Das Erzbistum Köln verfolgt einen systematischen Ansatz für ein Risikomanagement und erstellt im Zuge dessen einen jährlichen Risikobericht. Im Kern ist darunter ein wiederkehrender Prozess der Analyse von Risikotragfähigkeit und Risikowerten zu verstehen, der darauf abzielt, bestehende Risiken zu erkennen, ihre finanziellen Auswirkungen zu erfassen und als Risikowerte zu berechnen, sowie zu prüfen, ob ausreichende finanzielle Mittel als Risikodeckungskapital zur Verfügung stehen. Es gilt wiederkehrend festzustellen, ob sich Risiken verändern, reduzieren oder vermeiden lassen, mit dem Ziel, nur in dem Umfang Risiken einzugehen wie dies für das Erzbistum Köln tragbar ist. Angestrebt wird, dass die Risikodeckung als Quotient aus Risikodeckungskapital und Risikowerten stets größer eins ist und somit eine Überdeckung der Risiken gewährleistet ist. Die systematische Ermittlung der Risikowerte erfolgt anhand der Kategorien Marktrisiken, Bewertungsrisiken und operationalen Risiken. Während sich Markt- und Bewertungsrisiken wesentlich aus Preisänderungen von Vermögenspositionen ergeben, sind die operationalen Risiken unmittelbar mit den Aktivitäten des Erzbistums Köln verknüpft.
Wesentliche Risiken sind nachfolgend absteigend nach ihrer Bedeutung für das Erzbistum Köln aufgelistet:
Mitgliederentwicklung und Kirchensteuer
PDie Erträge aus Kirchensteuern stellen die wichtigste Ertragsposition des Erzbistums Köln dar. Zugleich ist damit aber auch ein wichtiger Risikofaktor gegeben. Die Gefahr negativer Abweichungen des tatsächlichen vom zuvor prognostizierten Kirchensteueraufkommen hat für das Erzbistum Köln erhebliches Gewicht, zumal das Kirchensteueraufkommen nicht unmittelbar aus kirchlichen Aktivitäten resultiert und damit nicht unmittelbar beeinflusst werden kann. Die Entwicklung der Bemessungsgrundlage der Kirchensteuer hängt wesentlich von demographischen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Einflussfaktoren ab, deren Entwicklung selbst Schwankungen unterliegt. Zudem ist festzustellen, dass kirchliche Aktivitäten und damit einhergehende Strukturen sich bei ungeplant sinkenden Kirchensteuererträgen nicht kurzfristig reduzieren lassen und sich in diesem Fall Finanzierungslücken ergeben können.
Der kontinuierliche Rückgang der Mitgliederzahl, bedingt durch demographische Veränderungen und Mitgliederaustritte, führt langfristig zu einer Stagnation der Kirchensteuerentwicklung. Da sich in den letzten Jahren die Austrittsquote spürbar erhöht hat, muss inzwischen sogar mit einem langfristig rückläufigen Kirchensteueraufkommen gerechnet werden. Da solche Veränderungen regelmäßig in langen Zeiträumen ablaufen, besteht die Möglichkeit der kontinuierlichen Anpassung an diese Veränderungen. Ein Risiko stellen jedoch kurzfristige Veränderungen im Austrittsverhalten dar, die einen starken Anstieg der Mitgliederaustritte zur Folge haben. Insbesondere ein Anstieg der Austrittszahlen bei Katholiken in der Altersklasse zwischen 50 und 60 Jahren, kann kurzfristig das Kirchensteueraufkommen belasten, da diese Altersklasse im Durchschnitt die höchsten Einkommen erzielt. Im Berichtsjahr hat sich die Anzahl der Mitglieder um 63.137 auf 1.805.430 verringert. Der jahresbezogene Rückgang lag aufgrund gestiegener Austritte deutlich über dem der Vorjahre.
