Rota-Ansprache 2011
Größte seelsorgliche Sorgfalt bei der Vorbereitung jeder kirchlichen Trauung, das hatte schon
die römische Bischofsynode von 2005 empfohlen und ebenso das anschließende päpstliche Schreiben
extern_link "Sacramentum Caritatis" von 2007 gefordert. Dies griff Papst Benedikt XVI. auf, als er
am 22. Januar 2011 zu den Mitarbeitern der Rota Romana sprach, um, wie üblich, das dortige
Gerichtsjahr feierlich zu eröffnen:
Die Vorbereitung auf die Ehe vollzieht sich im Leben jedes Menschen in verschiedenen Phasen
und unterschiedlichen Lebensräumen: In der eigenen Familie, in der Schule, in Gruppen, in denen
Kinder und Jugendliche ihre Freizeit verbringen, auch in besonderen Veranstaltungen der Kirche für
Jugendliche und junge Erwachsene, in den sog. Ehevorbereitungskursen und schließlich im sog.
Brautexamen, dem verbindlich vorgeschriebenen Gespräch vor der kirchlichen Trauung.
Im "Brautexamen" werden die kirchenrechtlichen Aspekte der Ehe am deutlichsten zur Sprache
gebracht. Denn es geht nicht nur darum, dass der Traugeistliche und das Brautpaar einander
kennenlernen und miteinander besprechen, wie die Liturgie der Eheschließung gefeiert wird, sondern
um die Vergewisserung, dass einer gültigen und erlaubten Eheschließung nichts im Wege steht. Dieses
Ehevorbereitungsgespräch, so betonte der Papst, ist keine rein formale Pflichtübung, kein
bürokratisches Ausfüllen eines Formulars, sondern eine einzigartige pastorale Gelegenheit, der die
gebührende Zeit, Ernsthaftigkeit und Aufmerksamkeit entgegen zu bringen ist.
Ziel der gesamten Ehevorbereitung muss es sein, dass die Heiratswilligen erkennen, dass die
Botschaft der Heiligen Schrift von der Ehe und ihre Auslegung in der Lehre der Kirche nicht etwas
von außen ihnen Auferlegtes oder ein zeitbedingtes Kulturmodell sind, sondern jener Wahrheit
entsprechen, die Mann und Frau als Person in sich tragen, insofern sie auf Beziehung angelegt sind.
Diese Wahrheit respektiert das Recht des anderen in umfassender Weise und opfert den anderen
Menschen weder subjektivistischer Willkür noch einem anarchischen Erfahrungshunger.
Der von der Kirche eingeforderte vorbehaltlose Wille zu einer lebenslangen, auf das Wohl des
Partner ausgerichteten Beziehung in Treue zueinander und in Offenheit für gemeinsame Kinder, wenn
diese dem Paar nicht versagt sind, ist nichts Positivistisches, sondern entspricht der Natur und
inneren Wahrheit dieser einzigartigen Form menschlicher Beziehungen. Wer sich darauf nicht
einlassen will, der kann für sich innerhalb der Kirche kein Recht auf eine Trauung
beanspruchen.
Der Papst kritisierte, dass eine Leichtfertigkeit bei der Ehevorbereitung oft zu einer
leichtfertigen Feststellung der Nichtigkeit von Ehen führe, indem in unzulässiger Weise von deren
Scheitern auf ihre Ungültigkeit geschlossen werde. Er mahnte die kirchlichen Gerichte, durch eine
einheitliche Rechtsprechung, die sich an den Urteilen der Rota orientiert, keinen Zweifel an der
eindeutigen Botschaft des Evangeliums und der kirchlichen Lehre aufkommen zu lassen.