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Jahresempfang 2008

Jahresempfang 2008


Zum regelmäßigen Jahresempfang, dem sog. "Richtertag", konnte am 15.1.2008 Offizial Domkapitular Prälat Dr. Assenmacher 23 nebenamtliche oder pensionierte und 14 hauptamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Erzbischöflichen Offizialates begrüßen. In Anwesenheit von Kardinal Joachim Meisner und dessen Privatsekretär Pfarrer Oliver Boss erstattete er den 13. Jahresbericht seiner Amtszeit. In Folge der demographischen Entwicklung und der zunehmenden Erosion kirchlicher Bindungen junger Menschen war im Jahre 2007 die Zahl der neu angenommenen Verfahren weiter rückläufig: Den 293 Verfahren des Jahres 2006 standen 251 im Jahre 2007 gegenüber. Auch die Zahl der erledigten Verfahren ging von 286 auf 245 zurück. Dies liegt gewiss auch daran, dass das Offizialat zwei tüchtige Mitarbeiter verloren hat, nämlich Vizeoffizial Prälat Schlößer, der in den Ruhestand trat, und Diözesanrichter P. Prof. Dr. Henseler, der Anfang des Jahres 2007 zum Bischöflichen Vikar für die weiblichen Ordensleute wechselte. Es lag und liegt gewiss auch darin, dass die Zahl der Prozesse nach can. 1095 CIC immer mehr zunimmt, was eine umfangreichere und langwierigere Beweiserhebung nach sich zieht und die Urteilsfindung nicht erleichtert. Positiv vermerkte Prälat Dr. Assenmacher, dass das Kölner Offizialat in den Vergleichszahlen 2005 zu 2006 von Platz 10 auf Platz 6 der deutschen Offizialate aufgerückt sei, was das Verhältnis von Eheverfahren zu Katholiken angeht. Alle Einzelheiten diesbezüglich finden Interessierte auf den entsprechenden Internetseiten unter Statistisches.


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Kardinal Meisner, der zunächst seinen Dank für die geleistete Arbeit zum Ausdruck brachte, beantwortete danach im Rahmen der ihm obliegenden Schweigepflicht gerne die an ihn gestellte Frage nach der Arbeit der Bischofskongregation, der er neben einigen anderen römischen Dikasterien angehört. Die entsprechenden Vorschläge für Kandidaten des Bischofsamtes werden durch die Apostolischen Nuntien nach Durchführung mehr oder weniger umfangreicher Informativprozesse
zu einem ausführlichen Personal-Dossier verarbeitet; diese Dossiers werden bei der Kongregation in Rom durch Informationen zu den entsprechenden Bistümern etc. ergänzt und den Mitgliedern der Kongregation vorgelegt. Alle 14 Tage findet eine Vollversammlung der Kongregation statt, woran allerdings nicht immer alle Mitglieder teilnehmen. Kardinal Meisner selbst ist bemüht, an den Sitzungen persönlich teilzunehmen, in denen es um Bistümer in seinem Kenntnisbereich geht oder deren Besetzung von besonderem Gewicht ist. Es werden in der Regel vier Neubesetzungen pro Sitzung verhandelt; das Ergebnis wird dem Heiligen Vater
mitgeteilt, der in seiner Entscheidung selbstverständlich frei ist. Unter Rücksicht auf den Arbeitsaufwand sei es ein großes Glück - so sagte Kardinal Meisner-, dass das freie Besetzungsrecht des Papstes in den meisten Teilen der Weltkirche nicht durch
Konkordate eingeschränkt sei. Für den im Preußenkonkordat zugestandenen Bestellungsmodus bedeute dies für den Heiligen Stuhl immerhin, dass er den Domkapiteln drei Kandidaten präsentieren müsse, die uneingeschränkt wählbar sind.


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Im Rahmen der Fortbildung, die regelmäßig mit dem Richtertag verbunden ist, sprach Diözesanrichter Dr. med. Karl-Heinz Kuhl über "Abnorme Persönlichkeiten", deren verschiedene Formen und die Desiderate einer angemessenen Beweiserhebung in einschlägigen Fällen. Mit viel Humor karikierte er die Position gewisser Psychologen unter der Überschrift "Fällt das Kind vom Töpfchen, ist das ganze Leben im Eimer". Einer solch fatalistischen Beurteilung widersprechen auch die Ergebnisse der sog. Resilienz-Forschung, über welche Frau Dr. med. Cäcilia Giebermann, Ehebandverteidigerin an unserem Gericht, referierte: Eine beträchtliche Zahl von Menschen, die unter sehr ungünstigen Verhältnissen aufwachsen oder mit sehr schwierigen Lebenssituationen konfrontiert werden, hat
die Fähigkeit, diese unbeschadet zu überstehen.


Mit einem Gedicht "Menschen getroffen" hat dies schon auf seine Weise Gottfried Benn gesagt:

 

Ich habe Menschen getroffen, die,
wenn man sie nach ihrem Namen fragte,
schüchtern – als ob sie gar nicht beanspruchen könnten,
auch noch eine Benennung zu haben –
"Fräulein Christian" antworteten und dann:
"wie der Vorname", sie wollten einem die Erfassung erleichtern,
kein schwieriger Name wie "Popiol" oder "Babendererde" –
"wie der Vorname" – bitte, belasten sie Ihr Erinnerungsvermögen nicht!
Ich habe Menschen getroffen, die
mit Eltern und vier Geschwistern in einer Stube
aufwuchsen, nachts, die Finger in den Ohren,
am Küchenherde lernten,
hochkamen, äußerlich schön und ladylike wie Gräfinnen –
und innerlich sanft und fleißig wie Nausikaa,
die reine Stirn der Engel trugen.
Ich habe mich oft gefragt und keine Antwort gefunden,
woher das Sanfte und das Gute kommt,
weiß es auch heute nicht und muss nun gehen.

 

Domkapitular Prälat Dr. Günter Assenmacher
Erzbischöflicher Offizial