Die unter Abschnitt 1.6 dieses Lageberichts beschriebene Situation hat einen erheblichen Anstieg des Niveaus an Kirchenaustritten bewirkt und birgt das Risiko auch zukünftig erhöhter Austrittszahlen. Unabhängig von der wirtschaftlichen Bedeutung ergibt sich daraus eine pastorale Herausforderung von großer Tragweite. Sichere Informationen liegen dazu derzeit nicht vor, insbesondere lässt sich aufgrund der Anonymität der Steuerdaten für das Erzbistums Köln nicht feststellen, welche unmittelbaren finanziellen Auswirkungen sich aus erhöhten Austrittszahlen ergeben.
Neben der Mitgliederzahl und Mitgliederstruktur ist das Kirchensteueraufkommen stark von wirtschaftlichen Parametern wie z. B. der Entwicklung des Bruttoinlandsproduktes, der Inflation, der Beschäftigungsentwicklung und der Steuerquote abhängig. Diese Einflussfaktoren lassen sich im Planungsprozess lediglich schätzen, was aufgrund der Komplexität wirtschaftlicher Zusammenhänge aber nur mit erheblichen Unsicherheiten möglich ist. In den letzten Jahren war die Wachstumsdynamik in Nordrhein-Westfalen häufig schwächer als insbesondere in den südlicheren Bundesländern, so dass bereits seit längerem tendenziell ein Rückgang des Anteils des Erzbistums Köln am Gesamtaufkommen der Kirchensteuer in Deutschland festzustellen ist. Sowohl ein überregionaler konjunktureller Einbruch der deutschen Wirtschaft als auch eine Fortsetzung oder Verstärkung der regionalen Wachstumsschwäche in Nordrhein-Westfalen sind demnach als gravierende Risiken für die Ertragssituation des Erzbistums Köln anzusehen.
Aufgrund der großen Zahl überregionaler Arbeitgeber mit zentralen Gehaltsabrechnungsstellen bedeutet das Kirchensteuerclearing (Kirchenlohnsteuer-Verrechnungsverfahren) für das Erzbistum Köln ein besonderes Risiko, da die finale Abrechnung der Kirchenlohnsteuerverteilung eines Jahres erst mit mehrjähriger zeitlicher Differenz erfolgt.
Refinanzierung für Erzbischöfliche Schulen
Ein weiteres Risiko für die Ertragssituation des Erzbistums Köln sind die Erzbischöflichen Schulen. Deren Finanzierung als Ersatzschulen durch das Land Nordrhein-Westfalen ist durch das Schulgesetz mit einer Refinanzierungsquote der anerkennungsfähigen Kosten von 94 Prozent abgesichert. Gesetzliche Änderungen, die zu einer verschlechterten Refinanzierung führen, sind generell nicht auszuschließend und stellen somit ein Risiko für das Erzbistum Köln dar. Dieses Risiko besteht nicht nur im Blick auf die Finanzierung des laufenden Mittelbedarfs zum Betrieb der Erzbischöflichen Schulen, sondern auch hinsichtlich der übernommenen Altersversorgungsverpflichtungen für beamtenähnlich beschäftigte Lehrkräfte.
Mittelbare Pensionsverpflichtungen / KZVK
Auf der Aufwandsseite stellen mittelbare Pensionsverpflichtungen des Erzbistums Köln ein Risiko dar. Die Mitarbeitenden des Erzbistums Köln haben einen Anspruch auf Versicherung zum Zweck einer zusätzlichen Alters-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenversorgung (Zusatzversorgung). Die Durchführung der Zusatzversorgung erfolgt für die Mitarbeitenden des Erzbistums Köln über die Kirchliche Zusatzversorgungskasse (KZVK), so dass für diese Mitarbeitenden daher ein mittelbarer Anspruch gegen das Erzbistums Köln besteht. Die KZVK hat in ihrem Jahresabschluss 2021 einen Jahresüberschuss von 1.023,3 Mio. € ausgewiesen. Gegenüber dem Vorjahr hat sich das Jahresergebnis um rund 1.048,5 Mio. € verbessert, was insbesondere aus der befristeten Erhebung von Angleichungsbeiträgen resultiert, wodurch die Kapitaldeckungsgrade verschiedener Abrechnungsverbände angeglichen werden sollen. Die KZVK weist bilanziell weiterhin einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag in Höhe von 6.474,2 Mio. € aus, der sich gegenüber dem Vorjahr um 1.023,3 Mio. € verringert hat. Das Erzbistum Köln geht davon aus, dass die von der KZVK in den letzten Jahren eingeleiteten Maßnahmen geeignet sind, um auch in Zukunft allen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen. Einer Einstandspflicht des Erzbistums Köln kommt daher nur eine sehr geringe Wahrscheinlichkeit zu.
