Stiftungszentrum finanziert sechs neue Babysimulatoren
„Die Jugendlichen bauen eine richtige Beziehung zu den Simulatoren auf, das merkt man daran, dass sie schon am zweiten Tag von „ihrem“ Baby sprechen,“ sagt Susan Steinmann. Sie ist Projektleiterin der Babybedenkzeit in der Beratungsstelle „esperanza“ beim Caritasverband des oberbergischen Kreises.
Die „Babybedenkzeit“ will Jugendliche ab 14 Jahren dafür sensibilisieren, was es heißt, mit dem eigenem Nachwuchs zu leben. Für das Projekt werden computergesteuerte Puppen, sogenannte Babysimulatoren, eingesetzt, die schreien und trinken können und versorgt werden müssen. „Ich gehe immer in die neunten Schulklassen“, sagt Steinmann, die auf diese Weise schon vielen Teenagern ein hautnahes Erlebnis vermitteln konnte, wie es sich anfüllt 24 Stunden am Tag für das eigene Baby da zu sein. Steinmann nennt es „Elternpraktikum“.
Fünf Tage und Nächte müssen die „Eltern auf Probe“ mit ihren Computer-Babys auskommen: Füttern, Windeln wechseln, trösten, in den Schlaf wiegen. Die Simulatoren zeichnen mittels Sensoren die Versorgung durch die Teilnehmenden für die tägliche Auswertung auf.
Alte Babysimulatoren waren 14 Jahre im Einsatz
„Wir kooperieren vor allem mit Förderschulen, aber es sind auch Haupt- und Sekundarschulen dabei“, sagt die Projektleiterin der Beratungsstelle. Aber wie realitätsnah ist das Elternerlebnis wirklich? Die Jugendlichen tragen ein Armband mit einem „Identifikations- Chip“, der während der Projektzeit nicht entfernt werden darf. Im Rücken der „Babys“ gibt es einen Kontaktpunkt für diesen Chip. Nur wenn das Baby die „eigenen“ Eltern erkannt hat, lässt es sich füttern, wickeln und beruhigen. „Dabei gilt es aber auch fein auszubalancieren, damit die Jugendlichen sich nicht überfordert fühlen“, sagt Steinmann.
Die aktuellen Simulatoren-Babys, verrät sie, lassen sich auch so voreinstellen, dass sie relativ schnell beruhigt und gefüttert werden können. So können passgenaue Versorgungszenarien ausgewählt werden. Die alten „Babys“ davor waren bereits 14 Jahre im Einsatz. Mittlerweile sind sie nicht mehr zeitgemäß und waren zuletzt auch ziemlich reparaturanfällig, deshalb mussten sie jetzt ausgetauscht werden.
Finanziert wurde die Anschaffung von sechs neuen Simulatoren durch Mittel aus dem Stiftungszentrum des Erzbistums Köln. „Dafür sind wir sehr dankbar,“ sagt Ralph Thau, der neben der Schwangerschafts- und Elternberatung auch Väterberatung anbietet und den Projektantrag gestellt hat.
Auch die Jugendämter im Oberbergischen Kreis und den kreisfreien Städten sind bei der "Babybedenkzeit" mit im Boot und unterstützen das Angebot finanziell. Ebenfalls die CaritasStiftung mit der Stiftung Geschwister Dr. Cläre Pelzer und Resi Narr gewähren finanzielle Unterstützung.
Begleitung durch die Projektverantwortlichen und Fachkräfte
Die Erfahrung, dass auch die Jungen einen Säugling versorgen können, sei für die Jugendlichen wichtig, sagt Thau. „Im Projekt setzen sich die Jungen und Mädchen teilweise zum ersten Mal ernsthaft mit ihrer Zukunftsplanung auseinander.“ Steinmann ergänzt, dass für manche Jugendliche eine frühe Schwangerschaft, ob unbewusst oder bewusst, manchmal auch als Ausweg aus einer schwierigen sozialen Lebenssituation gewählt wird.
Wichtig ist für die beiden Projektverantwortlichen, dass die Jugendlichen gut durch die Zeit des Elternpraktikums begleitet werden. Während der fünf Tage beraten Fachkräfte die Eltern auf Probe in den Bereichen Sucht- und Schwangerschaftsberatung, außerdem ist am ersten Tag immer eine Hebamme dabei und die Jungen und Mädchen lernen unter anderem, das eigene „Kind“ vor einem Schütteltrauma zu bewahren.
„Besonders still und eindrücklich wird es immer, wenn wir unsere Simulatoren mit fetaler Alkoholspektrumsstörung oder die Babys, die durch die Mutter unter Drogenkonsum stehen, vorführen,“ sagt Steinmann. Dieser Babysimulator zittert am ganzen Körper und gibt mitleiderregende wimmernde Laute von sich. „Alkohol in der Schwangerschaft, das geht gar nicht“, steht danach für alle Teilnehmenden fest.
Bleibende Eindrücke
„Die Babys wachsen den Jugendlichen wirklich ans Herz. Deshalb müssen wir am Schluss immer ein Abschiedsritual anbieten, damit sich die Jungen und Mädchen von ihren Simulatoren auch wieder trennen und verabschieden können,“ sagt Steinmann.
Die positiven Glücksmomente, die die Jugendlichen in der Woche erfahren, nehmen sie oft mit in ihren neuen Alltag. Diese Erfahrung bleibt und viele Jugendliche fühlen ein neues Verantwortungsgefühl in Hinblick auf eine spätere Elternschaft.
Nach Beendigung des Projektes bietet die Beratungsstelle „esperanza“ die Möglichkeit als Anlaufstelle bei Problemen und auch Krisen weiterhin zur Verfügung zu stehen.