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Kölnische Kirche von der Stauferzeit bis zum Mittelalter (1248 - 1515)

Die Kölner Kirche im Mittelalter (1248 - 1515)

Üblicherweise wird das Ende des hohen Mittelalters und der Beginn des späten Mittelalters mit dem Tod Kaiser Friedrichs II. (1250) in Verbindung gebracht. Der Weg von der Monarchie zur Fürstenaristokratie, ausgelöst durch den Zusammenbruch des staufischen Hauses geschah in pendelnden Schüben. Die deutschen Fürsten verhinderten die Etablierung der Habsburger Königsdynastie. Durch die Kraft der erblichen Monarchie in den west- und südeuropäischen Staaten entstand u.a. auch für das Erzbistum Köln eine bestimmende politische Dynamik.

Das Papsttum im Schisma

Nicht der Gegensatz der Reichs- und Nationalstaaten, sonder der jahrhundertealte Kampf zwischen Kaisertum und Papsttum war der vordergründig beherrschende Konflikt. Mit dem Niedergang des Kaisertums nahm Papst Bonifaz VIII. auch die Entscheidungskompetenz in weltlichen Sachen für sich in Anspruch. In christlichem Sinne kann nur die höchste geistliche Autorität die Frage nach Gut und Böse beantworten. Gipfelpunkt und Absturz lagen eng beieinander.

Das Papsttum mit seiner universalen Geltung musste sich gegen die Vereinnahmung durch staatliche Sonderinteressen behaupten. Das gelang nicht immer. Während des Exils in Avignon (1309) gab das Papsttum der Kirche eine monarchisch-zentralistische Leitungsstruktur, die die Entscheidungsbefugnis an sich zog. Außerdem mussten für Ämter und Pfründe beträchtliche Gebühren bezahlt werden. 1378 teilte sich die Kirche in die Anhängerschaft des in Rom und des in Avignon residierenden Papstes. Es kam zu einer theologischen und kirchenpolitischen Diskussion über das Verhältnis von Papst und Konzil.

Beim Konzil von Basel (1431 - 1448) kam es zum Konflikt zwischen papalistischer und konziliarisch-episkopalistischer Kirchentheorie und -praxis. Auch die Kölner Kirche war durch Erzbischof Dietrich von Moers (1414 - 1463) stark involviert. Das Papsttum setzte sich u.a. durch Tradition und den weltlichen Fürsten zu Lasten der Bischöfe durch. Dafür zahlte der Papst durch Konkordate und andere Vergünstigungen. Die Fortführung der Basler Reformansätze und die Reform des "Hauptes" wurde leider versäumt.

Zwischen Hirtensorge und Fürstengewalt: geistliche und weltliche Aufgaben

Die Kölner Erzbischöfe waren sowohl Landesherren als auch Bischöfe, was heute unvereinbar scheint. In der Diözese konkurrierten sie mit weltlichen Machthabern. Herrschaftliche Interessen widersprachen der bischöflichen Hirtenpflicht. Die Kurfürstenwürde mit der Verantwortung für König und Reich ließ sich oft nicht mit dem Gehorsam gegenüber dem Papst in Einklang bringen. Die für uns heute offenkundigen Spannungen wurden von den Erzbischöfen so wohl nicht erlebt. Ihre Herrschaftsrechte waren Bestandteil ihrer Bischofspflichten und es gab den Unterschied von "weltlich" und "geistlich" gar nicht. Kritik verursachte damals nur die Vernachlässigung der Bischofspflichten gegenüber den landesfürstlichen Ambitionen.

Konrad von Hochstaden

Konrad von Hochstaden gehörte zu den bedeutendsten Kölner Erzbischöfen und zugleich zu den umstrittensten wie schillerndsten Persönlichkeiten des 13. Jahrhunderts. Er stellte die Herzogsgewalt am Rhein und in Westfalen wieder her. Nach 20-jähriger Regierungszeit hatte Konrad ein einzigartiges Herrschafts- und Machtgebäude errichtet. Konrad förderte das weltliche Zisterziensertum, er beschäftigte sich mit der Abgrenzung zwischen Pfarrseelsorge und der Seelsorge von Bettelmönchen. Der Papst verbot ihm, als Bischof von Mainz beide Erzbistümer zu vereinen. Trotz seiner großen Reliquienverehrung und Einhaltung der kirchlichen Feste gibt es keinen Hinweis auf seine Frömmigkeit.

