Zum Inhalt springen
Service

„Unterwegs in der Freude an unserem Gründungscharisma“

Schwester Sarah-Marie und Sr. Edith

Der Juli 2024 markiert bei den Schwestern der Monastischen Gemeinschaften von Jerusalem in Köln eine Zäsur und geht mit Veränderungen in der Ordensleitung einher: Sr. Sarah-Marie übernimmt im Juli die Amtsgeschäfte als neue Priorin. Sr. Edith, die seit 15 Jahren als Priorin die Gemeinschaften in Köln geleitet hat, wird das Amt an ihre Nachfolgerin übergeben und eine mehrmonatige Sabbat-Zeit außerhalb der Gemeinschaften verbringen. Ein guter Zeitpunkt, um mit der neuen und alten Priorin gemeinsam zurück und nach vorne zu schauen, was die Gemeinschaften in der Kölner Altstadt ausmacht. 

Frage an Sr. Sarah-Marie: Wie fühlst Du Dich mit der neuen Aufgabe als Priorin, und muss Du jetzt Deine Aufgabe als Lehrerin in der Ursulinenschule reduzieren?

Sr. Sarah-Marie: Positiv war für mich, dass es von der Wahl (20. Mai) bis zur Amtsübergabe eine Übergangszeit gab. Meine offizielle Amtsübernahme ist ja am 29. Juni. In der Schule habe ich keine volle Stelle. Seitdem ich von der Wahl wusste, habe ich meine Stunden noch ein wenig reduziert. Ich werde aber versuchen, erstmal weiter in die Schule zu gehen und Priorin zu sein. So was war lange Jahre in der Gemeinschaft nicht üblich, dass die Priorin außerhalb arbeitete. Doch hier hat ein Mentalitätswandel eingesetzt.

Frage an Sr. Edith: Wie fällt ein erster Rückblick auf die letzten 15 Jahre aus?

Sr. Edith: Ich bin insgesamt von großer Dankbarkeit erfüllt; die Gründungsphase in Köln war ja für mich sehr zentral. Ich war von Anfang an bei der Gründung als Priorin in der Verantwortung. Und jetzt ist ein bestimmter Abschluss erreicht. Die Dankbarkeit mache ich an vielen bestimmten Dingen fest: Ganz sicher an dem Wohlwollen, das uns durch das Erzbistum entgegengebracht wurde und wird; in Gestalt der Bischöfe: Kardinal Meisner und Kardinal Woelki, der Weihbischöfe, aber auch darüber hinaus. Wir sind gut vernetzt und haben viele Kontakte, natürlich auch zum Stiftungszentrum. Da ist ein sehr großes Wohlwollen. Ich habe das Gefühl, wir werden immer respektiert in unserer Berufung. Dafür bin ich dankbar, weil ich weiß, dass das auch anders sein kann. 

Dankbar bin ich auch für die Menschen, die zu den Gottesdiensten immer wieder kommen. Oder diejenigen, die freiwillige Aufsichtsdienste in der Kirche übernehmen -  das sind alles Zeichen der Wertschätzung, keine Selbstverständlichkeiten.

In unserer Berufung sind wir an einem Platz, den ich nach wie vor wunderbar finde: Die Kirche Groß Sankt Martin, das Viertel, wir sagen immer gerne: Es ist eine Oase in der Wüste der Stadt. Wüste in ihrer ganzen Ambivalenz: Das, was schwierig ist in der Wüste, Anonymität und Einsamkeit, die Verunsicherungen, die so deutlich werden. Aber auch die andere Seite, die Oase: Die große Vielfalt, die neuen Horizonte, die verschiedenen Kulturen. Und wir sind durch unsere Kontakte, unsere Arbeit und unsere Gebetszeiten mitten drin in diesem pulsierenden Leben. Dass Gott mit uns diesen Weg gegangen ist und geht, finde ich einfach wunderbar. 

Übergang in eine neue Zeit 

Frage an Sr. Sarah-Marie: Wie war Dein bisheriger Werdegang? Was siehst Du als Deine künftigen Aufgaben innerhalb der Gemeinschaften?

Sr. Sarah Marie: Ich bin im Jahr 2008, also ein Jahr vor der Gründung in Köln, zu den Monastischen Gemeinschaften gekommen. In Köln habe ich meine wichtigsten Schritte ins monastische Leben gemacht, hier bin ich großgeworden. Hier habe ich meine Gelübde gefeiert. Die Einkleidung fand allerdings Pfingsten 2009 in Paris mit den anderen Novizinnen des Ordens statt. Und die Einkleidung ist ja das erste, was man sieht: Die Übernahme des Ordenskleides. 

Was sehe ich als die zukünftigen Aufgaben an? Wir gehen unseren Weg ja nicht alleine. Wir wollen den Weg des Gebets und der Arbeit in der Stadt fortsetzen. Dabei schauen wir, wie wir es gut leben können und diesen Ort, die Kirche Groß Sankt Martin in der Kölner Altstadt, mit Leben füllen. Ein Ort, der uns anvertraut ist, der ein Geschenk ist. Es geht vor allem darum, weiter unsere Präsenz in den Gebetszeiten, in der Arbeit und im Austausch zu zeigen.

Frage an Sr. Edith: Was hast Du in den letzten Jahren als herausfordernd erlebt? 

Sr. Edith: Natürlich war die Coronazeit auch für uns eine Herausforderung; wir haben aber versucht, kreativ damit umzugehen: So stellen wir z.B. seitdem unsere Gottesdienste online.