Zuschüsse
Weitere Risiken ergeben sich aus Aufwendungen aus Zuweisungen und Zuschüssen an die Kirchengemeinden und die übrigen territorialen pastoralen Strukturen im Erzbistum Köln, die ihre Aktivitäten zu einem hohen Teil über Zuweisungen des Erzbistums Köln finanzieren. Insbesondere aus der Trägerschaft von Kindertagesstätten ergeben sich finanzielle Risiken, da seitens des Landes Nordrhein-Westfalen eine pauschale Finanzierung pro Kind auf Grundlage des Kinderbildungsgesetzes erfolgt. Soweit die jährliche Anpassung der vom Land gezahlten Kindpauschalen nicht ausreicht, um steigende Kosten zu decken, erhöht sich der Trägeranteil am Gesamtaufwand der Kindertagesstätte. Das Land Nordrhein-Westfalen hat das Kinderbildungsgesetz (KiBiz), welches seit dem 1. August 2008 die rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen der Kindertagesbetreuung in Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege in Nordrhein-Westfalen regelt, in 2019 novelliert. Mit den ab 1. August 2020 geltenden Neuregelungen hat sich eine Verbesserung der Finanzierung für die kirchengemeindlichen Träger von Kindertageseinrichtungen ergeben. Eine dauerhafte Finanzierung steigender Kosten ist aber weiterhin nicht gesichert. Es besteht auch zukünftig das Risiko, dass Fehlbeträge aus dem Betrieb von Kindertageseinrichtungen von den Kirchengemeinden als Trägern nicht finanziert werden können und daraus dem Erzbistum Köln ein höherer Aufwand aus Zuweisungen und Zuschüssen erwächst.
Kapitalmarkt / Unmittelbare Pensions- und Beihilfeverpflichtungen
Die unmittelbaren Pensions- und Beihilfezusagen stellen langfristige Verbindlichkeiten für das Erzbistums Köln dar. Auf Grundlage von versicherungsmathematischen Berechnungen durch einen unabhängigen Aktuar sind dafür Rückstellungen gebildet worden. Damit hat das Erzbistum Köln die handelsrechtlich vorgeschriebene Vorsorge sichergestellt. Unvorhersehbare Veränderungen bei den Berechnungsparametern wie außergewöhnliche Krankheitskostenentwicklungen, ein Anstieg der Morbidität oder längere Lebenserwartung können aber zu höheren Kosten führen und stellen damit ein Risiko dar.
Die Verpflichtungen aus unmittelbaren Pensions- und Beihilfezusagen werden abgezinst. Es besteht daher das Risiko, dass keine ausreichenden Kapitalerträge erzielt werden können, um die kalkulierten Beträge zur Deckung der Verpflichtungen zu erzielen. In diesem Fall müssten die Zinserwartungen auf das zurückgestellte bzw. zurückgelegte Kapital weiter gesenkt werden und eine usätzliche Dotierung der Rückstellungen und Rücklagen aus Kirchensteuermitteln erfolgen. Gleichwohl hat das Erzbistum Köln zusätzlich zu den handelsrechtlich bewerteten (Teilwert-) Rückstellungen Versorgungsrücklagen in Höhe der Bewertungsdifferenz bis zu dem versicherungsmathematischen Barwert unter Zugrundelegung eines Rechnungszinses von 1,60 Prozent p. a. gebildet und damit maßgeblich zusätzliche Risikovorsorge getroffen.