Sein Selbstverständnis wird lediglich durch das Bild seines Siegels belegt. Es drückt das Bewusstsein der Abhängigkeit von göttlichen Beistand aus. Konrad war ein stolzer aber auch frommer "echter" mittelalterlicher Bischof.

Siegfried von Westerburg

Siegfried von Westerburg wurde vom Papst ernannt und konnte die von seinem Vorgänger verspielte Macht zunächst wieder herstellen. Er überschätzte sich aber, ging in Konfrontation zu seinen Gegnern und erlebt 1288 eine schwere Niederlage. Diese entschied, dass die herzogliche Oberherrschaft der Erzbischöfe mit denen der Landesherren in ihrem Diözesansprengel gleichrangig war.

Siegfried ahmte zwar die Regierung Konrads nach, berücksichtigte aber nicht die veränderten politischen Strukturen und beendete sein Pontifikat als Gescheiterter. Um die Erfüllung der bischöflichen Aufgaben zu gewährleisten setzte Siegfried einen Weihbischof ein. Außerdem belebte er die Kölner Diözesansynode, wo sich jährlich der Klerus um ihn versammelte. Er pflegte auch Umgang mit dem alten berühmten Gelehrten Albertus Magnus, was auf ihn als unglücklichen Kriegsheld ein versöhnlicheres Licht warf.

Heinrich von Virneburg

Nach Wikbold von Holtz (1297 - 1304) wurde 1306 Heinrich von Virneburg ernannt. Er war kämpferisch, unverzagt, aber auch von fast starrsinniger Unbeirrbarkeit. Er gelangte zur Macht und verstärkte durch sein Verhalten die "Kölner Krönungstheorie" demzufolge die Erzbischöfe eine ausschlaggebende Rolle bei der Königswahl beanspruchten. Nach einigen Unstimmigkeiten mit dem Luxemburger Heinrich VII. wählte Erzbischof Heinrich Friedrich von Oesterreich zum König und krönte ihn in Bonn.

Es kam zum Thronstreit in den selbst Papst Johann XXII 1323 eingriff. Ludwig IV. schaltete seinen Widersacher Friedrich aus und wurde von Johann der Amtsanmaßung angeklagt. Die deutschen Fürsten gerieten in den Widerstreit von politischen und religiösen Überzeugungen. Erzbischof Heinrich II. veränderte seine antikönigliche in eine propäpstliche Position, was ihm allerdings viele Feinde bescherte. Heinrichs papstbeflissene, kirchliche Aktivitäten wurden deutlich durch sein Streben, von der Kurie gesamtkirchlicher Tendenzen unmittelbar seiner Kölner Kirche zu vermitteln. Er erließ so viele Diözesanstatuten wie kein anderer Erzbischof. Außerdem kämpfte er gegen Häretiker z.B. den Dominikaner Meister Eckhart. Heinrich baute auch das bischöfliche Leitungsinstrument der Diözesansynode aus und sorgte für die Ausdehnung der Diözesanstatuten auf die ganze Kirchenprovinz. Er reformierte vom Disziplinverfall bedrohte geistliche Institute. Seine Unbeirrbarkeit rief viele Konflikte zwischen Bischof und dem Klerus hervor.

Walram von Jülich

Mit Walram von Jülich (1332- 1349) kam ein junger Angehöriger des Fürstenadels auf den Bischofsstuhl. Er agierte unglücklich, entschied sich nicht zwischen Papst und Kaiser, es fehlten ihm politischer Durchblick, Entschlossenheit und Durchsetzungsvermögen. Er trieb die "Kölner Kirche" in den finanziellen Ruin. Andererseits gab es keinen Bischof von dem je ein so menschenfreundliches Bild gezeichnet wurde.

