62. Tagung der Kirchengerichte 2022
Rund 180 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der deutschsprachigen Kirchengerichte waren vom 17. bis 19. Oktober 2022 zur sogenannten Offizialatstagung versammelt. Diese Fortbildung wird alle zwei Jahre veranstaltet und hatte im Jahr 2020 Corona-bedingt pausiert. Raum für die Tagung bot dieses Mal das Bildungshaus St. Virgil des Erzbistums Salzburg. Moderiert wurde die Tagung abschnittweise von den Vorständen der Konferenz der Offiziale unter der Leitung von Dr. Stefan Rambacher (Würzburg).
Auf dem Programm standen zunächst die Trans- und Intersexualität zum einen und psychische Abhängigkeiten vom Internet-Spiel zum anderen. Diese jeweiligen Lebenswirklichkeiten gaben Anlass zur Überlegung, in welcher Weise die Betroffenen übermäßig beeinträchtigt sein könnten zum Zeitpunkt ihrer Heirat. Die folgenden Programmpunkte bezogen sich auf die prozessuale Praxis: Einzelfragen zur Berufung bei Ehesachen sowie Kriterien der Strafzumessung bei Sexualdelikten nach weltlichem Recht und nach kirchlichem Recht.
Als Expertin für weltliches Strafrecht referierte Christina Kreis (Wiesbaden), jetzige Ministerialdirigentin, frühere leitende Staatsanwältin, sowie Beraterin in kirchlichen Gremien; sie trug über Video vor. Ansonsten kamen die Referentinnen und Referenten, wie es bei der Offizialatstagung üblich ist, überwiegend aus dem kirchenrechtlichen Dienst der Bistümer selber: Dr. Cäcilia Giebermann (Köln), Christian Klüner (Aachen), Privatdozentin Dr. Beatrix Laukemper-Isermann (Münster) und Dr. Markus Walser (Vaduz). Doch auch die Referenten Prof. em. Klaus Lüdicke (Münster) und Prof. P. Nikolaus Schöch OFM (Rom; ursprünglich Salzburg) sind kirchengerichtlich tätig. Informative Hinweise gab überdies Dr. Johannes Fürnkranz (Rom; ursprünglich Wien), als Leiter der Abteilung für Ehesachen beim Dikasterium für die Glaubenslehre.
Die jetzige Zahl der Teilnehmer war die bislang größte in der Geschichte dieser Tagung. Mit dieser Steigerung könnte aufscheinen, wie sehr berufliche Fortbildung auch eines Austauschs in Präsenz bedarf. Denn Erfahrungen im Unterschied zu bloßem Wissen vermitteln auf einer Tagung gerade auch die persönlicheren Gespräche, also außerhalb des Hörsaals und der dortigen Diskussion.
Mit der Steigerung der Teilnehmerzahl – übrigens mit einem Frauen-Anteil von nun immerhin rund 20% – könnte zudem aufscheinen, dass es bei den Offizialaten durchaus eine Bereitschaft und ein Potential gibt, kirchliches Recht in kompetenter Weise zur Geltung zu bringen.