Die BIP-gewichtete Rendite zehnjähriger Staatsanleihen der Euro-Länder verzeichnete in 2021 nach Angaben der europäischen Zentralbank einen stetigen Anstieg und lag am 31. Dezember 2021 bei 0,27 Prozent. Dies bedeutet einen Anstieg um 51 Basispunkte, womit in etwa das Niveau von Ende 2019 wieder erreicht wird. Ungeachtet dieses Anstiegs hat sich somit die inzwischen seit mehreren Jahren andauernde Niedrigzins-Situation auch in 2021 fortgesetzt. Inwieweit sich die Entwicklung fortsetzen wird bis eine nachhaltige Rückkehr zu deutlich höheren Zinsen erreicht ist, lässt sich weiterhin nicht auszumachen.
Der aktuelle Zinsanstieg führt gegenwärtig zu – insbesondere nach dem Bilanzstichtag – eingetretenen Kursverlusten bestehender festverzinslicher Wertpapiere. Ebenso führen Entwicklungen an den Kredit- und Aktienmärkten derzeit zu rückläufigen Kurswerten. Die Entwicklung wird im Rahmen des Systems der Risikosteuerung engmaschig überwacht. Im bisher nicht eigetretenen Bedarfsfall werden regelbasiert adäquate Maßnahmen ergriffen.
Einzelrisiko Corona-Virus
Die rasante Ausbreitung des SARS-CoV-2 („Corona-Virus“) seit dem Jahr 2020 in mehreren Wellen hat das Erzbistum Köln vor erhebliche Herausforderungen gestellt und bedeutet weiterhin ein wesentliches Risiko für das Erzbistum Köln.
Wenngleich im Jahr 2021 gegenüber dem Vorjahr wieder ein Anstieg des Kirchensteueraufkommens verzeichnet werden konnte, wurde das Niveau vor der Krise noch nicht wieder erreicht. Hinzu kommt, dass die erwartete gesamtwirtschaftliche Erholung aufgrund anderer Einflüsse nicht in dem Maße eintritt, wie dies erwartet worden war.
Die Corona-Pandemie stellt das Erzbistum Köln aber auch operativ weiterhin vor Herausforderungen. Ein großes Risiko stellt nach wie vor eine Infizierung von Mitarbeitern oder Nutzern von kirchlichen Einrichtungen dar. Diesem Risiko begegnet das Erzbistum Köln durch erhöhte Hygienemaßnahmen, umfangreiche Informationen, Bereitstellung von Tests für Mitarbeitende, die Ermöglichung von Homeoffice und die Nutzung digitaler Möglichkeiten der Kommunikation.
Die vorgenannten Maßnahmen führten auch im Jahr 2021 zu Ertragsausfällen bei den Tagungshäusern und dem Museum, die sich nur teilweise kompensieren lassen durch Anpassungen im Personal- und Sachaufwand (Nutzung von Kurzarbeit, verringerter Wareneinkauf, Kürzung von Fremdleistungen, verzögerte Wiederbesetzung von Stellen etc.). Darüber hinaus können die Schutzvorkehrungen bei allen Einrichtungen des Erzbistums Köln zu einem erhöhten Bedarf sowie einer Verteuerung der Hygieneartikel und Schutzbekleidung führen oder einen steigenden Materialaufwand zur Folge haben.
Einzelrisiko Ukraine-Krieg
Durch den seit dem 24. Februar 2022 andauernden Angriffskrieg der Russischen Föderation auf die Ukraine können sich derzeit noch nicht abschätzbare Risiken im Blick auf die Energieversorgung und -preise, die Preisentwicklung insgesamt und die Kapitalmärkte ergeben.