Wilhelm von Gennip

Sein Nachfolger Wilhelm von Gennip (1349 - 1362) herrschgewaltig, hart und selbstbewusst, konsolidierte die Kölner Kirche und gab ihr in der Region und im Reich das verlorene Gewicht wieder. Erzbischof Wilhelm lag der Fortgang des Dombaues sehr am Herzen. Er ergriff Maßnahmen zur Sicherung der Baufinanzierung und engagierte sich mehr als üblich, um den Dombau während seines Pontifikats weiter fortschreiten zu sehen. Geschichtlich ist es allerdings nicht bewiesen, dass von ihm eine Initiative zum Weiterbau ausgegangen ist. Der Großneffe des Trierer Erzbischofs von Falkenstein wurde der neue Erzbischof von herrscherlichem Format.

Friedrich III. von Saarwerden (1370 - 1414)

Der 22-jährige Mann packte seine schwere Aufgabe mit jugendlichem Schwung an, unterstützt von Kuno und alten Rittern aus dem Rat des Erzbischofs Wilhelm von Gennep. In der Rolle des "primus inter pares" gelang ihm der Auftakt zur Rekonsilidierung der Kölner Kirche. Durch den Machtzuwachs kam es vermehrt zu Konflikten mit dem Haus Kleve-Mark. Durch drei große Fehden gingen kölnische Ämter verloren. Der Streit ging u.a. um die Ausdehnung und Kompetenz der geistlichen Gerichtsbarkeit des Erzbischof. Friedrich verbesserte die Organisation der Landesverwaltung, schaffte es allerdings nicht, sich die Stadt Köln zu eigen zu machen.

Das prägendste kirchenpolitische Ereignis war das 1378 ausgebrochene Schisma: Friedrich bekannte sich zur Anhängerschaft des römischen Papstes Urban VI., der ihm daraufhin große Schulden erließ und seine Exkommunikation rückgängig machte. Daraufhin befreite der avignonesische Papst Clemens VII. die Grafschaften Mark und Kleve aus der Jurisdiktionsgewalt des Kölner Erzbischofs, was den Grafen ein wert- und wirkungsvolles Druckmittel im Wirkungsfeld der geistlichen Gerichtsbarkeit an die Hand gab. Friedrich zog sich auf eine neutrale Position zwischen den Päpsten zurück und hing später sogar dem dritten gewählten Papst an.

Friedrichs Elan zur Veränderung von Missständen an den Stiftskirchen trat durch die weltlichen Amtsgeschäfte in den Hintergrund. Allerdings richtete er eine geistliche Verwaltung mit einem Generalvikar ein. Seine Amtszeit wurde sehr positiv bewertet, wenn er auch die geistlichen Aufgaben sehr wenig wahrnahm. Er nahm keine Weihehandlungen vor, zelebrierte aber Messen, was manche Standesgenossen schon gar nicht mehr taten.

Dietrich von Moers

Einen zweijährigen Krieg um zwei gewählte Bischöfe gewann Dietrich von Moers, der 49 Jahre Erzbischof war und sich währenddessen an allen Konflikten des europäischen Nordwestens beteiligte. Er bündelte viele, teils gegensätzliche Kräfte in sich und war ein von hektischem Aktionismus getriebener Fürst, der zwiespältig beurteilt wurde. Papst Pius II. hielt ihn für sehr bedeutend, für Papst Eugen IV. war er "ein Sohn der Verruchtheit und des Verderbens". Dietrich war von Machthunger und unersättlicher Herrschsucht getrieben. Er versuchte seine fürstliche Dominanz zu steigern und zielte auf eine Wiederherstellung der kurkölnischen Vormacht.

In der Kirchenpolitik war er der entschiedenste Konziliarist, diese Vorstellungen teilte er mit hochangesehenen Persönlichkeiten. An seinem 1440 nach Köln einberufenem Provinzialkonzil nahmen vor allem Gelehrte teil, was ihn in seiner Beurteilung der Dinge stärkte. Unlautere Interessen in seiner kirchenpolitischen Position ließen Zweifel an seiner theologischen Redlichkeit aufkommen und den Verdacht, es ginge um eine bequemere Kirchenstruktur zu Gunsten seiner Interessen.

