Zu den besonderen Ereignissen des Jahres zählt für das kirchliche Gericht des Erzbistums Köln (Offizialat) ohne Frage der sog. "Richtertag", an dem im Januar oder Anfang Februar alle haupt- und nebenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingeladen sind, in Anwesenheit des Erzbischofs den Bericht über die Arbeit des vergangenen Jahres vorgelegt zu bekommen und an einer Fortbildung teilzunehmen. Dies ist in Rom "abgeguckt", wo der Heilige Vater jeweils am Anfang des Jahres die Richter und Mitarbeiter der Rota Romana zu einer besonderen Audienz empfängt, bei der er stets eine Ansprache hält, die für die Rechtsprechung wegweisende Aussagen beinhaltet und deshalb jeweils aufmerksam wahrgenommen und kommentiert wird.
Als der Verfasser dieses Beitrags nach seinem ersten Jahr als Offizial (er wurde zum 1.1.1995 in dieses Amt berufen) dem Erzbischof die Idee vortrug, was in Rom recht sei, könnte doch in Köln billig sein, erhielt er ein positives Echo. Nur eine für die Rechtsprechung wegweisende Ansprache wollte Kardinal Meisner nicht jedes Jahr halten müssen. Aber an 14 der seither stattgefundenen 16 Richtertage hat er teilgenommen, was für die Anwesenden in höchster Weise eine Wertschätzung und ein Interesse an ihrer Arbeit bedeutet.
Für den Erzbischof ist diese Veranstaltung allem Anschein nach keine Pflichtübung, sondern die Gelegenheit, unsere Anliegen und Sorgen zur Kenntnis zu nehmen, aber auch seine eigenen Themen zur Sprache zu bringen.In diesem Jahr beschäftigte ihn besonders, wie die katholische Kirche in der Öffentlichkeit dasteht, dargestellt wird und wie sich dies auf viele unserer Zeitgenossen auswirkt. Das eigentlich Erschütternde, so sagte Kardinal Meisner, ist nicht die Berichterstattung der Medien, sondern die Tatsache, dass aus dem inneren Raum der Kirche, sei es bei den Fällen sexuellen Missbrauchs, sei es bei der Diskussion um die Abweisung der vergewaltigten Frau durch zwei Kölner katholische Krankenhäuser, dazu Anlass gegeben worden sei. Hier sei der Ansatzpunkt, und nicht in einem Lamento über die Medien. Er müsse eingestehen, dass er solche Untaten von Priestern und anderen kirchlichen Mitarbeitern nicht für möglich gehalten hätte und dass er auch nicht verstehen könne, wie verantwortungsbewusst handelnde Ärzte sich in Köln so verhalten konnten, wie es leider geschehen ist. Dies sei das fundamentale Problem, die Präsentation in den Medien und die öffentliche Empörung stünden auf einem anderen Blatt.
Die Begegnung mit dem Erzbischof stand so unter einem sehr ernsten Vorzeichen, welches der Offizial in seinem Bericht noch einmal unterstrich. Nach seiner Überzeugung ist der Rückgang der kirchlichen Eheverfahren auch eine Folge der permanenten Diskussionen, in denen sich die Kirche leider fast immer in der unvorteilhaften Position der Defensive vorfindet, während es ihr nicht gelingt, selber positiv besetzte Themen zu platzieren. Im Berichtsjahr 2012 ging die Zahl der in I. Instanz neu hinzugekommenen Verfahren von 98 auf 81 zurück (in II. Instanz: 120 statt 132), insgesamt wurden am Diözesan- und Metropolitangericht 216 Eheverfahren neu anhängig gemacht (im Unterschied zu 243 im Jahr 2011). Die Zahl der erledigten Fälle sank im Unterschied zu 271 im Vorjahr im Berichtsjahr auf 192.
In besonderer Weise begrüßte Prälat Dr. Assenmacher Vizeoffizial Msgr. Dr. Rasquin, der erstmals seit seinem schweren Unfall im Sommer 2012 wieder im Kreis der Mitarbeiter zugegen sein konnte. Vereidigt wurden die neuen Mitarbeiterinnen Diözesanrichterin Gerard und Offizialatsnotarin Jahn, die in der Außenstelle Essen ihren Dienst tun.
Die Glückwünsche aller galten zunächst Kardinal Meisner zu seinem Goldenen Priesterjubiläum, das er am 22.12.2012 feiern konnte, zum 20. Jahrestag seiner Berufung in das Kardinalskollegium am 1.2.2013 und zum 24. Ortsjubiläum in Köln am 12.2.2013. Aus dem Kreis der Mitarbeiter feiern 2013 ihr Diamantenes Priesterjubiläum die Diözesanrichter Msgr. Günther von den Driesch und StD a.D. Msgr. Dr. Wilhelm Schmidt-Bleibtreu sowie der frühere Vizeoffizial Msgr. Gustav Sticken. Das Goldene Priesterjubiläum feiern Msgr. Armin Tellmann, der bereits seit 1974 als Diözesanrichter tätig ist, und Prälat Dr. Klaus-Martin Becker sowie Vernehmungsrichter Offizialatsrat i.R. Pfarrer Karl-Bernd Mouchard. Sein Silbernes Priesterjubiläum wird im Laufe des Jahres Vizeoffizial Msgr. Dr. Thomas Weitz begehen.
Die Fortbildung, die sich an die Erstattung des Jahresberichtes anschloss, hatte als Thema die "arglistige Täuschung" als Ehenichtigkeitsgrund. Vizeoffizial Dr. Weitz und Diözesanrichter Rösner riefen den Anwesenden die Eckpunkte dieses nicht so häufigen Klagegrundes in Erinnerung und erörterten die notwendigen Elemente des zu führenden Beweises.
Mit einem festlichen Mittagessen im Priesterseminar endete die Veranstaltung, an der insgesamt 46 Personen teilnahmen.
Domkapitular Prälat Dr. Günter Assenmacher
Erzbischöflicher Offizial