Wenn Güter, die kirchlichen Eigentümern gehören oder für kirchliche Zwecke bestimmt sind, vom Staat zu weltlichen Zwecken eingezogen oder genutzt werden, so nennt man dies "Säkularisation". Auslöser der großen Säkularisation von 1803 in Deutschland war der "Erste Koalitionskrieg", den Österreich und Preußen gegen Napoleon führten. Im Friedensvertrag von Lunéville von 1801 mussten die französisch besetzten linkshreinischen Gebiete, darunter auch das Erzbistum Köln, an Frankreich abgetreten werden. Für ihre linksrheinischen Verluste sollten die deutschen Fürsten durch rechtsrheinische geistliche Gebiete und Reichsstädte entschädigt werden. Später wurden auch solche Fürsten bedacht, die keine Gebiete links des Rheins verloren hatten. Dieser Entschädigungsplan wurde von einer Abordnung des Reiches am 25. Februar 1803 in Regensburg angenommen und vom Kaiser bestätigt – der sogenannte "Reichsdeputationshauptschluss". Durch diesen Beschluss verschwanden fast alle geistlichen Fürstentümer und Reichsstädte von der Landkarte. Alle Güter der Domkapitel und bischöflichen Herrschaftsgebiete gingen an weltliche Herren über. Außerdem wurden nahezu alle Klöster aufgehoben. Der wichtige Paragraph 35 des Beschlusses bestimmte, dass die Landesherren über den Besitz der Kirche "frei und voll" verfügen konnten. Allerdings mussten sie die Domkirchen "fest und bleibend" ausstatten und die "Pensionen für die aufgehobene Geistlichkeit" finanzieren. Das eingezogene Gut sollte für Gottesdienst, Unterrichts- und andere gemeinnützige Zwecke verwendet werden. Denn auch kirchliche Bildungseinrichtungen wie Gymnasien und Universitäten unterstanden nach 1803 den weltlichen Regierungen.
Der Verlust der katholischen Kirche betrug 4 Erzbistümer, 18 Bistümer, etwa 80 Abteien und Stifte und über 200 Klöster. Gut 1800 Quadratmeilen Land mit über 3,1 Millionen Einwohnern wechselten die Besitzer, außerdem fehlten der katholischen Kirche von nun an ihre Jahreseinnahmen von mehr als 21 Millionen Gulden. Die Kirche hatte damit ihre organisatorische Eigenständigkeit und wirtschaftliche Existenzgrundlage verloren.
Nach diesen erheblichen Umwälzungen musste sich deutsche Kirche also neu organisieren. Dies geschah zunächst durch Vereinbarungen des Papstes mit den einzelnen deutschen Staaten – ein Deutschland im heutigen Sinne gab es ja zu dieser Zeit noch nicht! Ein wichtiges Ziel war, die Kirche von der staatlichen Lenkung zu befreien.
Durch die Säkularisation von 1803 waren viele katholische Gebiete unter protestantische Herrschaft gekommen. Ihren Verpflichtungen zur finanziellen Unterstützung der Kirche kamen die Länder nur unzureichend nach. Außerdem wuchs die Bevölkerung rasch an, und immer mehr Menschen zogen vom Land in rasch wachsende Industriegebiete wie Berlin oder das Ruhrgebiet. Einheitliche katholische oder evangelische Gebiete wurden immer seltener. Damit waren die "konfessionellen Gemeinden" nicht mehr identisch mit den "politischen Gemeinden", die noch in den Jahrhunderten zuvor für "ihre" Kirche aufgekommen waren. Durch diese Veränderungen wurden die Einnahmen der Kirche immer geringer und die Finanzierung ihrer Aufgaben immer schwieriger. Deshalb erschien die Erhebung einer Kirchensteuer als sinnvolle und gerechte Lösung.
Die ersten Länder, die das Kirchensteuerwesen gesetzlich regelten, waren das
- Fürstentum Lippe (1827),
- das Großherzogtum Oldenburg (1831),
- das Herzogtum Sachsen-Altenburg (1837) und
- das Königreich Sachsen (1838).
Weitere Länder und Staaten folgten, und es entstand eine Vielzahl von Kirchensteuergesetzen.
Nach der Gründung des Deutschen Reiches 1871 war das Kirchensteuerrecht in den Ländern einigermaßen einheitlich. Es lehnte sich an staatliche Steuern wie Einkommen-, Vermögen- und Gewerbesteuern an und stand ganz unter staatlicher Kontrolle. Es konnte nur dann angewendet werden, wenn die eigenen Einkünfte der Kirche aus Spenden und Vermögenserträgen nicht ausreichten.