Die "Soester Fehde" (1444-1449) während seines Pontifikats, bei der die größte kurkölnische Stadt Soest auf die klerisch-märkische Seite wechselte, verwoben sich Konflikte um Machtkämpfe und die Haltung zum Konzil gegen die papstfreundliche Haltung. Dietrich unterlag auf der ganzen Linie und wurde sogar 2 Jahres eines Amtes enthoben.

Dietrich ruinierte das Erzstift finanziell. Er war ein besserer Krieger als ein Bischof, trotz drei gehaltenen Provinzialkonzilen und der Reform der Klosterzucht und neuer geistlicher Gemeinschaften.

Ruprecht von der Pfalz

Sein Nachfolger Ruprecht von der Pfalz (1463 - 1475/80) scheiterte an den Folgen dieser Politik. Das Domkapitel räumte zwischenzeitlich den Ständen mehr Rechte ein. Um den verpfändeten Stiftsbesitz an sich zu bringen griff Ruprecht in die Rechte Domkapitels ein, das sich dagegen wehrte und Hermann von Hessen als Stiftsgubernator bestellte. Dieser musste erst den Tod des langjährigen Gefangenen Ruprecht abwarten, um zum Erzbischof gewählt zu werden.

Hermann von Hessen und Philipp von Daun

Hermann von Hessen (1475/80 - 1508) bemühte sich den Schuldenberg der Kölner Kirche abzutragen und setzte politisch auf Verständigung und Ausgleich. Mit "angeborener Demut" suchte er den Umgang mit den Franziskanerpatres, feierte Messen und spendete Weihen, was seine höfische Umgebung nicht gerne sah.

Das Domkapitel später wählte mit Philipp von Daun (1508 - 1515) den letzten vorreformatorischen Bischof aus der nichtfürstlichen Adelsschicht.

Zwischen Mitherrschaft und Mitverantwortung

Noch Mitte des 13. Jahrhunderts war unklar, welches geistliche Gremium – die Prioren oder das Domkapitel – den Erzbischof wählen durfte. Zu den Prioren gehörten die Pröpste und die Würdenträger des Domstifts. Das Domkapitel bestand aus 24 Kapitularen, teils zum Empfang der Priesterweihe verpflichtete Kanoniker, als auch Domgrafen mit abgeschlossenem Universitätsstudium (seit dem 15. Jahrhundert).

Das Domkapitel war vor allem bestrebt, das ausschließliche Bischofswahlrecht zu bekommen. Außerdem versuchte es, das Priorenkolleg aus der Diözesanregierung zu verdrängen, indem Kapitulare die Stellen mit Priorenrang bekamen. Das Kapitel wollte die Propsteien der 12 alten Kollegialkirchen des Bistums nur mit Domkapitularen besetzen. Sie bemühten sich um mehr Eigenständigkeit und mehr Rechtspositionen. 

Einfluss des Domkapitels

Das Kapitel wehrte sich gegen Eingriffe der bischöflichen Beamten, andererseits wollten sie Einfluss bei deren Ernennung nehmen. Am Ende des Mittelalters beherrschte das Kapitel sowohl die traditionellen als auch die modernen Verwaltungsstrukturen. Das zog ständige Streitereien zwischen Erzbischof und Kapitel nach sich, wobei das Domkapitel sogar in den weltlichen Herrschaftsbereich eingriff.

Das Domkapitel hatte großes Interesse an der Territorialpolitik der Erzbischöfe und machte landesherrliche Haupt- und Staatsaktionen von seiner Zustimmung abhängig. Es stand somit der aufkommenden landständischen  Bewegung nahe und wechselte im 15. Jahrhundert von der herrschaftlichen auf die ständische Seite.

Wahlkapitulationen

Seit 1414 wurde das Verhältnis von Bischof und Domkapitel durch Wahlkapitulationen geregelt, wobei die geistlichen Angelegenheiten vorrangig waren. Bei den Wahlkapitulationen ging es vor allem auch um die eigene privilegierte Stellung und um die erzstiftischen Finanzen. Außerdem wurden die Handlungsmöglichkeiten des Bischofs in Verwaltung und Gerichtsbarkeit festgelegt und willkürliche Vereinbarungen dadurch verhindert.

