Zwischen Hirtensorge und Fürstengewalt: geistliche und weltliche Aufgaben
Die Kölner Erzbischöfe waren sowohl Landesherren als auch Bischöfe, was heute unvereinbar scheint. In der Diözese konkurrierten sie mit weltlichen Machthabern. Herrschaftliche Interessen widersprachen der bischöflichen Hirtenpflicht. Die Kurfürstenwürde mit der Verantwortung für König und Reich ließ sich oft nicht mit dem Gehorsam gegenüber dem Papst in Einklang bringen. Die für uns heute offenkundigen Spannungen wurden von den Erzbischöfen so wohl nicht erlebt. Ihre Herrschaftsrechte waren Bestandteil ihrer Bischofspflichten und es gab den Unterschied von "weltlich" und "geistlich" gar nicht. Kritik verursachte damals nur die Vernachlässigung der Bischofspflichten gegenüber den landesfürstlichen Ambitionen.
Konrad von Hochstaden
Konrad von Hochstaden gehörte zu den bedeutendsten Kölner Erzbischöfen und zugleich zu den umstrittensten wie schillerndsten Persönlichkeiten des 13. Jahrhunderts. Er stellte die Herzogsgewalt am Rhein und in Westfalen wieder her. Nach 20-jähriger Regierungszeit hatte Konrad ein einzigartiges Herrschafts- und Machtgebäude errichtet. Konrad förderte das weltliche Zisterziensertum, er beschäftigte sich mit der Abgrenzung zwischen Pfarrseelsorge und der Seelsorge von Bettelmönchen. Der Papst verbot ihm, als Bischof von Mainz beide Erzbistümer zu vereinen. Trotz seiner großen Reliquienverehrung und Einhaltung der kirchlichen Feste gibt es keinen Hinweis auf seine Frömmigkeit.
Sein Selbstverständnis wird lediglich durch das Bild seines Siegels belegt. Es drückt das Bewusstsein der Abhängigkeit von göttlichen Beistand aus. Konrad war ein stolzer aber auch frommer "echter" mittelalterlicher Bischof.
Siegfried von Westerburg
Siegfried von Westerburg wurde vom Papst ernannt und konnte die von seinem Vorgänger verspielte Macht zunächst wieder herstellen. Er überschätzte sich aber, ging in Konfrontation zu seinen Gegnern und erlebt 1288 eine schwere Niederlage. Diese entschied, dass die herzogliche Oberherrschaft der Erzbischöfe mit denen der Landesherren in ihrem Diözesansprengel gleichrangig war.
Siegfried ahmte zwar die Regierung Konrads nach, berücksichtigte aber nicht die veränderten politischen Strukturen und beendete sein Pontifikat als Gescheiterter. Um die Erfüllung der bischöflichen Aufgaben zu gewährleisten setzte Siegfried einen Weihbischof ein. Außerdem belebte er die Kölner Diözesansynode, wo sich jährlich der Klerus um ihn versammelte. Er pflegte auch Umgang mit dem alten berühmten Gelehrten Albertus Magnus, was auf ihn als unglücklichen Kriegsheld ein versöhnlicheres Licht warf.
Heinrich von Virneburg
Nach Wikbold von Holtz (1297 - 1304) wurde 1306 Heinrich von Virneburg ernannt. Er war kämpferisch, unverzagt, aber auch von fast starrsinniger Unbeirrbarkeit. Er gelangte zur Macht und verstärkte durch sein Verhalten die "Kölner Krönungstheorie" demzufolge die Erzbischöfe eine ausschlaggebende Rolle bei der Königswahl beanspruchten. Nach einigen Unstimmigkeiten mit dem Luxemburger Heinrich VII. wählte Erzbischof Heinrich Friedrich von Oesterreich zum König und krönte ihn in Bonn.
Es kam zum Thronstreit in den selbst Papst Johann XXII 1323 eingriff. Ludwig IV. schaltete seinen Widersacher Friedrich aus und wurde von Johann der Amtsanmaßung angeklagt. Die deutschen Fürsten gerieten in den Widerstreit von politischen und religiösen Überzeugungen. Erzbischof Heinrich II. veränderte seine antikönigliche in eine propäpstliche Position, was ihm allerdings viele Feinde bescherte. Heinrichs papstbeflissene, kirchliche Aktivitäten wurden deutlich durch sein Streben, von der Kurie gesamtkirchlicher Tendenzen unmittelbar seiner Kölner Kirche zu vermitteln. Er erließ so viele Diözesanstatuten wie kein anderer Erzbischof. Außerdem kämpfte er gegen Häretiker z.B. den Dominikaner Meister Eckhart. Heinrich baute auch das bischöfliche Leitungsinstrument der Diözesansynode aus und sorgte für die Ausdehnung der Diözesanstatuten auf die ganze Kirchenprovinz. Er reformierte vom Disziplinverfall bedrohte geistliche Institute. Seine Unbeirrbarkeit rief viele Konflikte zwischen Bischof und dem Klerus hervor.
Walram von Jülich
Mit Walram von Jülich (1332- 1349) kam ein junger Angehöriger des Fürstenadels auf den Bischofsstuhl. Er agierte unglücklich, entschied sich nicht zwischen Papst und Kaiser, es fehlten ihm politischer Durchblick, Entschlossenheit und Durchsetzungsvermögen. Er trieb die "Kölner Kirche" in den finanziellen Ruin. Andererseits gab es keinen Bischof von dem je ein so menschenfreundliches Bild gezeichnet wurde.
Wilhelm von Gennip
Sein Nachfolger Wilhelm von Gennip (1349 - 1362) herrschgewaltig, hart und selbstbewusst, konsolidierte die Kölner Kirche und gab ihr in der Region und im Reich das verlorene Gewicht wieder. Erzbischof Wilhelm lag der Fortgang des Dombaues sehr am Herzen. Er ergriff Maßnahmen zur Sicherung der Baufinanzierung und engagierte sich mehr als üblich, um den Dombau während seines Pontifikats weiter fortschreiten zu sehen. Geschichtlich ist es allerdings nicht bewiesen, dass von ihm eine Initiative zum Weiterbau ausgegangen ist. Der Großneffe des Trierer Erzbischofs von Falkenstein wurde der neue Erzbischof von herrscherlichem Format.
Friedrich III. von Saarwerden (1370 - 1414)
Der 22-jährige Mann packte seine schwere Aufgabe mit jugendlichem Schwung an, unterstützt von Kuno und alten Rittern aus dem Rat des Erzbischofs Wilhelm von Gennep. In der Rolle des "primus inter pares" gelang ihm der Auftakt zur Rekonsilidierung der Kölner Kirche. Durch den Machtzuwachs kam es vermehrt zu Konflikten mit dem Haus Kleve-Mark. Durch drei große Fehden gingen kölnische Ämter verloren. Der Streit ging u.a. um die Ausdehnung und Kompetenz der geistlichen Gerichtsbarkeit des Erzbischof. Friedrich verbesserte die Organisation der Landesverwaltung, schaffte es allerdings nicht, sich die Stadt Köln zu eigen zu machen.