unseren Bereich bislang eher keine praktische Anwendung gefunden hat, wie sich bei der Aussprache der Teilnehmer zeigte.
Ein weiteres Thema war die Prozessführung, soweit sie auch vom staatlichen Bereich her zu bedenken ist: Rechtsanwalt Christoph Lerg aus München, der Jurist und Kirchenrechtler ist, benannte Berührungspunkte und mögliche Spannungen zwischen dem kirchlichen Eheprozess und dem staatlichen Recht.Der Berliner Rechtspsychologe Prof. Max Steller, dessen Arbeit zu einem Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs über Glaubwürdigkeitsbegutachtung beigetragen hat, sprach über echte und konstruierte Erinnerungen in Fällen sexuellen Missbrauchs.
Das typisch kirchliche Eheverständnis schließlich betrafen wiederum zwei Referate: Gesichtspunkte der Dogmatik zur Frage des persönlichen Glaubens als Voraussetzung eines gültigen Ehesakraments trug Prof. Gerda Riedl aus Augsburg vor. Über die Formen psychischer Beeinträchtigung durch Depression und über deren neuere Beurteilung durch die Rota Romana sprach die münsterische Kirchenrechtlerin Dr. Beatrix Laukemper-Isermann.
Moderiert wurden die Aussprachen zu den Referaten von den Offizialen Dr. Stefan Rambacher (Würzburg), Dr. Ernst von Castell (Augsburg) und Dr. Günter Assenmacher (Köln). Die 61.Tagung der Kirchengerichte soll im Herbst 2018 in Bensberg stattfinden.