In Kurköln gab es immer wieder Erzbischof-Kurfürsten, die erfolglos dem Domkapitel Positionen streitig zu machen versuchte. Deren starke Stellung erwies sich aber auch positiv u.a. als es im 16. Jahrhundert zweimal eine Protestantisierung des Erzstiftes verhinderte.   

Archidiakone und Dechanten 

Um 1300 war die Erzdiözese in vier Archidiakonate eingeteilt. Rivalitäten zwischen Archidiakonen und Dechanten entstanden. Die vier Archidiakone nahmen die geistliche Jurisdiktion wahr, nur dass sie mehr und mehr nur noch den finanziellen Ertrag im Auge hatten. In der Erzdiözese hatten die "geborenen" Dechanten bestimmte Würden inne u.a. die Ausstattung des bischöflichen Sendrechts. Sie beauftragten Pfarrer aus ihrem Dekanat mit Aufgaben. Diese wurden von Mitbrüdern gewählt und rückten schließlich zu den eigentlichen (Land) Dechanten auf. Die Landdechanten und Pastöre hatten zu den weltlichen Landesherren oft ein engeres Verhältnis als zu ihrem Bischof. Dem Landesherren fühlten sie sich in verpflichtender Loyalität verbunden.

Pfarrorganisation, Stifte und Klöster

Für die Verdichtung des Pfarrnetzes ab dem 13. Jahrhundert war die spätmittelalterliche Frömmigkeit die Ursache. In den Städten und in den riesigen Pfarrsprengeln entstanden neue, selbständige Pfarrkirchen. Es bildete sich ein verwirrendes System von Gotteshäusern verschiedener Rechtsstellung heraus, die Geistlichen erhielten sehr unterschiedliche Einkünfte und waren teilweise nur am Bezug derselben interessiert.

Probleme warf die Konkurrenz zwischen der ordentlichen Pfarr- und der außerordentlichen Ordensseelsorge mit ihren Bettelmönchen auf. Die Minderbrüder und die Dominikaner breiteten sich von ihren städtischen Niederlassungen über das ganze Land aus. Es entstanden mehr oder weniger bedeutende Orden, wobei die weiblichen Ableger in der Kölner Diözese nur spärlich vertreten waren. Die zahlreichen Klöster erlebten einen Wechsel von wirtschaftlichem Niedergang, schrumpfenden Mitgliedern, bis zu Reformkräften, die dann zu neuem inneren und äußeren Glanz führten.

Die spätmittelalterliche Spiritualität zeichnete sich durch entstehende Kommunitäten aus, die freiwillig, ohne Gelübde ein gottgefälliges Leben führten: die Semireligiosen. Es waren vor allem Frauen z.B. die Beginen. Durch Druck der kirchlichen Obrigkeit wurden sie später in Konvente mit Drittordensregeln gedrängt.

Die Erzbischöfliche Kurie um 1300

Der Erzbischof brauchte die Unterstützung von Klerikern und Laien um weiterhin ordentliche Gerichts- und Verwaltungshoheit zu behalten. Der Anspruch letztgültiges Entscheidungsgremium im persönlichen, sozialen und politischen Leben zu sein, zog große Vertretungsmöglichkeiten und -pflichten nach sich. Selbst die geistlichen Obliegenheiten waren vom Erzbischof alleine nicht mehr zu bewältigen. Dazu kamen seine Stellung als Reichsfürst und Landesherr. Um seine bischöfliche Vollgewalt zu gewährleisten, bot das kirchliche Amtsrecht eine Lösung zur Bewältigung der vielfältigen Aufgaben.

Aufbau der Diözesanverwaltung

Geistliche Beamte vertraten den Bischof, bekamen ein Gehalt und waren ihm Rechenschaft schuldig. Die Ämter wurden rangniedrigen Geistlichen gegeben, die sie nicht zum eigenen Machtaufbau nutzen konnten. Es mussten speziell ausgebildete, gelehrte Fachmänner sein, die in der Adelsschicht nicht häufig zu finden waren. Die übertragenen Pflichten konnten jederzeit vom Bischof wieder geändert oder selbst übernommen werden.

