Dass auch eine langfristige Planung und Terminabstimmung durch unvorhergesehene Ereignisse um ihren Erfolg gebracht wird, zeigte der Richtertag 2012: Um das Treffen nicht ohne unseren Erzbischof stattfinden zu lassen, war eigens der späte Termin am 15. Februar gewählt worden. Trotzdem konnte der Herr Kardinal nicht zu uns kommen, da er wegen des relativ kurzfristig auf den 18.2. anberaumten Konsistoriums schon ein paar Tage zuvor in Rom sein musste. So konnten wir uns seine Grüße und seinen Dank für unsere Arbeit im Gerichtsjahr 2011 nur übermitteln lassen im Rahmen der Berichte, die der Offizial Prälat Dr. Assenmacher vor den anwesenden haupt- und nebenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus den Diözesen Essen und Köln erstattete.
Statistisches
Überraschenderweise stieg die Zahl der 2011 neu angenommenen ordentlichen Ehenichtigkeitsverfahren in I. Instanz von 87 im Vorjahr auf 98 (davon 23 aus dem Bereich der Diözese Essen). Dies war nicht zu erwarten, wenn man nur auf die insgesamt rückläufige demographische Entwicklung, die rückläufigen Zahlen der Eheschließungen insgesamt und der kirchlichen Trauungen insbesondere schaut und überdies davon ausgeht, dass die kirchliche Bindung eher schwächer wird. Umso erfreulicher war dieses Ergebnis für uns.
Insgesamt gingen allerdings die Zahlen der neuen Verfahren von 268 im Vorjahr auf 242 im Berichtsjahr zurück, dies besonders wegen rückläufiger Quoten bei den Gerichten der Kirchenprovinz, von denen lediglich 132 Verfahren zu pflichtmäßiger Revision übersandt wurden (im Vorjahr 156).
Besonders erfreulich war die Zahl der erledigten Verfahren: 269 im Berichtsjahr im Vergleich zu 253 im Vorjahr, davon 126 durch Urteil (im Vorjahr 102), 110 durch Dekret (im Vorjahr 136), 32 durch Einstellung oder Verzicht (im Vorjahr 15). Mithin verringerte sich die Zahl der am Jahresende anhängigen Verfahren um 29 auf 316. Der Offizial dankte allen, die sich dafür in besonderer Weise angestrengt haben.
Die Verteilung der entschiedenen Klagegründe blieb im bislang gewohnten Rahmen: 54% entfallen auf Ehenichtigkeitsgründe nach can. 1095, 43% auf die klassischen Simulationen, 5% auf sonstige Nichtigkeitsgründe. Die aktuellen Zahlen im einzelnen zeigt unsere Statistikseite.
Personelles
Im Laufe des Jahres gab es am Gericht einige personelle Veränderungen, über die
hier schon berichtet wurde: So wurden nach langen Überlegungen die konkreten Aufgaben der Ehebandverteidigung neu geordnet, so dass die bisher in diesem Ressort Tätigen Dr. Cäcilia Giebermann und Michael Rösner sowie der frisch in Rom promovierte Pfarrer Dr. Jacob Mandiyil zum 1.11.2011 in das Kollegium der Diözesanrichter berufen werden konnten; Herr Michael Prill übernahm zusätzlich zu seiner Aufgabe als Ehebandverteidiger das Amt eines Vernehmungsrichters.
Wir freuen uns sehr, dass die verbliebene Riege der Ehebandverteidiger Verstärkung erhalten hat durch Frau Univ.-Prof. Dr. Judith Hahn (Bochum) und nun zudem durch Sr. Dr. M. Antonia Sondermann OCD aus dem Kölner Karmel (mit der Edith-Stein-Stiftung und dem Edith-Stein-Archiv), wenn auch beide nur mit einem begrenzten Arbeitsumfang neben den sonstigen Aufgaben bei uns tätig sind.
Leider werden die aus der Diözese Essen stammenden Richter Herbert Hölsbeck und Jochen Walter künftig nicht mehr für die Arbeit des Offizialats zur Verfügung stehen, da sie von Bischof Dr. Overbeck für andere dringende Aufgaben im Heimatbistum reklamiert wurden. Der Offizial dankte ihnen für die jahrelange Mitarbeit im kirchlichen Gerichtswesen und wünschte Ihnen Glück und Gottes Segen für die neuen Aufgabenbereiche, in denen sie bereits tätig sind (außergerichtliche kirchenrechtliche Fragen im Generalvikariat Essen bzw. Kodifikation des dortigen Diözesanrechtes).
Wie immer wurde auch der Verstorbenen gedacht: 2011 waren dies Diözesanrichter Diakon Dr. Hugo Restle, Msgr. Prof. Dr. Hermann-Josef Herkenrath, Prosynodalrichter von 1957 bis 1964, und Vizeoffizial Domkapitular i.R. Prälat Heinrich Barlage.
Fortbildung und Begegnung
Der sog. "Richtertag" ist nicht nur der Termin für die Erstattung des Jahresberichtes und die Gelegenheit, für die geleisteten Dienste persönlich zu danken, sondern auch ein Ort der Begegnungen und Fortbildung aller am Gericht tätigen Personen. In diesem Kontext rekapitulierte der Offizial in diesem Jahr die bewährten Wege der Beweisführung (direkter, indirekter, gemischter Beweis), während Frau Dr. Glaubitz die Ergebnisse einer in italienischer Sprache verfassten Dissertation von Paolo Scoponi vorstellte: diese beschäftigt sich damit, in welchen Fällen sich die kirchlichen Gerichte nicht mit der Antwort auf die Frage begnügen dürfen, ob eine Ehe gültig oder ungültig war, sondern durch Verbote oder Auflagen Vorkehrungen treffen müssen, dass Personen davor bewahrt bleiben, eine neue ungültige Ehe zu schließen oder in eine solche hinein zu geraten.
Wie so oft erwies sich der Vormittag als zu kurz, als die Zeit für das gemeinsame Mittagessen gekommen war, das die Küche des Priesterseminars in festlicher Weise aus diesem Anlass bereitet hatte.
Domkapitular Prälat Dr. Günter Assenmacher
Erzbischöflicher Offizial