Eine der größten Herausforderungen ist sicherlich der Weggang unserer Brüder. Vor zwei Jahren haben die Brüder, die nur noch eine kleine Gruppe waren, beschlossen, ihre Präsenz in Köln aufzugeben. Unser Charisma aber drückt sich insbesondere durch die von Schwestern und Brüdern gemeinsam getragene Präsenz vor Ort aus, erfahrbar vor allem in der Liturgie. 

Was fehlt, ist die Zeichenhaftigkeit: Das Zusammenspiel in der Liturgie von Männern und Frauen, das ja gerade in unserer Kirche so wichtig ist. 

Wir haben uns dafür entschieden, diese neue Situation zu gestalten und sind in kleinen Schritten nach vorne gegangen. Wir freuen uns, mit mehreren Diözesanpriestern in gutem persönlichen Kontakt zu stehen und mit ihnen regelmäßig die heilige Messe zu feiern.

Wege in die Zukunft

Frage an Sr. Sarah-Marie und Sr. Edith: Wie bestreitet Ihr Euren Lebensunterhalt? 

Sr. Sarah-Marie: Wir gehen halbtags arbeiten. Zum Großteil leben wir von unserer Hände Arbeit und sind doch dankbar und froh, dass wir viel Zeit für das persönliche und liturgische Gebet haben und viel in der Kirche Groß Sankt Martin präsent sein dürfen. Ein Teil des Lebensunterhaltes wird so auch durch Spenden abgedeckt, und viele Menschen unterstützen uns mit vielen Dingen. Auch die Stiftung spielt dabei eine Rolle. 

Sr. Edith: Viele Menschen unterstützen uns auf vielfältige Weise, durch ihr Mitbeten oder ihre Zeit, die sie zur Verfügung stellen, auch durch Geldspenden. Dafür sind wir dankbar. Wenn Menschen, die zum Gottesdienst kommen oder mit uns im Gespräch sind, auf dem Infotisch die Karte der Stiftung der Monastischen Gemeinschaften sehen, sind viele froh und sagen, wir wussten gar nicht, dass es eine Stiftung gibt, die den Orden unterstützt. 

Frage an Sr. Sarah-Marie: Die Monastischen Gemeinschaften sind eine junge Gemeinschaft, 1975 in Paris gegründet. Auch Eurem Gründer wird Fehlverhalten vorgeworfen, wenn bisher auch nur in einem Einzelfall, wo es zu geistlichem Machtmissbrauch gekommen sein soll. Ist geistlicher Missbrauch vor allem ein Problem neuerer geistlicher Gemeinschaften? 

Sr. Sarah Marie: Grundsätzlich stellt sich die Frage nach dem Umgang mit Macht in allen geistlichen Gemeinschaften. Wenn wir mit Schwestern aus anderen Ordensgemeinschaften sprechen, sagen viele, dass sie die gleichen Fragen zum Gehorsamsgelübde haben wie wir. Für mich ist das gut nachvollziehbar, da ja die Generation, die heute unterwegs ist, anders denkt, handelt und fühlt als eine Generation, die zum Teil noch völlig autoritär erzogen worden ist und mit diesem Stil ins Kloster ging. Das heißt, man wächst als Kloster, als Ordensfrau dann auch parallel zur Gesellschaft mit. Andere Mitschwestern und Mitbrüder aus klassischen Ordensgemeinschaften sagen: Wir haben unseren Gründer ja gar nicht gekannt. Was damals in den ersten Jahren passiert ist, was wissen wir davon?

Man kann also sagen, wir sind jetzt diejenigen, die diese Diskussion aktuell zu führen haben. Gleichzeitig sehe ich das aber auch als große Chance oder als Lernprozess an, den andere Klöster schon durchgemacht haben: Dass du nicht stehen bleiben kannst in einer Form, die du irgendwann mal gut gefunden hast. Wir sind noch dabei, Strukturen zu finden. Wir fragen uns: Wie sind unsere Prozesse, wie werden bei uns Entscheidungen getroffen? Und wir lernen da noch: Wie kann so etwas gut gehen, dass es dem Leben dient? 

Sr. Edith: Das bedeutet auch: Wir wollen weiterhin in der Freude an unserem Gründungscharisma unterwegs sein. Darin liegt ja nach wie vor der bleibende Ruf Gottes. Und wir sind gespannt, was der Herr uns und allen, die mit uns hier in Köln auf dem Weg sind, noch zeigen wird!

Das Interview führte Markus Schüppen.

Informationen zur Stiftung Monastische Gemeinschaften von Jerusalem

Die Stiftung Monastische Gemeinschaften von Jerusalem Köln wurde 2014 von den Eheleuten Ingrid und Professor Dr. Heinrich Kürpick gegründet, wird also in diesem Jahr zehn Jahre alt. Ihr Hauptzweck ist die Förderung und Unterstützung der Kölner Niederlassung der Monastischen Gemeinschaften von Jerusalem, da die Gemeinschaften ja keine Zuweisungen aus Kirchensteuermittel erhalten. Die Stiftung wird im Stiftungszentrum des Erzbistum Köln verwaltet. Spenden und Zustiftungen sind willkommen und können steuerlich geltend gemacht werden. 

Stiftungskonto:
Erzbischöfliche Stiftung Köln 
IBAN DE50370601930034000050