Ein Offizial übernahm die richterliche Gewalt. Ende des 13. Jahrhunderts wurde die volle Arbeitskraft eines Weihbischofs benötigt, um die vielfältigen Weiheaufgaben im Pfarrnetz zu übernehmen. Viel später wurde ein Generalvikar mit den kirchlichen Verwaltungsaufgaben beauftragt.

Dieses Einzelbeamtentum entwickelte sich zu großen Behörden: dem Offizialat und dem Generalvikariat und bildeten die erzbischöfliche Kurie. Sie erledigte bischöfliche Aufgaben ohne der Stellung und Gewalt des Bischofs gefährlich zu werden. Dadurch war die Erledigung aller administrativen und jurisdiktionellen Aufgaben gewährleistet, unabhängig von den Qualitäten des jeweiligen Bischofs.

Frömmigkeit, Buße und Wallfahrten

Das religiöse Gefühl des einfachen Volkes war weniger geprägt von den kirchlichen Strukturen, sondern von einschneidenden äußeren Schicksalsschlägen wie dem Einbruch der großen Pest in der Mitte des 14. Jahrhunderts. Wer sich vom Tod bedroht sah, suchte das Heil in der religiösen Lebens- und Glaubenspraxis. Vor allem die Vergewisserung eines ewigen Lebens durch Werke der Frömmigkeit, Buße und Barmherzigkeit traten in den Vordergrund.

Merkmale des Volksglaubens in jener Zeit sind:

  • die Feier der Heiligen Messe,
  • das Gebet und
  • Stiftungen zu Fürsprechern im Jenseits
  • sowie eine ausgeprägte eucharistische Frömmigkeit der Anschauung und Anbetung.

Unter den Wallfahrten und Sakramentsprozessionen aus dieser Zeit ist die "Mülheimer (Kölner) Gottestracht" eine der bekanntesten.

 

Verbreitung der Pieta und der Heiligenverehrung

In der Kunst findet dies seinen Niederschlag in zahlreichen Altarbilder, die Auftragswerke waren, in der Verbreitung der Pieta, der leidenden Maria, als typisches Votivbild, sowie die aufkommende Heiligen- und Reliquienverehrung: Märtyrer und Heilige wurden als Brücke zum Himmel gesucht, um mit ihrer Macht die zahlreichen Fürbitten zu Gott zu tragen. Materialisiert haben sich diese Sehnsüchte in kostbaren Schreinen und Reliquiengefäßen, in feingeschnitzten Heiligenfiguren, die geschmückt und kostbar bekleidet wurden. Das als Heiliges verehrte wurde zeitweise zum Mittel der Magie.

In der Gegenbewegung der "Devotio moderna" als einer geistlichen Haltung der Innerlichkeit und Kontemplation sind die Stundenbücher das sprechendste Zeugnis dafür, daß persönliche Gottesbeziehung und extrovertierter Glaubenskult vereinbar waren.

Im 16. Jahrhundert zerfiel die Einheit von Christenheit und Kirche in drei Konfessionskirchen. Zum Prozess der Reformation kam es durch Luther, durch kirchliche Missstände und neue politische Machtkonstellationen.

Die monarchische Union in der Erzdiözese Köln balancierte die extreme Machtüberlegenheit der burgundischen Niederlande etwas aus. Das dazwischen liegende Herzogtum Geldern schuf durch sein bevorstehendes Erlöschen eine latente Konfliktsituation. Dazu kam der Zusammenstoß von evangelischer Bewegung und altkirchlicher Tradition und die Auseinandersetzungen zwischen dem Hause Habsburg und Frankreich. Zwei Versuche, das Kölner Erzstift zu reformieren, misslangen.

Auf reformkatholischem Mittelweg im Geist des Humanismus (1520 - 1540)

Die theologische Fakultät der Universität zu Köln verdammte 41 Sätze aus Luthers Schriften als ketzerisch. Köln blieb die einzige große Reichsstadt, die nie in der Gefahr stand protestantisch zu werden, unterstützt durch das hohe Niveau des Pfarrklerus und der traditionellen Frömmigkeit. Erst 1525 reagierte die Obrigkeit auf die lutherische Bewegung. Am Rhein kam es zu Aufständen und innerstädtischen Unruhen.

