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Jahresempfang 2007

Jahresempfang 2007


Der sogenannte "Richtertag", das jährliche Treffen der 16 hauptamtlichen und 25
nebenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Erzbischöflichen Offizialates, verfolgte auch am 5. Februar 2007 drei Ziele: die Begegnung mit dem Erzbischof, die Vorstellung des Jahresberichtes 2006 und den kollegialen Austausch im Sinne der Fortbildung. Seit 1996 kommt Kardinal Meisner Jahr für Jahr in den Kreis der Richter, Ehebandverteidiger und anderer Amtsträger seines Offizialates, um sein Interesse und seine Wertschätzung für die dort geleistete Arbeit zum Ausdruck zu bringen. Immer wieder betont er dabei, dass es zur Natur dieser Arbeit gehört, dass sie von der Öffentlichkeit weithin unbemerkt erfolgt, aber um so effektiver den Klienten in einem wichtigen seelsorglichen Anliegen zugute kommt, nämlich nach einer gescheiterten Ehe deren kirchenrechtliche Qualität zu prüfen und ggf. den Weg zu einer weiteren Eheschließung mit der Kirche zu ermöglichen. So wenig die Kirche autorisiert ist, das Wort des Herrn von der Unauflöslichkeit der Ehe abzuschwächen, so sehr gilt doch auch, dass nicht jede Ehe eine gültige und unauflösliche Ehe ist. Dies ggf. auf Antrag der Betroffenen festzustellen, ist Aufgabe der Offizialate, die nicht mit juristischer Spitzfindigkeit und Winkelzügen einigen Wenigen, die geschickt und betucht genug sind, eine kirchliche "Scheidung" durch die Hintertür öffnen, sondern die nach klaren Vorgegebenheiten prüfen, ob eine Ehe überhaupt gültig geschlossen wurde oder nicht.


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Die entsprechenden Zahlen für das vergangene Jahr stellte Domkapitular Prälat Dr. Günter Assenmacher dar, der seit 1995 das Amt des Offizials bekleidet und damit die Verantwortung für die Leitung des Gerichtes trägt. 293 Fälle wurden im Jahre 2006 in den verschiedenen Instanzen neu anhängig gemacht, so dass mit den am Ende des Jahres 2005 noch anhängigen insgesamt 259 Verfahren 452 Prozesse
zur Verhandlung anstanden. Davon wurden im Laufe des Jahres 286 erledigt, 251 im Sinne der Antragsteller, 24 mit einem negativen Urteil; 11 Verfahren wurden eingestellt.


Da das Erzbischöfliche Offizialat in Köln nicht nur Diözesangericht ist, sondern auch die zweite Instanz für die Bistümer der Kirchenprovinz, müssen gemäß den Vorschriften der kirchlichen Eheprozessordnung hier alle positiv entschiedenen Urteile aus Aachen, Essen, Limburg, Münster und Trier vorgelegt und überprüft werden, selbstverständlich auch jene negativen Entscheidungen, gegen die die Kläger Berufung einlegen.


Die Zahl der neu vorgelegten zweitinstanzlichen Verfahren betrug im vergangenen Jahr 178; durch päpstliche Delegation wurden auch je ein Verfahren der dritten und der vierten Instanz dem Kölner Gericht zugewiesen. Diesen insgesamt 180 Verfahren aus anderen Bistümern standen 113 neue Fälle aus der eigenen Diözese gegenüber, in denen nicht nur die kirchenrechtliche Beurteilung der vorliegenden Akten nötig war, sondern zunächst einmal die Eröffnung der Verfahren und die gesamte Beweisführung, ein oft mühsamer und langwieriger Vorgang.


Das kirchliche Ehenichtigkeitsverfahren verläuft bekanntlich nicht wie die Prozesse an den weltlichen Gerichten in einer mündlichen Verhandlung, bei der alle Beteiligten zu gleichzeitigem Erscheinen verpflichtet sind, sondern "aus Akten und Beweisen"; diese Akten müssen durch Anhörung der Parteien und Zeugen erst einmal in Protokollform angelegt werden, damit dann die Ehebandverteidiger und Richter die Beweislage schriftlich diskutieren und resümieren können. Dieser umständliche Verfahrensweg erklärt die relativ lange Dauer der kirchlichen Eheverfahren, für die in der Regel am Kölner Gericht 1½ bis 2 Jahre anzusetzen sind.


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In der Fortbildung ging es um eine selbstkritische Besinnung auf bestimmte Risiken bei der Ausübung des richterlichen Amtes, wozu P. Prof. Dr. Henseler eine ebenso anschauliche wie humorvolle "kleine Typologie des kirchlichen Richters" entwickelte. Dies gab, wie man sich denken kann, zu lebhaftem Austausch Anlass, da Typen wie "Papa gnädig" oder "Richter gnadenlos" an einem kirchlichen Gericht per se nicht vorkommen dürfen. Dafür aber gilt es, den Anspruch der Wahrheitsfindung mit der Maxime zu vereinbaren, dass das Heil der Seelen das oberste Gesetz ist (vgl. can. 1752 CIC).


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Im Rahmen der Veranstaltung wurde des am 26.8.2006 verstorbenen Diözesanrichters P. Prof Dr. Hermann-Josef Gräf SVD gedacht und ebenso den aus dem Dienst ausgeschiedenen Richtern OStR i.R. Volker Lehmann-Henseling und Pfarrer Dr. Ronald Klein sowie der früheren Aktuarin Frau Hedwig Leo gedankt.


Ausführlich würdigte der Offizial die langjährige Tätigkeit von Vizeoffizial Prälat Johannes Schlößer, der zum Ende des Jahres 2006, in dem er das 75. Lebensjahr erreichte, in den Ruhestand versetzt wurde, dankenswerterweise aber weiter als Diözesanrichter tätig bleibt.

 

Ein besonderes Wort des Dankes galt auch P. Henseler, der zum Ende des Jahres vom Offizialat in das Generalvikariat wechselte, wo er als Referent beim Bischöflichen Vikar für die weiblichen Ordensleute tätig sein wird, ein Arbeitsbereich, für den er durch entsprechende Erfahrungen und
Publikationen bestens ausgewiesen ist.


Eine große Überraschung war die Ernennung von Pfarrer Joseph Scherer, der nach seiner langjährigen Tätigkeit in der Seelsorge in Münstereifel im Laufe des Jahres als hauptamtlicher Diözesanrichter an das Offizialat gewechselt ist. Der Heilige Vater hat ihn in den Kreis seiner Kapläne mit dem Titel "Monsignore" berufen; Kardinal Meisner selbst überreichte die entsprechende Urkunde.


Domkapitular Prälat Dr. Günter Assenmacher
Erzbischöflicher Offizial