Jülisch-klevische Kirchenpolitik

Der Herzog und die Herzogin von Jülich-Kleve-Berg wiesen die Pastoren an, die lutherischen Schriften als häretisch zu verdammen. Die reformatorische Bewegung führte 1525 zu einer veränderten Landesordnung, die die alte Kirche reformierte, aber nicht die Kirche als solche veränderte und eine drohende Kirchenspaltung verhindern sollte.

Reformationsversuch des Erzbischofs Hermann V. von Wied (1540 - 1547)

Erzbischof Hermann V. versuchte in seinem Erzstift eine christliche Reform. Die Gespräche dazu zwischen Martin Bucer und Gropper verdeutlichten aber die unvereinbaren Standpunkte. Widerstand des Domkapitels: Der Reformationsversuch wurde zu einer Verfassungs- und Glaubensfrage. Das Domkapitel wurde zum eigentlichen Kontrahenten des Kurfürsten und behauptete sich das erste Mal seit Luthers Frühschriften. Es gab nur eine zögerliche Ausbreitung der freigestellten evangelischen Lehre.

Im Mai 1545 unterstützte Kaiser Karl V. das Domkapitel im Kampf gegen die Reformationsbesuche. Hermann bekam auch von seinen Standes- und Glaubensgenossen keine Unterstützung und wurde gebannt. Unter massivem Druck des Kaisers sagten sich auch die weltlichen Stände Kurkölns von ihm los und erkannten den streng katholischen Koadjutor Adolf von Schaumberg als neuen Landesherren an. Rückblickend sah man das Eingreifen des Kaisers als Grund für das Scheitern des Reformationsversuches. Grund war aber auch die Unsicherheit des Kurfürsten, die konservative Haltung des Stadtrates und die traditionelle Frömmigkeit der Geistlichkeit und des Volkes.

Das Domkapitel verpflichtete Adolf schriftlich zum "rechten katholischen Glauben" und dieser erhielt Verfassungsrang. Er widerrief die zugelassene evangelische Predigt, es wurden wieder regelmäßig Diözesansynoden gehalten. Allerdings verzettelte Adolf sich in seinen Aktivitäten und überfällige Beschlüsse wurden vertagt. Seine Nachfolger empfingen weder die Priester- noch die Bischofsweihe. Durch große Verschuldung wurde das Verhältnis des Stifts zu den Landständen sehr belastet. Ein Jahrzehnt besaß Köln nicht mal mehr die bischöfliche Weihegewalt, was den Tiefpunkt der Entwicklung der Kölner Kirche deutlich machte. Salentin von Isenburg (1567) beendete den Schlendrian in der Kirchenleitung. Er führte gründliche Kirchenvisitationen im Kurstaat durch.

Reformkräfte in Köln

Die seit 1544 ansässigen Jesuiten übten einen starken Einfluss auf die konfessionelle Selbstfindung aus, besonders bei der anspruchsvolleren Bevölkerung. Die Franziskaner unterstützten eher beim "normalen" Volk die traditionelle Frömmigkeit.

Der Säkularisationsversuch des Kurfürsten Gebhard Truchseß (1577 - 1583)

Nach Salentin wählte das Domkapitel Gebhard Truchseß als Nachfolger. Er war von katholischer Gesinnung, empfing sogar die Priesterweihe. Trotz einer Liebesaffäre trat er nicht zurück. Die "Wetterauer Grafen" brachten ihr zu Freistellung der Religion. Es mischten sich Glaubens- mit Standes-interessen und Gebhard wurde abgesetzt.

Die Verwandten des Nachfolgers Ernst von Bayern erreichten mit gegenreformatorischem Eifer eine unangefochtene katholische Zukunft. Seit den 60er Jahren des 16. Jahrhunderts entstand aber trotzdem eine lutherische und reformierte evangelische Bewegung. Der Kölnische Krieg (1583 - 1585) sorgte mit dafür, dass der weitaus größte Teil des Erzbistums katholisch blieb.